Einwanderung: Die Eröffnung des Hotspots in Trapani wird wegen “Menschenrechtsverletzungen” verschoben
Von Tp24
Wegen einer mutmaßlichen Menschenrechtsverletzung wurde die Eröffnung des Hotspots für neu angekommene Migranten in Trapani verschoben. Der Präfekt, Leopoldo Falco, hatte die Öffnung der neuen Struktur vor einem Monat bekannt gegeben. Die Eröffnung des Hotspots war von der europäischen Gemeinschaft gefordert worden. Bis es soweit ist, wird es jedoch noch einen weiteren Monat dauern. „Der Hotspot in Trapani soll die hier an Land gekommenen Migranten für die ersten 72 Stunden aufnehmen. Er wird in jener Struktur in der Milo Gasse eingerichtet, wo sich bisher das CIE* befand. Dort wird die Fotoregistrierung garantiert.“ Das Innenministerium hatte die Öffnung am 17. Juli in einer Mitteilung angeordnet, in der letzten Woche kam jedoch aus den selben Büros der Befehl zum Rückzug. 116 Männer marokkanischer Herkunft sind der Grund dafür, sie erreichten Catania am vergangenen 17. August in einem Flüchtlingsboot. An Bord des im Mittelmeer geretteten Fischkutters befanden sich 416 Menschen, davon 49 Tote, die unter Deck gefunden wurden.
„Unter den 416 Migranten“, so präzisierte der Polizeichef von Catania, Marcello Cardona, „konnten wir zum ersten Mal eine Gruppe von Marokkanern identifizieren, die keine Flüchtlinge sind. Ich habe noch am gestrigen Abend die Rückführungsmaßnahmen und deren sofortige Durchführung veranlasst. Die Marokkaner wurden dem CIE* in Trapani übergeben und in den nächsten Tagen werden sie mit einem ad hoc organisierten Charterflug nach Marokko zurückgeflogen“, so der Polizeichef abschließend. Töne wie in einem Polizeistaat, die das Unrecht erahnen lassen. Denn laut dem Gesetz muss jede Maßnahme dieser Art von einem Friedensrichter bekräftigt werden. Deshalb wurden die Karteien der Männer, nachdem diese auf Anordnung des Innenministeriums nach Trapani gebracht worden waren, dem dafür zuständigen Richter in Trapani, Giuseppe Migliore, geschickt. Genau dort scheint es laut den Aussagen der für diesen Fall verantwortlichen Anwälte, zur mutmaßlichen Menschenrechtsverletzung gekommen zu sein. „Der Richter hat uns vor der Bekräftigung am 20. und 21. August untersagt auch nur einen der 116 Männer anzuhören, aus Gründen der öffentlichen Ordnung. Keiner der Betroffenen wurde über seine Möglichkeit einen Asylantrag zu stellen informiert und es war nicht möglich herauszufinden, ob jeder einzelne von ihnen eine „persönliche Geschichte“ zu erzählen hatte. Die Anwälte bestätigen weiter, dass die Aussagen in den Dokumenten lediglich kopiert und eingefügt wurden.“
Der Professor Fulvio Vassallo Paleologo bestätigt, „es handelt sich hierbei um schwere Verletzungen der Verfahrensvorschriften, die in Trapani bereits in der Vergangenheit bemerkt wurden.“ In ähnlichen Fällen hatte das Oberste Gericht die Annullierung der Maßnahmen angeordnet, in der Zwischenzeit befinden sich die 116 Männer jedoch im CIE* von Milo. Sie sind zwischen 20 und 30 Jahren alt. Gestern hatten einige die Möglichkeit mit ihren juristischen Vertretern zu sprechen. „Einige sagen aus, in Libyen gearbeitet zu haben, wo ihr Arbeitgeber ihre Dokumente beschlagnahmte, um sie zu erpressen. Viele geben an, in andere Staaten zu wollen, aber natürlich muss jeder Fall einzeln begutachtet werden.“ In diesen Tagen trifft sich der Minister mit dem marokkanischen Konsul; In den Gesprächen soll über neue Dokumente verhandelt werden. Die Beziehungen zwischen Italien und Marokko sind seit geraumer Zeit an Handels- und Finanzverträge geknüpft. Die Abkommen reichen vom Export von Agrarprodukten bis hin zur Regelung der Fischerei im Mittelmeer. In diesem Netz verbirgt sich auch der gewagte Prozentsatz (rund 20 %) von Rückführungen. Genau aus diesem Grund war der marokkanische Konsul in den letzten Tagen in Trapani, um sich persönlich um die Angelegenheit zu kümmern und seit einigen Stunden steht nun die mögliche Massenüberführung in das CIE* von Caltanissetta im Raum. Ein großes Spiel und das CIE* von MILO sowie die 116 Marokkaner, die in Catania festgenommen wurden, sind ein Teil davon.
Marco Bova
*CIE – Centro di Identificazione ed Espulsione: Abschiebehaft
Aus dem Italienischen von Elisa Tappeiner