Krokodilstränen
In
diesen Tagen sind die Scheinwerfer alle auf Lampedusa gerichtet, wo
sich zurzeit italienische und europäische Politiker ein Stelldichein
geben um kundzutun, dass eine solche Tragödie nicht noch einmal
passieren darf.
Eine
Tragödie, die sich täglich im Mittelmeer wiederholt… aber die
Politiker konnten diesmal nicht so tun als ob nichts passiert wäre
und haben deshalb die Heuchelei, die nur sie, die professionellen
Heuchler die den Menschen das Gegenteil von dem was sie glauben,
verkaufen und in die Tat umsetzen, in Szene gesetzt als wären sie
Oskar prämierte Schauspieler.
Aber
wir fragen uns:
Wer
hat die Dublin 3 Verordnung erlassen?
Wer
hat für das Einwanderungsgesetz Bossi – Fini gestimmt?
Wer
hat die CIE (Centro di Immigrazione ed Espulsione)
institutionalisiert?
Wer
hat sich die „Indemnitätserteilung“ (nachträgliche
Legitimierung der illegalen Anwesenheit in Italien), die zu
zahlreichen Betrugsfällen geführt hat, ausgedacht?
Und
wir könnten noch weiteres aufzählen, aber die Liste wäre zu lang;
zum Glück haben viele Menschen heute die Augen geöffnet und glauben
nicht mehr den Krokodilstränen.
Die
Realität ist, dass sehr viele Brüder und Schwestern der
Ausweglosigkeit preisgegeben werden und dass es kein Mitleid, nicht
einmal nach dem größten von den europäischen Staaten verübten
Mord der letzten Jahre, gibt.
Wie
soll man die Präsenz von 84 Eritreern und Somaliern, die auf der
Insel am 17. September gelandet sind, in der Zeltstadt von Porto
Empedocle totschweigen? Aber waren diese 84, an jenem 17. September,
nicht in Wirklichkeit 290 Eritreer und Somalier (und circa 20 Syrer)?
Was ist
mit den circa 200 Flüchtlingen passiert, die bei der Zählung
gefehlt haben?
Es
ist einfach eins und eins zusammen zu zählen: ungefähr 20 sind
überstellt worden (vielleicht nach Catania – es wurde uns aufgrund
des „Staatsgeheimnisses“ der Transfers nicht mitgeteilt) Circa 30
Flüchtlinge (sechs oder sieben Familien) mit Familien sind in Folge
in einige SPRAR Lager gebracht worden.
Wenn
wir uns bei den Berechnungen nicht irren, dann fehlen circa 156
Flüchtlinge, die offensichtlich aus der Zeltstadt geflohen sind; in
Porto Empedocle, wie in Milo oder in anderen Orten des
„Nichtwillkommenseins“ sind die Fluchten, auf die wir mehrmals
hingewiesen haben, täglich geworden.
Auch
die Präfektur von Agrigento (wie andere Präfekturen unterschreiben
sie keine Vereinbarung in den Zeltstätten oder den Sporthallen) hat
sich nicht um die Einrichtung gekümmert, aber es ist der Zivilschutz
und die Freiwilligen, die sich um den Beistand kümmern; zwar ohne
jegliches Fachwissen aber mit viel Herz!
Aber
nach fast einem Monat reicht das Herz nicht aus und es wäre die
Anwesenheit von Vermittlern, Psychologen und Ärzten angebracht…
In
Porto Empedocle sieht man keinen Arzt (die Notärzte und Psychologen
des ASP werden bei Notsituationen gerufen, also dann wenn eine
Ordnungskraft oder ein Freiwilliger – die nicht in der Erkennung
von Symptomen geschult sind – auf den schlechten Gesundheitszustand
des Flüchtlings aufmerksam wird;Vermittler sieht man nur nach den
Fluchten und Unruhen und es sind Vermittler, die von den
Ordnungskräften gerufen wurden um die Leute ruhig zu stellen; es
versteht sich von selbst, dass von Psychologen nicht einmal der Hauch
einer Spur zu sehen ist, obwohl sie fundamental wichtig wären; und
das in Anbetracht dessen, das die „Gäste“(man besitzt immer noch
die Unverschämtheit, sie so zu nennen) alle unter einem Dach auf
Latexmatratzen ohne jegliche Privatsphäre, Frauen und Männer
gemischt (darunter circa 20 Frauen).
Bis
heute hat niemand der 84 verbliebenen einen Asylantrag gestellt!
(wann werden sie die Möglichkeit dazu haben?)
Heute
hat eine Kommission der Weltgesundheitsorganisation eine Inspektion
in der Zeltstadt, die immer noch die Spuren der Massenflucht der
vergangenen Wochen aufweist, gemacht, und in der Tat sind die
Eingangstore immer noch aus den Angeln gerissen und der Außenzaun
der mit dem Hafen abschließt ist eingerissen….
Wir
warten den Ausgang der Inspektion ab, ohne einen Zweifel, dass diese
Schwester und Brüder unter den menschenverachtenden Gesetzen und
Vereinbarungen auf europäischer Ebene leiden, welche das
Nichtwillkommensein nicht nur in Italien möglich machen… aber
inzwischen hat man erklärt, dass nicht zugelassen wird das sich so
etwas wiederholt.
In
Porto Empedocle, so wie in anderen sizilianischen und italienischen
Städten stirbt man nicht auf dem Grund des Meeres, man stirbt am
Inneren der Seele.
Alberto
Biondo
Borderline
Sicilia Onlus
(Aus
dem Italienischen von Alessandro Pastore)