Einwanderung: die zwei Gesichter des CARA von Mineo, „Identifizierungen und Abschiebungen wie in einem Hotspot.“
Von Meridionews
Es ist ein momentan weit verbreitetes Gesprächsthema; im Inneren des Aufnahmezentrums für Asylantragsteller in Mineo sollten die Prozeduren der Hotspots eingeführt werden. Ein Akronym des europäischen Systems, das 2015 für die Operationen der Vor-Identifizierung und die Speicherung der digitalen Fingerabdrücke der ankommenden Migrant*innen bestätigt wurde. Ein Netz aus Transitstrukturen, verteilt auf die heißen Punkte Italiens und Griechenlands. Die Migrant*innen können maximal bis zu 72 Stunden bleiben, bevor sie in geeignete Aufnahmezentren weitergeschickt werden, oder falls sie nicht bleiben dürfen und einen Ausweisungsbescheid bekommen, gezwungen werden das Land zu verlassen.
Diese Transitstrukturen werden oft als eine Art gesetzliche Grauzone definiert. Sie sind überfüllt und es gibt lange Wartezeiten, während derer das Zentrum nicht verlassen werden darf. Davon unterscheiden sich die CARA (Aufnahmezentrum für Asylantragsteller*innen), wie das in Mineo, die dazu vorgesehen waren, Asylantragsteller aufzunehmen und sie während ihres Aufnahmeverfahrens zu beherbergen. Neben den bereits operativen Hotspots in Pozzallo, auf Lampedusa und in Trapani scheint es, als würden auch in Mineo, ohne offiziellem Vorgang, Identifikationen und Ausweisungsverordnungen durchgeführt. „So soll es denen ergangen sein, die letzthin in den Häfen von Catania und Messina angekommen sind”, erklärt Salvatore Maio, der sizilianische Vertreter der Menschenrechtsbewegung Oxfam Italien.
Über die zwei Gesichter des größten CARA in Europa wird seit Monaten gesprochen. Die Hypothese, dass es auch als Hotspot genutzt werden könnte, entstand nach einem Gipfeltreffen in Brüssel mit dem italienischen Innenminister, Angelino Alfano. Von der Planung ist man in der Zwischenzeit zur Öffnung von drei der fünf Zentren fortgeschritten, mit Ausnahme von Porto Empedocle und Augusta. In Mineo jedoch reagiert man auf den Notstand mit Zeltstädten, die je nach Bedarf aufgebaut werden und für die Voridentifizierungsmaßnahmen bestimmt sind. „Während einer Sitzung in Catania, in den letzten Monaten, hat ein Verantwortlicher des Ministeriums für Bürgerrechte von dem Vorhaben gesprochen, das CARA neu zu organisieren und es für die Prozeduren eines Hotspots vorzubereiten,“ vertraut Maio MeridioNews an. Ohne offizielle Kommunikation aber, scheint es als ob die Umsetzung des Vorhabens bereits begonnen hätte. „Die Arbeit läuft besser,“ berichtet eine anonyme Stimme die tagtäglich im CARA ist, „ die Migrant*innen kommen an, auch zu Hunderten, aber sie bleiben höchstens zwei Tage, dann werden sie auf andere Orte verteilt.“
Obwohl das Zentrum eine Aufnahmekapazität von 3.000 Personen hat, wurde in Vergangenheit bereits die Zahl von 4.000 Bewohner*innen überschritten. „Im Moment befinden sich 2.500 Menschen in der Struktur“, erklärt Direktor Sebastiano Maccarrone. Man spricht von „Zahlen die sich halbiert haben und von einer ruhigen Situation.“ Ein offizielles Protokoll für die Prozeduren der Hotspots ist ausständig. Die letzten Busse, die von den sizilianischen Häfen ins CARA gekommen sind, waren jene aus Catania: 287 Personen sind am 13. Mai in der sizilianischen Hauptstadt an Land gegangen, rund 200 Ankünfte waren es am 18. Mai. Diese Entscheidungen haben bewirkt, dass das Antirassistische Netzwerk Catania begann, die Nutzung des CARA als Hotspot zu hinterfragen.
Das Verteilungssystem hängt mit der Führung der Hotspots zusammen. Ein Versuch, wie Oxfam im letzten Bericht unterstreicht, das Dublinabkommen zu umgehen, um dem Asylantrag in einem anderen Staat als dem der Erstankunft zuzustimmen. „Eine heftige Niederlage“, so definiert es das antirassistische Netzwerk. Von den 4.516 Personen die in die andere EU-Mitglieds-Staaten gebracht werden sollten, „wurden bis zum 11. April lediglich 1.145 Personen umgesiedelt, 615 davon aus Griechenland und 530 aus Italien. Das sind gerade einmal 2,8 Prozent.“ Es ist ein Mechanismus mit stockendem Getriebe, der nun von immer schnelleren, oberflächlichen Prozeduren deblockiert werden soll. Alfano hat sich bei der Eröffnung des Frontex-Stützpunkts in Catania in die Möglichkeit geflüchtet, Identifizierungen und Ausweisungsbescheide bereits direkt auf dem Meer, auf schwimmenden Hotspots durchzuführen. Die Abgeordneten des Movimento Cinque Stelle haben den Innenminister bezüglich der stückweiten Veränderung des CARA von Mineo zum Hotspot befragt. „Ein begründeter Verdacht“, erklärt die Parteiabgeordnete Marialucia Lorefice. Sie ist ein Mitglied der parlamentarischen Kommission für Migrationsfragen. „Auch der Präfekt Mario Morcone (Abteilungsleiter für Bürgerrechte und Einwanderung im Innenministerium, A.d.R), hat uns die doppeldeutigen Praktiken im CARA von Mineo bestätigt. Unsere Position bezüglich diese Geschichte ist seit jeher eindeutig, wir fordern die Schließung des Zentrums, da es im Zeichen des Skandals um Mafia Capitale steht.“
Dario De Luca
Aus dem Italienischen von Elisa Tappeiner