Unteilbar: in Rom gegen Sicherheitsgesetze

Am 9. November fand in Rom die zweite nationale Demonstration gegen die in Italien vorherrschenden Sicherheitsgesetze und den allgegenwärtigen Rassismus statt. Die Demo wurde vom Forum Indivisibili e Solidali (dt.: unteilbar und solidarisch) in Gang gesetzt. Trotz des Regens und des erwarteten Sturms versammelten sich mehr als 20.000 Menschen im Demonstrationszug, um zu zeigen, dass ein solidarisches Italien mit Mitbürger*innen aus anderen Teilen der Welt nicht von diesem zunehmend angespannten und fremdenfeindlichen Klima überwältigt werden will.
Bei der Demonstration im vergangenen Jahr haben mehr als 100.000 Menschen gegen die Umsetzung des ersten vom ehemaligen Innenminister Salvini gewünschten Sicherheitsdekrets protestiert. Und jetzt, ein Jahr nach dieser Demonstration, mit einem weiteren in Gesetz umgewandelten Sicherheitsdekret und einer neuen Regierung, hat sich die Situation nicht nur nicht verändert, sondern scheint sich zu verschlimmern.

Mit der neuen Regierung nämlich, die vorgeschlagen hatte, diese Gesetze zu ändern und das italienische Aufnahmesystem zu verbessern, ist nämlich noch keine Veränderung zu der vorherigen zu verzeichnen. Nicht nur, dass die Sicherheitsgesetze nicht abgeschafft oder revidiert wurden, auch die Beschwerden des Präsidenten der Republik ob der Verfassungsmäßigkeit der Gesetze wurden nicht berücksichtigt. Anstattdessen gehen auch die Kriminalisierung von Seenotrettungsorganisationen weiter – man denke dabei z.B. an die Schiffe Alan Kurdi, Open Arms und Ocean Viking, die seit mehr als 10 Tagen auf einen sicheren Hafen warten. Auch die Arbeit der libyschen Küstenwache wird gepriesen, die Menschen abfängt und diejenigen, die nach neuer Hoffnung in Europa suchten, wieder in die Hölle der Gefangenschaft bringt. Es ist deutlich geworden, dass ihre Teilnahme nichts anderes war als reine Propaganda, Widerstand in Worten, während gleichzeitig mit der kriminellen Politik der nationalistischen Rechten sympathisiert wird.

Und trotz der Wetterwarnung über der Hauptstadt versammelten sich Tausende von Menschen, Hunderte von Bewegungen, Sozialzentren, NGOs, Basisgewerkschaften, organisierte Bürger*innen und Familien vor dem Kolosseum, um ihre Ablehnung gegenüber einer Regierung zum Ausdruck zu bringen, die weiterhin gegen ihre ausländischen Bürger*innen marschiert, die Migration zum Sündenbock macht und den Krieg unter den Ärmsten verschärft.

Und es ist ein wunderschönes Bild, diese Menschenmenge unter Regenschirmen und K-Ways und einem der bekanntesten Denkmäler Roms, mit Tourist*innen, die auf das Kolosseum blicken, die Demonstration fotografieren und nicht das Amphitheater. Als ob man zeigen wollte, dass es zwei Migrationen gibt, von denen eine von Europa angenommen und gewollt ist. Die erste bestehet aus Tourist*innen, für die diverse Dienstleistungen konzipiert und gestaltet werden; die andere Migration wird verheimlicht und versteckt, um jeden Preis geräumt und verhindert, bestehend aus Menschen auf der Flucht, auf der Suche nach Menschenrechten, die gegen die Mauern der Festung Europa prallen, die von Rechten spricht ohne diese in die Tat umzusetzen.

Die Demonstration durchquert die Straßen der Hauptstadt, feiernd und freudig, mit unzähligen Slogans und Bannern, um sicherzustellen, dass die Botschaft klar ankommt. Wir können nicht auf der Seite derer stehen, die glauben, dass Migration eine Notlage ist, die gelöst werden muss; auf der Seite derer, die Zwangsräumungen im Namen der städtischen Ordnung durchführen, ohne den Menschen dann einen echten Zufluchtsort zu gewähren; auf der Seite derer, die nicht für eine Kommission gegen Hass und Rassismus stimmen, und die den Medienpranger akzeptieren, dem die Senatorin auf Lebenszeit Liliana Segre ausgesetzt war.

Das italienische Fernsehen und die wichtigsten Zeitungen des Landes haben, wie im letzten Jahr, weder teilgenommen noch der Veranstaltung eine Zeile gewidmet. Zu zeigen, dass es ein anderes Italien gibt, das Hass ablehnt, das keine Propaganda mit Schreien macht und keine Gewalt anregt, zieht nicht mehr Leser*innen und mehr Publikum an. Und doch existiert dieses Italien, und am Samstag stand es auf dem Platz, um zu sagen, dass es nicht die europäische und die italienische Politik sein werden, die uns spalten werden, weil wir unteilbar sind.

Peppe Platania
Borderline Sicilia