Das Aufnahmezentrum in Mineo: ein Aufnahmemodell, das inkompatibel mit der Würde des Menschen ist – Ein Bericht von Ärzte für Menschenrechte

Die
Organisation Ärzte für Menschenrechte (MEDU)
hat den Bericht über das CARA*
in Mineo veröffentlicht. Der Bericht wurde am vergangenen 25. Mai vor der
Parlamentskommission für das System der Aufnahme, Identifikation und Behandlung
der Migranten präsentiert.

In den ersten Monaten des Jahres 2015
hat sich die Debatte um Migration und die Vertretbarkeit des aktuellen
Asylsystems wieder erhitzt. Die Korruptionsepisoden, die in diesen Tagen ein
weiteres Mal durch die Ermittlungen um Mafia Capitale** ans Licht gekommen sind,
sowie die hohe Anzahl an Migranten, die über das Meer ankommen, gebieten ein
kontinuierliches Monitoring der Aufenthaltsbedingungen und der Effizienz der
Einrichtungen, die zur Zeit zur Aufnahme vorbereitet wurden.

Seit November 2014 ist ein Team von
MEDU jede Woche im CARA in Mineo, die Aufnahmeeinrichtung die absolut die
höchste Anzahl an Asylsuchenden in Europa beherbergt, um Zeugenschaften zu
sammeln und den Opfern von Folter und unmenschlicher und unwürdiger Behandlung
medizinische und psychiatrische Hilfe zu leisten. Dies erfolgt im Rahmen des
Projekts ON.TO: Stoppt die Folter der Migranten entlang der Migrationsrouten
von Subsaharischen Ländern nach Nordafrika. Im Verlauf ihrer Aktivität hat das
Team von MEDU – bestehend aus einem Koordinator, einem psychiatrischen Arzt,
einer Psychologin und einem interkultureller Vermittler – im CARA in Mineo
einige relevante kritische Punkte feststellen können, die dem System der
Konzeption der Einrichtung selbst inhärent zu sein scheinen, die aus einer
Makrostruktur bestehen, die zwischen 3.200 und 4.000 Menschen beherbergt.

Überfüllung. Isolierung der Einrichtung
im Verhältnis zur Umgebung. Durchschnittliche Aufenthaltszeiten von 18 Monaten,
die Vervollständigung der Prozedur zur Anerkennung des internationalen
Schutzstatus erwartend (entgegen den vom Gesetz vorgesehenen 35 Tagen). Oft
werden die Migranten nicht im nationalen Gesundheitsdienst eingeschrieben, wie
es das Gestez vorsieht. Missstände in der Vermittlung und im Zugang zu
psychischer und Rechtsversorgung. Erscheinungen von Verfall, Illegalität und
Gewalt, die äußerst schwer zu bekämpfen sind, wie auch von den Polizeikräften
erkannt wurde. Diese sind einige der gravierendsten Probleme, die die Ärzte für
Menschenrecht im Zentrum von Mineo festgestellt haben.

Das Zusammenspiel jener Kritikpunkte
schlägt sich negativ auf de Gesundheit der Gäste nieder, die zu einer ‚Nummer’ reduziert
und zu langen Warteschlagen zum Essen und zur medizinischen Versorgung
gezwungen werden. Das Verhältnis, das sich zwischen den Mitarbeitern und den
aufgenommenen Migranten entwickelt, kann nichts als unausgeglichen sein, mit
dem Asylsuchenden, der in eine passive und gestörte Dimension gezwungen ist in
Abhängigkeit zu den Mitarbeitern. Mehr noch, bestätigt sich das Modell des CARA
in Mineo als gänzlich ungeeignet die verletzlichsten Asylsuchenden zu
beherbergen. Die großen Dimensionen haben vor allem in der Identifikation
Schwierigkeiten zur Folge und die Verantwortungsnahme für Menschen mit
schwerwiegenden psychischen Störungen und für Opfer von menschenunwürdigen,
herabsetzenden Behandlungen oder Folter – die leider in sehr relevanter Anzahl
unter denjenigen Migranten vorhanden sind, die gezwungen sind, sich im Zentrum
aufzuhalten – für die eine Herangehensweise notwendig wäre, die auf mehr
Aufmerksamkeit für den einzelnen Menschen basiert ist. Andererseits stellen
einige Charakteristika des Modells Mineo – anonyme Bedingungen, lange Warte-
und Aufenthaltszeiten, das Gefühl, „abgetrennt“ von der direkten Umgebung zu
sein – wichtige Risikofaktoren für das Auftreten und für die Verschlimmerung
psychischen Missbehagens und der Elemente dar, die jeden Entwicklungs- und
Fürsorgeprozess bedingen.

Der Bericht unterstreicht zudem die
Schlüsselelemente eines alternativen Modells der Aufnahme, das dezentralisiert
ist und in mittleren bis kleinen Einrichtungen aufgebaut ist, die auf uniforme
Art und Weise in allen Provinzen verteilt sind und angemessen kontrolliert
werden. Ein solches Modell würde tatsächlich den Aufbau von Pfaden der
Unabhängigkeit und der Einwohnerschaft zulassen, die auf den Verhältnissen zum
sozialen Kontext und zur Versorgung (sanitär, psychologisch, sozial und
rechtlich) der Umgebung aufbauen, um darüber hinaus noch die Identifikation und
die Assistenz der verletzlichsten Subjekte zu begünstigen.

Lies den BERICHT!

Pressebüro – 3343929765 / 0697844892 info@mediciperidirittiumani.org

* CARA: Centro di accoglienza per richiedenti asilo: Aufnahmezentrum für Asylsuchende

** Mafia Capitale: mehrjähriger Korruptionsskandal der öffentlichen
Verwaltung in Rom, der sich im Mai diesen Jahres mit Ermittlungen und
Festnahmen von 42 Persönlichkeiten aus der Politik

fortgesetzt hat.

Aus dem Italienischen übersetzt von: Alina Maggiore