Keiner wird sagen können, nichts davon zu wissen

Die stillschweigende Erneuerung des Memorandums zwischen Libyen und Italien ist ein weiteres schändliches Kapitel der Politik dieses Landes. Eine politische Vereinbarung, die vom italienischen Parlament nie diskutiert noch gebilligt wurde, wie es gemäß Artikel 80 der Staatsverfassung der Fall wäre.
Die Gräueltaten in den Internierungslagern – Folter, Gewalt und Missbrauch – wurden von Berichten der Vereinten Nationen und der Presse bestätigt. Und doch wird diese Gewalt weiterhin von Italien und die Europäische Union finanziert, durch die wirtschaftliche Unterstützung von libyschen Milizen und den selbsternannten libyschen Küstenwachen – Menschenhändlern und Banden von Kriminellen, die die italienischen Institutionen einladen zu einem politischen Meinungsaustausch.

In der parlamentarischen Fragestunde zur Aussetzung des Abkommens, die am Donnerstag, den 31. Oktober, stattfand, erklärte der Außenminister , dass das Memorandum beibehalten wird, jedoch mit einigen Änderungen – das übliche Feigenblatt der Anwesenheit internationaler Organisationen in den höllischen Inhaftierungslagern.

Diesseits des Mittelmeers sammeln wir die grauenvollen Zeug*innenaussagen von denjenigen, die es schaffen lebend bei uns anzukommen, es jedoch unendlich schwer haben werden, hier ein „normales“ Leben zu führen. Während aus dem Meer die Rettungsschiffe und mit ihnen die Zeug*innen der Verbrechen gegen die Menschheit entfernt werden, wird an Land die Aufnahme- und Schutzbereitschaft durch das politisch konstruierte Narrativ der Illegalität demontiert.

Ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Sicherheitsdekretes, dessen Beendigung oder Anpassung von Seite der Regierung nicht diskutiert wird, sind die Folgen der Aufhebung des humanitären Schutzstatus und der Senkung des Minimalstandards in den Aufnahmezentren täglich sichtbar und wir müssen weiterhin zuschauen, wie immer mehr Menschen zu einem Status der Illegalität verdammt sind. Die öffentliche Meinung wird unterdessen praktisch gänzlich von der Propagandamaschine der extremen Rechten bestimmt. Am 31. Oktober haben sich zudem 98 Parlamentarier*innen anlässlich der Abstimmung zum Antrag von Senatorin Liliana Segre zur Einrichtung einer Außerordentlichen Kommission gegen Hass, Rassismus und Antisemitismus der Stimme enthalten. Damit haben sie der Geschichte unseres Landes ein weiteres schändliches Kapitel hinzugefügt.

Die Schrecken der letzten Jahre in Libyen hat Borderline Sicilia zusammen mit Oxfam in den untenstehenden Berichten angeprangert:

http://localhost/borderde/oxfam-borderline-sicilia-medu-misshandlung-folter-und-illegale-haft-in-der-hoelle-von-libyen/

http://localhost/borderde/oxfam-libia-inferno-senza-fine/ http://localhost/borderde/oxfam-borderline-migration-schachmatt-fuer-die-menschenrechte/

Wir werden solange Anklage erheben, bis all die täglich von Zeug*innen belegten Rechtsverletzungen, für die wir mitverantwortlich sind, ein Ende haben werden.

Redaktion Borderline Sicilia

Aus dem Italienischen übersetzt von Susanne Privitera