Schon wieder 1000 Flüchtlinge vor Italien geborgen
DW – Erneut haben mehr als 1000 Flüchtlinge die gefährliche Überfahrt von Nordafrika nach Europa gewagt. Italien will viele von ihnen in die sizilianische Stadt Porto Empedocle bringen. Dort liegen die Nerven blank.
Vor den Küsten Italiens und Maltas sind nach Angaben der Behörden erneut rund 1200 Flüchtlinge aus teils leckgeschlagenen und überfüllten Booten gerettet worden. Erst am Donnerstag und Freitag hatten die italienische Küstenwache und das Militär mehr als 3000 Migranten geborgen und in Sizilien an Land gebracht. Seit Januar sind damit fast 47.000 Menschen von Nordafrika über das Mittelmeer nach Italien gekommen – mehr als im gesamten Jahr 2013.
Am Samstag wurden rund 75 Kilometer vor der Insel Lampedusa in der Nacht zwei Boote mit je 580 und 94 Menschen an Bord aufgebracht, wie die Küstenwache mitteilte. Zudem sollten im Tagesverlauf 400 Flüchtlinge von einem dritten überfüllten Schiff geholt werden. Vor Malta wurden 103 Flüchtlinge aufgenommen, deren Schlauchboot bereits Luft verloren hatte. Unter den Geretteten waren 13 Frauen und ein Baby.
„Lage außer Kontrolle“
Auf Sizilien wurden die meisten Flüchtlinge in die Häfen Catania, Palermo, Augusta und Porto Empedocle gebracht. Dessen Bürgermeister Lillo Firetto klagte, die Situation in der 17.000 Einwohner zählenden Stadt sei „völlig außer Kontrolle“ angesichts von 1400 Flüchtlingen, die allein an einem einzigen Tag erwartet würden.
„Die Glaubwürdigkeit der europäischen Institutionen gerät ins Wanken“, sagte Firetto der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. Italien und Malta, aber auch Griechenland und Spanien werfen Brüssel und den anderen EU-Staaten immer wieder vor, sich bei der Flüchtlingsproblematik aus der Verantwortung zu stehlen.
Die meisten Flüchtlingsboote legen in Nordafrika ab. In der Regel werden die Überfahrten von Schlepperbanden organisiert. Die meisten Asylsuchenden, die derzeit in Italien eintreffen, stammen aus Eritrea und Syrien und starten ihre gefährliche Reise über das Mittelmeer in Libyen. Viele Flüchtlinge kommen auch aus verarmten afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Wegen des guten Wetters ist der Zustrom derzeit besonders groß. Tausende Flüchtlinge kommen jedes Jahr ums Leben, weil ihre Boote nicht seetüchtig oder überladen sind.
Angelockt von „Mare Nostrum“?
Mit dem Hilfsprogramm „Mare Nostrum“ kommt die italienische Marine seit zwei schweren Schiffsunglücken vor Lampedusa im Herbst 2013 den Flüchtlingsbooten verstärkt zu Hilfe. Es wird vermutet, dass das den Migrantenstrom seit Monaten offenkundig zusätzlich beträchtlich vergrößert hat.
Die tunesischen Behörden hielten am Samstag vor der südlichen Küstenstadt Zarzis 67 Flüchtlinge auf, wie das Rote Kreuz mitteilte. Die Menschen aus Ghana, Bangladesch und dem Sudan seien mit einem Fischerboot in Libyen gestartet. Vor Zarzis waren bereits am Freitag etwa 200 Flüchtlinge gestoppt worden.
kle/cw (afp, dpa)