Abschiebungshaft Milo (Trapani): Der Horror geht weiter

Am
19. Februar 2013 besuchten einige Mitarbeiter-innen der Vereine
borderline-europe und Borderline Sicilia ONLUS die Abschiebungshaft
Milo in der Nähe der sizilianischen Stadt Trapani.


Sie
haben dort eine besorgniserregende Situation vorgefunden, die vor
allem den psychischen und physischen Bedingungen zuzuschreiben ist,
in die die Migranten geraten, wenn sie in einem Identifizierungslager
interniert werden. Das bedeutet, sie werden auf unbestimmte Zeit der
Freiheit beraubt (bzw. dieser Zeitraum ist auf ein Maxismum von 18
Monaten festgelegt).

Die
Lebensbedingungen der “Gäste” des CIE von Milo sind äußerst
schwierig und inakzeptabel: viele Personen weisen zum Teil nicht
behandelte Verletzungen auf, einzig Beruhigungsmittel und Aspirin
werden gegeben. In der Einrichtung arbeitet nur ein einziger Arzt,
der acht Stunden am Tag anwesend ist. Die anderen Ärzte hätten , so
die Aussagen einiger Mitarbeiter, aufgrund der schlechten
Arbeitsbedingungen gesammelt gekündigt. borderline-europe/Borderline
Sicilia konnten durch die Aussagen der Mitarbeiter, der
Polizeibeamten sowie derMigranten eine übermäßgige Ausgabe von
Beruhigungsmitteln feststellen, die die “Gäste” ruhig stellen
sollten. Diese beschwerten sich auch über die Müdigkeit nach den
Mahlzeiten.

Das
Essen sei von mangelhafter Qualität, der Reis ist roh und es der
Salat sandig. Zum Frühstück gebe es ein Glas mit verwässerter
Milch mit einem Stück Brot dazu. Die “Gäste” beschwerten sich
über das Nicht-Funktionieren der medizinischen Versorgung, oftmals
bringe man sie tagelang nicht in die Krankenstation, auch wenn sie
über echte gesundheitliche Probleme klagten (es gibt einige
Diabetiker sowie Personen mit starken Schwellungen und Blutergüssen
in der Haft). Einige der Migranten berichteten von einem “Gast”,
der vollständig auf die Pflege Dritter angewiesen sei, doch nicht
das Personal, sondern die inhaftierten Migranten selber kümmerten
sich um ihn.

Auch
das Gespäch mit den Sozialarbeitern finde nur sporadisch statt,
einige der Migranten berichteten, dass sie mehr als zwei Wochen auf
ein solches Gespräch warten würden. Während des Rundgangs durch
die Abschiebungshaftanstalt konnten sich die Mitarbeiter_innen von
borderline-europe/Borderline Sicilia den Absperrungen nähern, hinter
denen sich die Migranten sammelten. Sie wollten die Schlafräume
besuchen, um dort Fotos zu machen, was ihnen trotz der schriftlichen
Erlaubnis durch die Präfektur jedoch nicht gestattet wurde.

Das
Gebäude weist trotz der erst kürzlichen Fertigstellung gravierende
Schäden auf. Diese seien auch durch die Proteste der Migranten
entstanden, die aus Verzweiflung über ihre Lage Akte der Gewalt
gegen die Einrichtung, aber auch gegen sich selbst richteten.
Zahlreiche Fälle der Selbstverletzung wurden von den Mitarbeitern
und Arzt bestätigt, der ebenfalls dem Betreiber OASI untersteht
(OASI betreibt derzeit auch die Abschiebungshafteinrichtungen in
Modena und Bologna, zukünftig sollen sie auch die zweite in Trapani
angesiedelte Abschiebungshaft Serraino Vulpitta nach deren Sanierung
übernehmen).

Die
Spannungen innerhalb des Zentrums spitzen sich auch durch die
absolute Aktivlosigkeit, zu der die Migranten gezwungen sind, zu. Es
ist keinerlei Beschäftigung vorgesehen, nicht einmal sportliche, und
die inhaftierten Migranten dürfen auch nur sehr wenige Gegenstände
bei sich in der Haft behalten. Sogar der Besitz von Büchern sei, so
einige Migranten gegenüber borderline-europe/Borderline Sicilia,
verboten, da man sie zum Entfachen eines Feuers nutzen könnte. Die
Sozialarbeiter unterstützen diese Aussage, da es sich um ein Problem
der öffentlichen Sicherheit handele, doch einige der Polizisten
bestritten, dass es nur aufgrund der Wahrung der öffentlichen
Sicherheit keine Freizeitbeschäftigung gebe,
sondern führten an,es gebe einfach keine, da niemand sich darum
kümmere.

Diese
Spannungen haben oftmals zu Revolten und teils sehr gewalttätigen,
repressiven Antworten durch die Sicherheitskräfte, die das Zentrum
bewachen, geführt. borderline-europe/Borderline Sicilia konnte sich
selbst von den Zeichen, die die Schläge hinterlassen haben,
überzeugen.

Das
Alles führt zu der Schlussfolgerung des besuchenden Teams, dass die
Lebensumstände als mehr als schlecht zu bezeichnen sind. Dies
betrifft auch die Mitarbeiter selbst, die seit zwei Monaten keinen
Lohn mehr erhalten haben. Das wirkt sich natürlich nicht
unwesentlich auf die schlechte Qualität der Dienstleistung gegenüber
den Inhaftierten aus. Die Schweirigkeiten, die interne Situation in
der Haft zu kontrollieren und den Migranten eine würdige
Unterbringung zu garantieren sind offensichtlich und werden
auch durch die Personen anerkannt, die täglich in dieser
Abschiebungshaft arbeiten.

borderline-europe/Borderline Sicilia ONLUS, EACEA-Projekt 2012-2014

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