Newsletter SICILIAMIGRANTI – Juni / Juli 2016

  • Wortlos sterben: Dutzende Migrant*innen lassen ihr Leben auf dem Meer
  • Anlandungen, Verlegungen, Aufnahme: Man betrachtet die Lage immer noch als Notsituation und dadurch entsteht wiederum Gewalt
  • Unbegleitete Minderjährige: Kinder auf der Flucht ohne würdige Aufnahme
  • Besuch von Parlamentsabgeordneten in Pozzallo, Mineo und Lampedusa
  • Messina: Neue Finanzierungen für die Aufnahmezentren und Gerüchte über einen möglichen neuen Hotspot
  • Events: Zwei internationale Treffen in Palermo. „Auf der Flucht von Libyen: Wer sind die vermutlichen Schleuser wirklich?”, ein Projekt EACEA KideM und „Grenzen, Aufnahmen und Rechte auf Sizilien und in Europa”, ein Symposium innerhalb des Projektes Evimed
  • News: Fortbildungsmaßnahme in Global Management, die sich an junge Abiturienten und Hochschulabsolventen aus Algerien, Tunesien, Türkei, Ägypten und Marokko richtet
  • Infos und Kontakte

WORTLOS STERBEN: DUTZENDE MIGRANT*INNEN LASSEN IHR LEBEN AUF DEM MEER

Am Hafen von Augusta beginnen die Bergungsarbeiten des Wracks, das vor 18 Monate unterging, und die qualvolle Identifizierung der Leichen. Eine mögliche kollektive Besinnung der Bevölkerung wird durch neue physische und ideologische Barrieren erschwert, die – wie von mehreren Aktivist*Innen angezeigt wird – um diese Aktion errichtet werden. Währenddessen geht das Sterben auf dem Meer weiter. In nur wenigen Tagen erreichen Catania weitere 11 Leichen von Migrant*innen und die Institutionen haben nichts als die üblichen Versprechen anzubieten. Die Abwicklung der Ankünfte wird immer chaotischer und unsicherer.

http://139.59.164.81/2016/07/01/je-weniger-migrantinnen-wir-aufnehmen/
http://139.59.164.81/2016/07/05/zwei-aufeinanderfolgende-landungen-a/

In der Nähe der libyschen Küste bzw. im Kanal von Sizilien geht das wortlose Sterben derjenigen weiter, die gezwungen sind, sich in die Hände von Ausbeutern zu begeben und ihr Leben zu riskieren, um eine bessere Zukunft zu haben – umgeben von der Gleichgültigkeit der Anderen. Fast bei jeder Ankunft ist inzwischen mindestens eine Leiche dabei, aber am Pier sind das Einzige, was zu zählen scheint, die Festnahme mutmaßlicher Schleuser oder Zeug*innen und es scheinen keine Garantien und Rechte mehr zu gelten.

http://139.59.164.81/2016/07/28/dutzende-leichen-den-libyschen-stranden/

Wir erleben weiterhin unmenschliche und schreckliche Situationen und dokumentieren diese. In dem grausamen Wettlauf um Festnahme, Identifizierung, Ablehnung und Rückführung in die Heimat derjenigen, die überlebt haben, sollen die vielen Tote vergessen und vertuscht werden.

http://139.59.164.81/2016/07/31/tote-das-meer-kann-nicht-mehr/

ANLANDUNGEN, VERLEGUNGEN, AUFNAHME: MAN BETRACHTET DIE LAGE IMMER NOCH ALS NOTSITUATION UND DADURCH ENTSTEHT WIEDERUM GEWALT

Noch immer wird in Bezug auf die Aufnahme von Migrant*innen von einem Ausnahmezustand gesprochen, der als einzige mögliche Lösung des Problems dargestellt wird. Es geht um Entscheidungen, die am Hafen bei der Ankunft getroffen werden und von Oben kommen ohne der Situation der Region Rechnung zu tragen und um den Mangel an Fachpersonal. Dies hat zur Folge, dass paradoxerweise je mehr Migrant*innen ankommen desto weniger Möglichkeiten der würdige Aufnahme bestehen. Es wird von einem verschärften Ausnahmezustand gesprochen, nicht nur um Investitionen seitens der Firmen zu ermöglichen, die in der Aufnahme tätig sind und häufig in kriminelle Machenschaften verwickelt sind, sondern auch um illegale Aktivitäten zuzulassen, wie etwa die Verlegung von Minderjährigen in Hotspots und die hastige Trennung zwischen Wirtschaftsmigrant*innen und anderen. Diese Praxis schafft illegale und unsichtbare Geflüchtete in unserem Land.

http://139.59.164.81/2016/06/01/die-warteschlange-in-richtung/
http://139.59.164.81/2016/06/22/westsizilien-eine-hollenwoche/
http://139.59.164.81/2016/06/29/anlandungen-in-agrigento-und-palermo-wo/

