Kriminalisierung von Geflüchteten: die dunkle Seite der EU- und UNHCR-Politik in Tunesien

Artikel vom 22. April 2022

Dienen UN-Organisationen dem Schutz, oder sind sie Apparate zur Verweigerung von Rechten?

Am Donnerstag, den 14. April, wurden 18 Geflüchtete in der tunesischen Hauptstadt Tunis von Sicherheitskräften verhaftet. Die Verhaftungen erfolgten, nachdem eine Gruppe von 210 Personen ihre Frustration über die Untätigkeit des UNHCR zum Ausdruck gebracht und beschlossen hatte, ihren Protest an den Hauptsitz der Organisation in Tunis zu verlegen.

Die Entscheidung, den Protest zu verlegen, kam, nachdem die Gruppe bereits mehr als zwei Monate lang vor dem UNHCR-Büro in Zarzis ein Sit-in abgehalten hatte. Damit hatten sie nach der kürzlich beschlossenen und nicht angekündigten Politik der Agentur begonnen: Die Schließung vieler Wohnheime für Geflüchtete und Asylsuchende sowie die Reduzierung der Zahl der Bewohner*innen; das Zwingen vieler von ihnen zum Verlassen der Wohnheime – im Austausch gegen Alternativen, die nicht den Mindestlebensstandards und den Erwartungen von Menschen auf der Flucht entsprechen. All dies geschah aufgrund von „fehlender finanzieller Unterstützung“, wie die Agentur zu Beginn dieses Jahres erklärte.

Während die 18 festgenommenen Personen am 15. April wieder freigelassen wurden, wird vielen Frauen, Männern und Kindern immer noch das Recht auf Freizügigkeit verweigert, indem sie z.B. daran gehindert werden, sich zum Bahnhof von Zarzis zu bewegen. Dieser Vorfall ist ein schlagender Beweis für die Unzulänglichkeit der Agentur, deren einzige Reaktion auf die monatelang unter unwürdigen Bedingungen ausharrenden Migrant*innen darin bestand, ihre Dienste einzustellen und ihnen alle Türen vor der Nase zu verschließen, während sie ihre Forderungen auf unmenschliche und respektlose Weise mit dem Hinweis „wir sind keine Reiseagentur“ beantwortete.

Die UN-Agentur kündigte als Reaktion auf den Protest der Geflüchteten und Asylsuchenden an, ihre Dienstleistungen für den 18. und 19. April 2022 einzustellen. Geflüchtete und Asylsuchende möchten ein begünstigendes Umfeld, in dem ihre Rechte geachtet werden. Unabhängig von der Berechtigung ihrer Forderungen schafft es die Politik der geschlossenen Türen angesichts des Leidens von Männern, Kindern und Frauen, die Zuflucht suchen und für längere Zeit im Freien leben müssen, nicht „das Bewusstsein für das Leid der Geflüchteten zu schärfen, ihre Rechte zu verteidigen und die Bemühungen zu ihrer Unterstützung zu koordinieren.“

Die unterzeichnenden „Akteure“:

– Sind solidarisch mit den Geflüchteten, die für ihre Rechte und ihre Würde kämpfen und protestieren
– machen das UNHCR für die eskalierende Situation verantwortlich, die durch das Fehlen eines Dialogs mit Geflüchteten und Asylsuchenden verursacht und durch die Politik der geschlossenen Türen sowie durch den Rückgriff auf provokative Erklärungen noch verschärft wird
– sind der Auffassung, dass die Leistungen der Agentur in Tunesien und insbesondere im Regierungsbezirk Medenin, wie z.B. das Fehlen einer angemessenen Unterstützung für Geflüchtete und Asylsuchende, die schleppende Bearbeitung von Anträgen und andere Unzulänglichkeiten im Zusammenhang mit dem Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung, Bildung, rechtlicher Unterstützung, Lebensunterhalt sowie finanzieller, psychologischer und sozialer Unterstützung, dazu beigetragen haben, die prekäre Lage von Geflüchteten und Asylsuchenden, insbesondere von Frauen und Kindern, zu verschärfen.
– verurteilen scharf die Externalisierungspolitik, mit der die EU versucht, Geflüchtete von ihren Grenzen fernzuhalten, und bei der das UNHCR stärker die Interessen der EU als die Rechte der Geflüchtete schützt.

 

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