Das außerordentliche Aufnahme-Zentrum (CAS) „Le cupolette“ in Montedoro: wenn Touristenunterkünfte zu Erstaufnahme-Zentren werden
Am 29. November haben wir die beiden außerordentlichen Aufnahme-Zentren in Montedoro, einem kleinen Dorf in der Provinz Caltanissetta, besucht. Neben dem außerordentlichen Aufnahme-Zentrum geleitet von der Genossenschaft „Monte Solidale“, http://139.59.164.81/2014/12/01/caltanissetta-besuch-bei-einer-der/ gibt es jenes der Genossenschaft „Petix“. Letzteres befindet sich in den Apartments des Hotels „Casa vacanze Petix“ (Ferienhäuser Petix), dessen Leitung im Oktober 2013 das Abkommen mit der Präfektur unterzeichnet hat.
In den Apartments der Genossenschaft Petix sind zur Zeit 28 Asylantragsteller untergebracht, die meisten von ihnen stammen aus Pakistan. Sie wohnen aufgeteilt auf drei Apartments, die sich alle im Ortszentrum von Montedoro befinden. Ich konnte einige Zimmer in zwei der drei Apartments besichtigen, die alle recht einladend und sauber auf mich wirkten. Die Unterkünfte sind mit Küchen ausgestattet, das ermöglicht den Bewohner sich die Zubereitung ihrer Speisen selbstständig zu organisieren.
Als ich mich unter den Bewohnern nach Mitarbeitern erkundigte wurde mir gesagt, dass es vier Mitarbeiter gibt. Sie kümmern sich um die Einkäufe und machen alles, aber welche Aufgaben jeder genau hat, konnten sie mir nicht erklären. Die Kommunikation mit den Flüchtlingen, denen ich begegnete erwies sich als schwierig, nur zwei von ihnen sprechen Englisch und nur einer kann sich mühsam auf Italienisch ausdrücken. Als ich daraufhin fragte ob einer der Mitarbeiter Urdu spricht, war die Antwort negativ. Auf die Frage ob psychologische Unterstützung angeboten wird, reagierten die Migranten zuerst überrascht und dann verneinten sie. Unklar war die Antwort auf meine Frage nach rechtlicher Unterstützung, während die erste Gruppe mit nein antwortete, antwortete die Gruppe im zweiten Apartment mit ja. Ich fragte also ob sie jemals juristische Informationen bezüglich des Asylantrags und internationalem Schutz erhalten hätten, die Antwort war wieder negativ. Die Bewohner des Zentrums sind in drei Etappen angekommen, die letzten vor drei Monaten. Keiner von ihnen wurde über seine rechtliche Lage informiert.
Wie bei meinem Besuch ebenfalls klar wurde, wird kein Italienisch-Kurs angeboten und nur zwei jener Gäste, die sich bereits seit einem Jahr im Zentrum befinden erzählen, dass sie gleich nach ihrer Ankunft für zwei Monate einen Italienisch-Kurs besuchen konnten. Nach meinem Gespräch mit den Gästen, traf ich die Verantwortlichen der „Casa vacanze Petix“, die gerade im Familienrestaurant „Le cupolette rosse“ arbeiteten. Der Schwiegersohn des Inhabers, der mich, vielleicht von einem Bewohner alarmiert, im Zentrum erreichte, hat mich selbst ins Restaurant gebracht. Als ich ihn auf die garantierten Dienste ansprach, die den Bewohnern zu Verfügung stehen sollten, hat er mir freundlich vorgeschlagen mich genauer über die Geschäftsführung des Aufnahme-Zentrums zu informieren.
Ein Gespräch mit den Verantwortlichen war sehr hilfreich, um die Situation besser zu verstehen: die vier Mitarbeiter von denen die Bewohner des Zentrums sprachen, erwiesen sich alle als Angehörige des Besitzers. Keiner von ihnen hat eine spezifische Aufgabe, dennoch erfuhr ich von der Tochter, dass sie kulturelle Mediatorin ist und englisch und französisch spricht. Sie räumte ein, dass einige der Flüchtlinge Analphabeten sind und gab außerdem zu, dass die Verständigung mit jenen, die nur Urdu sprechen, schwierig ist. Auf meine Nachfrage räumte sie ein, dass in der Einrichtung keine Sprachmediatoren und Psychologen tätig sind, dass sie aber mit einem Sozialassistenten zusammenarbeiten. Auskünfte bezüglich der juristischen Betreuung der Migranten waren unklar, so soll es informative Treffen gegeben haben, die aktuellen Gäste könnten sich aber nicht daran erinnern, da es Verlegungen gegeben hat. Wie dem auch sei, es wurde bestätigt, dass die neuen Bewohner, die sich mittlerweile seit drei Monaten im Zentrum befinden, keinerlei rechtliche Informationen erhalten haben.
An dieser Stelle erkundigte ich mich über den Italienisch-Unterricht und mir wurde erklärt, dass zwar zur Zeit keine angeboten werden, aber im letzten Jahr, in verschiedenen Zeiträumen, Kurse stattgefunden hätten. So war der Sprachkurs im Oktober und November 2013, im Februar und März 2014 und im August und September 2014 garantiert. Zu den „Lücken“ im Angebot sagte sie nichts. Ihr Vater, der rechtliche Vorstand der Genossenschaft, brachte sich an dieser Stelle ein und erläuterte, dass die zeitweilige Vereinigung von Unternehmen, zu denen auch die Genossenschaft Petix gehört, die Ausschreibung für das außerordentliche Aufnahme-Zentrum gewonnen hat. Die Einrichtung befindet sich gerade in einer Übergangsphase, denn wegen der zukünftig geteilten Leitung muss die gesamte Organisation überprüft werden.
An dieser Stelle ist eine Anmerkung der Redaktion notwendig: es ist wichtig zu wissen, dass die Präfektur von Caltanissetta im letzten Oktober die Ausschreibung für den Auftrag der Aufnahme von Asylantragstellern veröffentlicht hat. Die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Ausschreibung widerspiegeln den status quo der Aufnahme in der Provinz. Indem sich die Geschäftsführungen verschiedener außerordentlichen Aufnahme-Zentren zu einer zeitweiligen Vereinigung von Unternehmen vereinten, konnten sie alle Voraussetzungen erfüllen und die Ausschreibung gewinnen. Ihnen wurden somit die Dienste eines Aufnahmezentrums, zum gekürzten Tagessatz von 24,50€ pro Bewohner (zuvor waren es 35,00€) anvertraut.
Der Besitzer und Verantwortliche sagte mir außerdem, dass das Verhältnis Bewohner-Mitarbeiter eins zu 50 sein müsste. Jeder Mitarbeiter könnte in beiden Zentren von Montedoro tätig, aber zur Zeit könne er noch nicht sagen wie die Einteilung sein wird, da die verschiedenen Partner noch auf die offizielle Mitteilung der Präfektur warten. Erst danach wird eine Versammlung mit allen Beteiligten stattfinden.
Diese Übergangsphase, die bereits seit über einem Monat andauert, scheint in Hinblick auf eventuelle zukünftige Maßnahmen, Lücken und Mängel zu entschuldigen, die in Wirklichkeit bereits seit geraumer Zeit vorhanden sind.
Giovanna Vaccaro
Borderline Sicilia
Aus dem Italienischen von Elisa Tappeiner