Das Fehlen von Klarheit und Transparenz bei den Identifizierungsverfahren am Ankunftsort wird vom Mangel an individuellen und kollektiven Schutz, wie vom Gesetz vorgeschrieben, ergänzt. Schutz, Sicherheit und Menschlichkeit, die schlecht in einem Hotspot, in einer Zeltstadt oder in der Eile auf dem Pier zu finden sind, wie zum Beispiel in Catania, wo die Verlegungen in unglaublicher und besorgniserregender Geschwindigkeit erfolgen. Sehr wenig Zeit, sehr wenig Essen; kaum angekommen, werden die Migrant*innen weiter verlegt.

http://139.59.164.81/2016/06/29/migrantinnen-wenig-wasser-und-keine/
http://139.59.164.81/2016/07/08/viele-kommen-wenig-hilfe-migrantinnen/

In der Zwischenzeit erhöht sich in Italien die Anzahl an Geflüchteten aus dem Jemen. Sie fliehen vor einem Krieg, den die italienische Regierung mit den Waffenexporten an Saudi Arabien mit zu verantworten hat. Die größte Heuchelei eines Systems, die nie genug angeprangert wird.

http://139.59.164.81/2016/06/28/waffen-exportieren-fluchtlinge/

UNBEGLEITETE MINDERJÄHRIGE: KINDER AUF DER FLUCHT OHNE WÜRDIGE AUFNAHME

Die Lage der unbegleiteten Minderjährigen in der Region bleibt dramatisch. Die Zeugenaussagen dutzender Minderjähriger, die innerhalb des Hotspots von Pozzallo festgehalten werden, und in der Stadt angetroffen werden, bilden den Rahmen der Berichte und Anzeigen, die Borderline Sicilia im Rahmen des Projektes OpenEurope in Zusammenarbeit mit Oxfam Italia und der Diakonie Valdese, der Staatsanwaltschaft bei dem Jugendgericht in Catania und der Staatanwaltschaft in Ragusa erstattet hat. In Anbetracht des Wiederholens illegaler Verfahren wird die Notwendigkeit der Wiederherstellung des Rechtsstaates immer dringender. Der Schutz der Belange von Wenigen soll Platz lassen für den Schutz der Belange von Migrant*innen.

http://139.59.164.81/2016/06/22/unbegleitete-minderjahrige-im-hotspo/

In Palermo protestieren die Verantwortlichen der Aufnahme-Gemeinschaften, weil die Gelder des Ministeriums noch nicht überwiesen wurden. Gleichzeitig bekennt die Gemeinde von Palermo, dass sie am Ende ist und dass sie nicht mehr die Möglichkeit hat, die ca. 1000 Minderjährigen, die jetzt schon auf ihrem Gebiet sind, in geeigneten Strukturen unterzubringen. Wer Glück hat, wird in Notunterkünften untergebracht, wo es kein Fachpersonal gibt. Dort sorgen die Verwahrlosung, die mangelnden Informationen, das Fehlen an Dienstleistungen und an Schutz dafür, dass Risiken, Unbehagen und Ausbeutung sich breit machen können.

http://139.59.164.81/2016/06/09/palermo-das-spiel-mit-der-zukunft-der/
http://139.59.164.81/2016/07/12/agrigento-trapani-und-palermo-ankunfte/

Es häufen sich die Fälle von dokumentierten illegalen Verfahren innerhalb der Aufnahmezentren, des Hotspots von Pozzallo und in den Zeltstädten. Die Jugendlichen sind auf sich gestellt, in einem System, das komplett bankrott ist, oder landen einfach auf der Straße. Viele von ihnen, auch ganz kleine Kinder sind fest entschlossen, alleine ihre Flucht fortzusetzen, ohne jeglichen Schutz.

http://139.59.164.81/2016/07/12/ragazzi-fuori/
http://139.59.164.81/2016/07/24/gefluchtete-kinder-leben-allein-auf-den/
http://139.59.164.81/2016/07/18/der-notstand-der-zu-gewalt-fuhr/

BESUCH VON PARLAMENTSABGEORDNETEN IN POZZALLO, MINEO UND LAMPEDUSA

Die Untersuchungskommission des italienischen Parlaments setzt auf Sizilien die Besichtigungen der Aufnahmestrukturen fort, die sich der Identifizierung der Migrant*innen widmen. Die festgestellte Lage im Hotspot von Pozzallo wird als kritisch und besorgniserregend eingestuft; die einzigen Vorgänge, die mit Effizienz und Sorgfalt implementiert wurden, dienen der Identifizierung und nicht dem Schutz.

http://139.59.164.81/2016/07/08/untersuchungsausschuss-empfie/

Für Mineo hingegen sehen die Parlamentarier*innen als einzige praktikable Lösung eine progressive Leerung der Struktur und schlagen das Beispiel der Spar* vor als alternatives Aufnahmemodell. Gleichzeitig werden die Ermittlungen im Rahmen der Untersuchung „Mafia Capitale“ fortgesetzt, die die Verstrickungen der Verwalter der Cara* ans Licht gebracht haben. Im Zentrum laufen jedoch schon die Ausschreibungen für die zukünftige Bebauung des zu errichtenden Hotspot.

