Messina. Skandalöse Aufnahmebedingungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Pressemitteilung – Die Vereinigung Borderline Sicilia hält die Art und Weise wie die Stadtverwaltung Messina die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aufgenommen hat, die am 29. September auf Lampedusa und am 9. Oktober in Messina angekommen sind, für skandalös, es fehlt jeglicher Bezug zum Schutz der Minderjährigen und zur Achtung der menschlichen Würde.
Es sind insgesamt 58 Jugendliche, im Alter vom 14 bis 17 Jahren, die in der städtischen Sporthalle von Gravitelli untergekommen sind und dort komplett ohne Betreuung leben, faktisch verbannt ins oberen Geschoss der Sporthalle, wobei die restliche Räumlichkeiten normal weiterbenutzt werden. Die Minderjährigen schlafen auf Feldbetten und teilen sich zwei Toiletten und vier Duschen.
Bis letzte Woche waren hier auch noch Kinder jünger als 10 Jahre untergebracht und für sie ist erst vor ein paar Tagen, die Verlegung in geeignete Strukturen angeordnet worden. Zwei der Minderjährigen sind verschwunden, weil sie die Halle verlassen haben und bis dato noch nicht wieder aufgefunden wurden.
Keiner der Minderjährigen hat die Möglichkeit gehabt, der Familie mitzuteilen, dass er in Italien angekommen und wohlauf ist, weil niemand den Jugendlichen eine Telefonkarte gegeben hat.
Keiner von ihnen ist identifiziert worden und für niemanden ist die Rechtsbetreuung initiiert worden.
Weder ein Arzt noch ein Psychologe ist in die Halle gekommen, um den Gesundheitszustand der jungen Menschen festzustellen und eventuelle Notfälle zu behandeln. Man hat sie nur nach ihrem Befinden gefragt und nach Symptomen wie Grippe oder Erkältung und sich die Wunden und die schmerzende und angeschwollene Körperteile angeschaut.
Die Hälfte der Jugendlichen kommt aus Ägypten und wir haben keinen Betreuer angetroffen, der Arabisch sprach. Der Verantwortliche der Einrichtung und die Mitarbeiter haben uns zugesichert, dass Arabisch sprechende Mediatoren durchaus vorhanden seien, aber die Jugendlichen, mit Hilfe von anderen, die Englisch sprachen, haben mehrere Male beteuert, nie von einem Mediator sprachlich unterstützt worden zu sein.
Um die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge kümmert sich jeweils nur ein Mitarbeiter in einer 12-stündigen Schicht. Es sind die gleichen Mitarbeiter der Genossenschaft „Senis Hospes“, die auch das Erstaufnahmezentrum für unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge „Ahmed“ verwaltet, welche sich als ehrenamtlich ausgibt.
Die Unterbringung, welche die Stadtverwaltung Messina für die Kinder und Jugendliche vorgesehen hat, findet keine Entsprechung in der Rechtsprechung bezüglich Aufnahme und Schutz von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Der Notfall kann auf gar keinen Fall rechtfertigen, dass die Minderjährigen in einem Ort aufgenommen wurden, der absolut nicht den Mindeststandards entspricht und dies bezüglich Wohnsituation, Sicherheit, Schutz und Hygiene, die für die Aufnahme von Flüchtlingen vorgeschrieben sind und erst neulich im Rechtsdekret 142/2015 wieder bekräftigt wurden.
Es ist nicht nachvollziehbar, auf Basis welchen Beschlusses und welchen Abkommens die Stadtverwaltung die Genossenschaft „Senis Hospes“ mit der Aufnahme dieser Minderjährigen beauftragt hat und anhand welchen Vereinbarungen, die Stadtverwaltung die Verantwortung für die Unterbringen unter solchen menschenunwürdigen Umständen übernommen hat.
Es ist wohl wahr, dass das Rechtsdekret 142/2015 der Präfektur in Notfällen erlaubt, die lokalen Behörden direkt mit der Aufnahme zu beauftragen, jedoch das selbe Dekret erklärt ganz klar, dass die Prozedur der Aufnahmevergabe deshalb trotzdem den gleichen Standards entsprechen muss.
Die Einrichtung und die Stadtverwaltung hingegen sind gerade dabei, alle vom Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtungen bezüglich der Aufnahme, dem Schutz von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen und der Fürsorge für Asylsuchende, zu brechen.
Es ist notwendig, dass die Minderjährigen schnellstens aus diesem ungeeigneten und in vielerlei Hinsicht gefährlichen Ort weggebracht werden. Außerdem sollte sofort geklärt werden, wie es passieren konnte, dass eine Sporthalle, in der weiterhin die normalen Aktivitäten fortgesetzt wurden, von der Stadtverwaltung als Aufnahmezentrum eingesetzt wurde.
Es ist unsere Pflicht, zu verstehen, was in den Häfen bei den Ankünften passiert. Wie groß, oder wie klein, ist der Handlungsspielraum der akkreditierten humanitären Organisationen, die für die Rechtsauskunft der Asylsuchenden und für den Schutz von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zuständig sind? Welche Rolle spielen sie in der Kontrolle der Verlegung der Minderjährigen und in dem Monitoring der Zentren, in denen die Kinder und Jugendliche untergebracht werden?
Redazione Borderline Sicilia
Aus dem Italienischen übersetzt von A. Monteggia