„Abriendo Fronteras“, ausländische Communities kommen in Palermo zusammen
Redattoresociale.it – Mit Musik, Liedern und Berichten von Teilnehmer*innen fand gestern eine internationales Treffen statt, um jeder Form des Rassismus den Kampf anzusagen und die Menschenrechte aller zu schützen. „Wir fordern die strikte Einhaltung der Menschenrechtserklärung, dass alle Migrant*innen sich frei bewegen können und die gleichen Rechte wie die europäische Bevölkerung haben.“
PALERMO – Eine große internationale Umarmung. Dazu hatten sich Italiener*innen, Afrikaner*innen, Menschen aus Nah- und Fernost und weitere ausländische Communities gestern Nachmittag in Palermo verabredet, um jeglicher Form des Rassismus den Kampf anzusagen und um die Menschenrechte aller zu schützen. Hunderte haben auf dem Foro Italico in Palermo an der internationalen Initiative teilgenommen, initiiert von der spanischen „Carovana Abriendo Fronteras“ (antirassistisch, antimilitaristisch und antisexistisch), die parallel auch in Catania und Turin, in 20 spanischen Städten und außerdem in Dublin, London, Belgrad, Athen und Thessaaloniki, in der schwedischen Stadt Malmö und in den USA in San Francisco stattfand.
Zu Beginn und am Ende der Demonstration an der Strandpromenade Palermos gab es Rhythmen von afrikanischen Trommeln, gespielt von jungen Migranten, die seit Jahren in Palermo ansässig sind. Der Clou des Nachmittags war jedoch ein kreisförmiger Flashmob, der mit einer großen physischen Umarmung aller Beteiligten endete. Unter ihnen war auch eine kleine serbische Roma-Gemeinde, die zuvor in einem Camp im Favorita-Park lebte. „Für uns ist es wichtig teilzunehmen“, bekräftigte Nevena, eine 55-jährige Serbin, „da wir alle gleich sind auf dieser Welt. Wir haben viele italienische Freund*innen und auch wir fühlen uns als Italiener*innen mit den gleichen Rechten. 20 Jahre lang hatte ich ein Zuhause im Roma-Camp, jetzt bin ich mit meinem Mann in einer Einrichtung untergebracht, wo wir auf eine andere Unterkunft warten. Wir warten und vertrauen denjenigen, die uns helfen.“ Zur Feier des Tages wurde während der Demonstration der Geburtstag des kleinen Rom Giulio mit einem internationalen Geburtstagslied gefeiert.
In ihrem Kreis war auch Sevy, ein junger Kongolese im Rollstuhl, der von seinen Freunden gefahren wurde. „Als Kriegsfolge bin ich mit einer Tetraplegie behindert“, erzählt der 32-Jährige. „Seit 13 Jahren lebe ich in Italien, wohin ich gekommen bin, um mich behandeln zu lassen und um ein anderes Leben zu haben. Nicht wir Immigrant*innen sind das Problem, sondern es ist die jetzige politische Situation in Italien. Wir respektieren die Kultur und Gesetze eures Landes und wir bitten euch, uns gegenüber alle Vorurteile und Vorbehalte, die uns so leiden lassen, aufzugeben. Ich hoffe, dass sich die Situation in Italien ändern kann, auch aufgrund der Unterstützung so vieler guter und offener Italiener*innen, die an uns glauben und Vertrauen in uns haben. Trotz allem glaube ich noch an ein aufnahmefreundliches Italien, das die Oberhand gewinnen wird gegen jede Form der Bösartigkeit.
