Allein gelassene Migranten und Ermittlung gegen CPA
Corriere di Ragusa – 16:00 Uhr, an den Gittertoren des Zentrums zur ersten Aufnahme im Hafen von Pozzallo: 33 Personen, angeblich marokkanischer Nationalität, werden aus dem Zentrum ausgewiesen und müssen sich innerhalb von sieben Tagen am Flughafen von Fiumicino (Rom) einfinden. Dort sollen sie in ein Flugzeugs steigen, das sie in ihr Heimatland zurückbringt. Jeder Migrant hat ein Abschiebungsdokument in der Hand, unterzeichnet von Giuseppe Gammino, dem Polizeidirektor von Ragusa. Jeder Migrant muss die Hauptstadt binnen sieben Tagen erreichen, aber man weiß nicht so recht, wie.
„Wir haben keinen Dollar in der Tasche“, sagt ein Migrant. „Wir wissen nicht, wo wir diese Nacht schlafen werden. Wir haben angefragt, ob wir im Zentrum schlafen können, aber sie haben uns geantwortet: Nein. Es waren die Polizisten vom Immigrationsbüro der Polizeidirektion, die den Marokkanern die Dokumente ausgehändigt haben. Die 33 Personen sind mittags mit Essen und Trinken gestärkt worden, aber wegen Schließung des Zentrums zur ersten Aufnahme mussten sie die Einrichtung zu Fuß verlassen. Viele von ihnen sprechen weder Italienisch noch Englisch.
Unterdessen ging um Mitternacht zwischen Freitag und Samstag mit der Ankunft an der Mole des Hafens die erste Anlandung des Jahres 2015 zu Ende: 242 Personen (230 Männer, 6 Frauen und 6 Minderjährige). Von ihnen sind 209 zu anderen Aufnahmezentren außerhalb Siziliens abgefahren. Die Migranten stammen aus Marokko, Gambia, Syrien, dem Senegal und Mali. Sie sind von der „Peluso“ aus an Land gegangen, einem Schiff der Küstenwache. Die Neuankömmlinge wurden vor der libyschen Küste aufgenommen und nach Sizilien in Sicherheit gebracht. Fünf Reisebusse wurden im Hafen eingesetzt, fünf Bestimmungsorte, in die die Migranten verlegt wurden: Ancona, Bari, Perugia, L’Aquila und Florenz.
Die 33 Migranten, die am Morgen im CPA* beherbergt wurden, haben in der Einrichtung kein warmes Wasser vorgefunden, da der Boiler, der vom Ordnungsamt in Ragusa Anfang Januar bestellt worden war, noch ankommen soll. Für kommenden Dienstag hingegen ist ein Treffen in der Präfektur zwischen der kommunalen Verwaltung und dem Präfekten Annunziato Vardè vorgesehen; bei diesem Treffen soll eine schnelle Lösung gefunden werden, die nach den „Skandalen“ der Ermittlung, die von der Finanzpolizei unter der Anordnung der Staatsanwaltschaft fortgeführt wird, zu einer Ausschreibung für drei Jahre und zu einer neuen und erneuerten Leitung des Zentrums führen soll. Es ist noch keine Anzeige gemacht worden; das klarzustellen, darauf legt die Staatsanwaltschaft von Ragusa wert, denn es scheint, als seien die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Dagegen legt die Firma, die das CPA bis 31. Januar verwaltet (vorbehaltlich zukünftiger Verlängerungen), die „Luoghi Comuni“ von Acireale, wert darauf festzustellen, dass sie mit der Untersuchung nichts zu tun hat. „Das Konsortium Gruppo Luoghi Comuni betont, um zukünftige Missverständnisse zu vermeiden und um der größtmöglichen Klarheit willen, die eigene totale Unbeteiligtheit an den in Frage stehenden Angelegenheiten“, unterstreicht die Firma, die das Zentrum seit Anfang Dezember, also in dem auf die Ermittlungen folgenden Zeitraum, verwaltet.
Abschließend: In einigen Tagen wird dank der Arbeit der Parlamentarierin Marialucia Lorefice (Movimento 5 Stelle = Bewegung 5 Sterne) aus Ragusa mit zwei weiteren Sprechern, Vega Colonnese und Giuseppe Brescia eine parlamentarische Untersuchungskommission für die CIE (Abschiebungshaft) und die CARA (Zentren für Asylsuchende) das Licht der Welt erblicken. Dank der Tätigkeiten dieser Kommission können die Konturen der gesicherten oder angeblichen kritischen Punkte im System der Aufnahme in unserem Land mit zusätzlicher Wirksamkeit eingehend untersucht werden. „Die Bewegung 5 Sterne“, sagt die Abgeordnete aus Ragusa, „wird damit fortfahren, der Präfektur von Ragusa und allen anderen Präfekturen auf Sizilien Hinweise zu geben, so wie wir es bereits seit zwei Jahren zu diesem Thema tun. Wir werden konkrete Eingriffe verlangen und all die zur Verfügung stehenden, gesetzgeberischen Instrumente nutzen, um wahrscheinliche Infiltrationen in das sehr gewinnbringende System der Aufnahmezentren einzudämmen. Um dieses Geschäftssystem aus den Angeln zu heben“, schließt Lorefice, „ist aber die Zusammenarbeit aller institutioneller Ebenen, unter besonderem Bezug zu den regionalen, notwendig.“
Aus dem Italienischen von Rainer Grüber
* Eigentliche CPSA, Zentrum zur ersten Versorgung und Aufnahme