Vom Flüchtlingsboot in die erste Mannschaft: für Lamin, Louie und Sadibou wird ein Traum wahr

Redattore Sociale, von Giorgio Ruta

Modica (RG) – Die Nächte auf jenem Kahn,
der sie von Tripoli nach Augusta brachte, sind weit weg. Lamin und Louie, 16
Jahre, und Sadibou, 15 Jahre, können es kaum glauben: Im Februar gingen sie auf
Sizilien an Land und in einem Monat werden sie das Trikot einer
Fußballmannschaft tragen: Modica A.S.D., ein exzellenter Verein, hat sie für
die erste Mannschaft verpflichtet. Sie kommen aus Gambia, mit Ausnahme von
Louie, der aus Burkina Faso kommt, und sie schauen so, als lebten sie einen
Tagtraum.

Sie waren zu hundert auf jenem Kahn,
viele von ihnen waren Minderjährige. Tausend Dollar hatten sie dafür gezahlt,
mitfahren zu können, und nach zwei Tagen wurden sie von einem Schiff der Marine
abgefangen, das sie in den Hafen von Augusta brachte. Heute leben sie zu zehnt
vor den Toren Modicas in einem Haus, umgeben von Johannisbrot- und
Olivenbäumen. Die Jungen schwatzen im Salon, der weiße Wände und rote Sofas
hat. Sie lernen Italienisch und sobald sie Zeit haben gehen sie raus und
spielen auf einem Platz vor dem Gebäude Fußball.

Auf diesem improvisierten Trainingsplatz
hat sie Peppe Ragona entdeckt: „Sie haben mich beeindruckt, sie sind wirklich
gut. Daher habe ich den Präsidenten von Modica Calcio, Pietro Bellina,
angerufen und wir haben ein Freundschaftsspiel organisiert.“ Alle zehn von
ihnen standen auf dem Feld. Sie opferten sich auf als sei es das Finale einer
Weltmeisterschaft und die Beobachter bemerkten dies. Am Ende des Wettstreits
entschied der Präsident: „Lamin, Louie und Sadibou spielen in der ersten
Mannschaft, die anderen in der Jugend“. Sie konnten es nicht glauben – vom
Flüchtlingsboot aufs Fußballfeld innerhalb von wenigen Monaten. Lamin,
Innenverteidiger, starke Physis und sauberes Spiel; Louie, zentrales
Mittelfeld, intelligente Ballverteilung; Sadibou, sehr schneller Flügelspieler
im Angriff. Sie sind bereit, auf’s Feld zu ziehen: Am 17.Juli nehmen sie das
Training auf.

Lamin, der ein Italientrikot und einen
kleinen Brillanten im linken Ohr trägt, ist der Anführer der Truppe: Er ist
charismatisch und beherrscht das Italienische ausgezeichnet. „Nennt mich
Virgilio, das ist mein neuer Name“, sagt er, als er sich vorstellt. Die Helfer
hatten ihn so getauft, als er in Italien ankam. Er ist Milan Fan, sein Idol ist
Nesta. „Ich bin im vergangenen Oktober aus Gambia geflohen, weil meine Familie
und ich verfolgt wurden, ich landete im Gefängnis. Meine Mutter hat ein Video gegen
den Präsidenten bei Youtube hochgeladen, und ihm hat es gar nicht gefallen“,
erzählt er während er uns auf seinem Handy das Video zeigt. „Dies ist meine
große Chance, ich bereue es gar nicht, mein Land verlassen zu haben. Ich glaube
an mich und weiß, dass ich mir meinen Traum, in der Serie A zu spielen,
erfüllen kann, vielleicht sogar bei Milan, wie Nesta“, lächelt er.

Der Künstler Francesco Lucifora aus
Modica hat ihre Geschichte anhand einer Installation erzählt, die großen Erfolg
hatte. In einem Raum hat er auf der einen Seite Fotos der Jungen mit nackten
Oberkörpern aufgehängt und auf der gegenüber liegenden Seite Fotos, auf denen
sie das Trikot von Modica tragen. An die Decke hat er ein Video projiziert mit
ihren Füßen am Strand, die Reise. Im Hintergrund ist das Rauschen der Wellen zu
hören. „Ich habe ihren Weg von Afrika aufs Fußballfeld erzählt, weil ich das
Phänomen der Migration aus einer hoffnungsvollen Perspektive sehen wollte. Dies
ist eine Geschichte, die einen zum Lächeln bringt, neben den vielen Geschichten
der Hoffnungslosigkeit“. Francesco und die Jungen sind Freunde geworden, sie
nennen ihn Ciccio, nachdem sie viel Zeit miteinander verbracht haben: „Sie sind
voller Leben, wir können uns nicht einmal vorstellen, was sie durchgemacht haben,
um hier anzukommen“ gibt Lucifora zu bedenken. Als sie das Werk sahen, blieben
sie mit offenem Mund davor stehen: „Wir waren sehr berührt“ sagen die Jungen.

Virgilio sitzt auf dem Sofa und zählt
die Tage, die sie von der ersten Trainingseinheit im rotblauen Trikot von
Modica trennen. „Ich kann es kaum erwarten, mein Leben ist der Fußball“.

Aus dem Italienischen von Sophie Mürmann