Chronik einer Ankunft im Hafen von Palermo: 70 Kinder kommen an
Die Ausschiffung von 221 Syriern mit der „Sirio“ der italienischen Marine war für den gestrigen Morgen vorgesehen. Tatsächliche wurden aber nur 217 Personen an Land gebracht. Der Kapitän der Fregatte Mario Bilardi erklärte, ein Junge sei mit seiner Mutter in Porto Empedocle (AG) vor Bord gegangen. Angesichts des schlechten Gesundheitszustands (aufgrund der Dehydrierung) wurde eine unverzügliche Behandlung veranlasst. In Mazara del Vallo (TP) wurden noch zwei hochschwangere Frauen an Land gebracht, bei einer von ihnen schienen die Wehen bereits eingesetzt zu haben. Abgesehen von diesen Fällen waren die Passagiere allgemein bei guter Gesundheit. Die ersten, die an Land gingen, waren die Frauen (etwa 50) mit ihren Kindern (um die 70). Das junge Alter der Kinder war besonders auffällig: etwa 10 Kinder waren nicht einmal ein Jahr alt. Das Schreien und das Heulen, das normalerweise besorgniserregend sein kann, war in diesem Fall ein Zeichen der Gesundheit. Dass fast jeder Schuhe anhatte und viele sogar Rucksäcke dabei hatten, ist auch ein Zeichen für den relativ guten Zustand der Passagiere. Wie jemand bemerkte, die Ersten, die vor dem Krieg fliehen können, sind nicht die Ärmsten. Nur wenige erreichen Europa, die meisten hingegen befinden sich in Flüchtlingslagern in den angrenzenden Ländern, z.B. im Libanon.
Die Erste Hilfe wurde wie immer vom Roten Kreuzes, ASP (lokaler Gesundheitsdienst), UNHCR, Save the Children, den Vermittlern des Medina Projekts, Ordnungskräften und den Ehrenamtlichen der Caritas geleistet. Da die Flüchtlinge alle Papiere bei sich hatten konnte die Ankunftsprozeduren schnell abgewickelt werden. Nach einer ersten medizinischen Untersuchung und einer Klärung der Identitäten wurden ca. ein Dutzend Personen ins Krankenhaus gebracht, die anderen sind nach Villaggio Ruffini in eine von der Diözese in Palermo zur Verfügung gestellten Einrichtung verlegt worden.
Einige Familie haben die Unterkunft sofort nach der Verlegung vom Hafen dorthin verlassen. Andere haben die von der Caritas angebotenen Dienste wie Duschen, neue saubere Kleidung und Schuhe in Anspruch genommen. Danach wurde ihnen ein Essen angeboten. Nach dem Essen haben andere Familien die Einrichtung verlassen. Viele haben Fragen gestellt: Wie kommt man nach Mailand, wo kann man Geld wechseln? Wie kommt man zum Bahnhof, wo kann man neue Kleidung kaufen. Normale Menschen, die ein Leben hinter sich lassen, verlassen, das vom Krieg erschüttert ist und die nun neu anfangen müssen. Ein Mann hat gefragt, wohin man am besten mit der Familie fahren kann, Belgien oder Schweden oder irgendwo anders hin. Da er keine eindeutige Antwort bekommen hat, hat er beschlossen: „Na gut, dann werden wir nach Schweden fahren.“
Carlotta Giordano
Borderline Sicilia
Aus dem Italienischen von Mariam Bulbarelli