http://siciliamigranti.blogspot.it/2016/07/cara-mineo-ispezione-della-commissione.html
http://139.59.164.81/2016/06/22/das-aufnahmezentrum-fur-asylsuchende/

Der Besuch des Senatspräsidenten am Hotspot auf Lampedusa hat für viel Aufregung gesorgt. Grasso beschreibt den Hotspot als beispielhaftes Aufnahmemodell. Einige Aktivist*innen auf der Insel hingegen prangern die unanständige und unwürdige Situation im Zentrum an. Sie widersetzen sich der ideologisierten Berichterstattung, die nur ein wirtschaftliches Ziel verfolgt und die Interessen der Migrant*innen komplett außer Acht lässt.

http://139.59.164.81/2016/07/08/migrantinnen-die-zwei-gesichter-des/

MESSINA: NEUE FINANZIERUNGEN FÜR DIE AUFNAHMEZENTREN UND GERÜCHTE ÜBER EINEN MÖGLICHEN NEUEN HOTSPOT

Ende Juni kam die Bestätigung über die Schaffung eines zukünftigen Hotspots in Messina, eine Idee, die schon Anfang des Jahres angedeutet wurde. Der Widerspruch der Zivilgesellschaft erstarkt, hingegen ist die Gegenwehr seitens der städtischen Institutionen sehr schwach, so dass der Eindruck entsteht, sie seien machtlos.

http://139.59.164.81/2016/06/03/der-hotspot-in-messina-ist-beschlossene/

In der Zwischenzeit hat am 30. Mai 2016 der Innenminister die Verordnung zur Finanzierung der Projekte bis 2017 unterschrieben, die von den örtlichen Behörden vorgestellt wurden. Es soll somit die Weiterführung der Zentren Sprar* zu Gunsten der Asylsuchenden und Geflüchteten sichergestellt werden. Die vom Ministerium in der Gegend um Messina zur Verfügung gestellten Ressourcen bestätigen einmal mehr die vollkommene Abwesenheit von Befangenheit, wenn es darum geht, die Verwaltung von einem großen Teil des Aufnahme-Business in die Hände von Leuten zu geben, deren Namen schon öfters in Gerichtsberichten erschienen sind.

http://139.59.164.81/2016/06/09/die-dienstleistungsmaschinerie-fur/

EVENTS: ZWEI INTERNATIONALE TREFFEN IN PALERMO. „AUF DER FLUCHT VON LIBYEN: WER SIND DIE VERMUTLICHEN SCHLEUSER WIRKLICH?”, EIN PROJEKT EACEA KIDEM UND „GRENZEN, AUFNAHMEN UND RECHTE AUF SIZILIEN UND IN EUROPA”, EIN SYMPOSIUM INNERHALB DES PROJEKTES EVIMED

Im Monat Juli hat in Palermo das zweite Treffen innerhalb des internationalen Projektes EACEA-KideM stattgefunden, am dem Borderline Sicilia als Partner mitarbeitet. Was wissen wir genau über die Lage in Libyen? Wer hat das Sagen zwischen Milizen und regierungstreuen Truppen? Wie beeinflusst diese Situation die Migrant*innen? Eine Diskussion mit der französischen Freelance Journalistin Nancy Porsia

http://139.59.164.81/2016/06/24/flucht-aus-libyen-wer-sind-die/

Außerdem fand in Palermo eine Tagung statt, die von dem internationalen Forschungsprojekt „EVI-MED” initiiert wurde, eine Zusammenarbeit von der Middlesex University von London, Borderline Sicilia und der Università degli Studi von Palermo. Die Hauptthemen der Diskussion waren die Grenzen, die Aufnahme und die Rechte in Europa.

http://siciliamigranti.blogspot.it/2016/06/frontiere-accoglienza-e-diritti-in.html

NEWS: FORTBILDUNGSMAßNAHME IN GLOBAL MANAGEMENT, DIE SICH AN JUNGE ABITURIENTEN UND HOCHSCHULABSOLVENTEN AUS ALGERIEN, TUNESIEN, TÜRKEI, ÄGYPTEN UND MAROKKO RICHTET

Die Universitäten von Palermo, Messina und Enna organisieren einen Kurs in Global Management, der sich an 35 jungen Abiturienten oder Hochschulabsolventen richtet, der komplett kostenlos ist und der die Möglichkeit vorsieht, Stipendien für die Teilnehmer zu gewähren.

http://siciliamigranti.blogspot.it/2016/06/corso-in-global-management.html

INFO UND KONTAKTE



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Sprar* Schutzsystem für Asylsuchende und Flüchtlinge
Cara* Aufnahmezentrum für Asylsuchende

Aus dem Italienischen übersetzt von Antonella Monteggia