Unter den anwesenden afrikanischen Jugendlichen befinden sich auch Issa und Nadir, beide aus Benin. Sie kamen 2014 nach Italien. „Nach dem Abschluss der Mittleren Reife“, sagt Issa, 27 Jahre, „bin ich heute Gärtner, auch wenn ich gerne Fahrer werden würde. Niemand kann über uns urteilen, ohne uns überhaupt kennen gelernt zu haben. Der erste Schritt, um herauszufinden, wer wir sind, ist der Versuch, Zeit mit uns zu verbringen, um zu verstehen, dass wir die gleichen Gedanken, Träume und Wünsche wie ihr haben. Wer sich schlecht benimmt, muss immer mit der Justiz zu tun kriegen, aber die meisten von uns wollen einen bedeutenden Beitrag leisten zum wirtschaftlichen Wachstum Italiens.“ „So viele Menschen heute“, gibt Nadir, 30 Jahre, zu bedenken, „verstehen nicht, dass Diversität ein großer Reichtum ist. Wir müssen uns immer vor Augen halten, dass es keine einfache Wahl ist, wenn man aus seinem Land weggeht und die Familie und alle engen Freunde zurück lässt, sondern dass das mit vielen Schmerzen verbunden ist. Die Welt ist entstanden als ein Ort ohne Grenzen, welche jedoch in der Geschichte von Menschen mit Macht gezogen wurden, aus politischem und ökonomischem Interesse. Folglich müssen wir uns alle gegenseitig helfen und immer mehr dafür einsetzen, mit euch Europäer*innen eine bessere Zukunft für unsere Kinder zu schaffen.“
„Wenn wir von Migrant*innen reden, müssen wir uns bemühen, uns von der Logik des „armen Kerls“ zu verabschieden“, unterstreicht Marco, ein Aktivist, „um uns ganz im Gegenteil bewusst zu machen, welch großen Mut diese jungen Leute hatten, die ihre Liebsten zurückließen und die eine solch gefährliche Reise auf sich nahmen, um ein besseres Leben zu erreichen. Von ihnen kann man wirklich fürs Leben lernen.“
„Wir sind Brüder und Schwestern mit den gleichen Rechten“, ergänzte der Comboni-Missionar Vater Jones aus Uganda. „Die Welt muss wie ein einziges großes Haus ohne Unterscheidungen und Ungerechtigkeiten bewahrt werden. Allen muss man die gleiche Möglichkeit geben in Würde zu leben, mit Respekt für den anderen.“
„Leider sind wir im Krieg und wir nehmen es nicht wahr“, unterstrich die Aktivistin Virginia Dessy. „Genau aus diesem Grund müssen wir eine immer stärkere werdende europäische Gemeinschaft bilden, die in der Lage ist, dem Rassismus und jeglicher Denkweise von Teilung und Abschottung entgegenzutreten, und sich anstelledessen für den Frieden zwischen den Völkern einsetzen.“ „Alle Menschen der Welt müssen frei sein und in ihrer Würde respektiert werden“, fügte Nirva hinzu. „Wir gehören alle zu einer großen Menschengemeinschaft, die heute solidarisch in einer von Musik, Tanz und so viel Schönheit geprägten Umarmung zusammensteht.“
„Wir verurteilen die Manipulation und die Lügen des Diskurses der rechten und rechtsradikalen Kräfte, die die Migrant*innen und die Geflüchteten für die ökonomische und soziale Krise in Europa verantwortlich machen und die Verantwortung der europäischen Eliten in dieser Krise verschleiern“, schreiben die Organisator*innen der gemeinsamen Plattform von Carovana Abriendo Fronteras. „Wir verurteilen die Europäische Union, die europäischen Regierungen und die transnationalen Unternehmen, die verantwortlich sind für die Abwanderung der Migrant*innen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen: Tote, unmenschliche Behandlung, Sklavenhaltung, Verschleppung, Ausbeutung, Diskriminierung und Gewalt, die brutal gegen Frauen, Minderjährige und LGTBI auf ihrer Reise und in Europa verübt werden. Wir fordern eine strikte Einhaltung der Erklärung der Menschenrechte, damit sich alle Migrant*innen frei bewegen können und die gleichen Rechte genießen können wie die europäische Bevölkerung. Wir fordern das Ende der Externalisierung der Grenzen, der Herstellung und des Verkaufs von europäischen Waffen, der Ausbeutung der Ressourcen und der Landaneignung ebenso wie einen substanziellen Wandel in der aktuellen Wirtschaftspolitik.“ In der sizilianischen Hauptstadt wird die Initiative abgesehen vom Forum Antirazzista auch von Arte Migrante, Borderline Sicilia, Comitato di Base NoMuos, Sakalash SUD; Assemblea Anarchica Palermitana, Sustain, Unite, Develop, La Comune, Simogh per la Pace, Associazione Antimafie Rita Atria und UAAR Palermo unterstützt.
Serena Termini
© Copyright Redattore Sociale
Übersetzung von Jutta Wohllaib