Die „Dienstleistungsmaschinerie“ für Geflüchtete in Messina – „Das grosse Fressen“
Alle in Liebe vereint. Ein Mix aus guten, weniger guten und schlechten Praktiken in der sozialen Begleitungs- und Unterstützungsarbeit. Die in halb Italien omnipräsente Megakooperative aus der Lucania* und die kleinen lokalen Kooperativen haben sich von neuem auf die „Notfallbewältigung“ in der Aufnahme der Migrant*innen eingelassen.
Kirchenleute; solidarisch Engagierte; Unternehmer*innen; Immobilienmakler*innen; Grosshändler*innen mit transnationalen Absichten; geschätzte Berufsleute, die ihre freie Zeit als Volontär*innen einsetzen; professionelle Technokrat*innen im „Freiwilligenbusiness“; Anwält*innen und Verteidiger*innen der Menschenrechte; „Experimentierer*innen“ mit den modernen Praktiken der Ausgrenzung – der Halbgefangenschaft oder Auslöschung der Identität und der individuellen Bedingungen jedes Einzelnen; rote Kulturorganisationen; weiße, rosa und graue Kooperativen ( die
Farben der Kooperativen beziehen sich auf die politischen
Ausrichtungen, AdR), die einen hart und gradlinig, die anderen zu nachgiebig und flexibel.
Messina, eine Stadt, die weiß, wie das „Geschäft Aufnahme“ funktioniert
Unter der gekonnten Regie der Stadtverwaltung von Messina (Renato Accorinti, Pazifist und Vertreter der Gewaltlosigkeit ist der Bürgermeister) haben sich die verschiedensten sozialen und ökonomischen Akteur*innen zusammengetan, um ein ehrgeiziges und sehr teures Programm von diversifizierten Aufnahmemaßnahmen für Asylsuchende und Schutztitelinhaber*innen (humanitärer und internationaler Schutz) auf die Beine zu stellen.
Am 30. Mai dieses Jahres hat Innenminister Angelino Alfano ein Dekret zur Finanzierung der den lokalen Behörden vorgelegten SPRAR*-Projekte für Asylsuchende und Geflüchtete für die Jahre 2016/17 unterzeichnet.
Auf Platz 5 der nationalen Prioritätenliste der integrierenden Maßnahmen in der Aufnahme für Personen, die gesundheitliche, soziale und häusliche Unterstützung benötigen (spezialisierte und/oder fortdauernde), steht das von der Stadtverwaltung von Messina und deren operativen Partnern präsentierte Projekt. Der Stadt an der Meerenge hat der Innenminister 947.715,18 Euro für das Jahr 2016 und 1.616.430,10 Euro für 2017 zugesprochen. Die Mittel sind bestimmt für 71 Geflüchtete – 15 Männer, 15 Frauen und 41 Familienmitgliedern mit nur einem Elternteil.
Die lokalen Behörden tragen aufgrund der darin verrechneten Mitarbeit von amtlichen Funktionären und Gemeindeangestellten nur 5% der Gesamtkosten des Programmes. Dank des Alfano-Dekretes können das Aufnahmeprogramm und die Löhne des Personals bereits ab 1. Juni 2016 finanziert werden. „Die Angebote im Projekt richten sich an besonders Schutzbedürftige (alleinerziehende Mütter, Opfer von Menschenhandel oder Folter, Betagte oder Menschen mit einer Behinderung). Sie stellen deren materielle Versorgung sicher, bieten sprachliche und kulturelle Mediation, orientieren über den Zugang zu den öffentlichen Angeboten in den Gemeinden und über Ausbildungen und Arbeitsstellen. Sie begleiten die berufliche und soziale Wiedereingliederung und die Suche einer Wohnung. Sie bieten legale und psycho-soziale Beratung und Schutz“, erklärt die Beigeordnete für Soziales, Antonina Santisi, psychologische Leiterin und Verantwortliche der ASP, der Azienda sanitaria provinciale, der Gesundheitsabteilung des Sozialamtes der Provinz Messina.
„Unsere spezielle Genugtuung in der Verwaltung besteht darin, dass es gelungen ist, zusammen mit dem dritten Sektor eine intensive gemeinsame Planung zu schaffen, und dass wir bewiesen haben, dass unsere Arbeit über die Notfallszenarien weit hinausgeht. Der Einsatz der Stadtbehörden für die Migrant*innen findet nicht nur bei den Ankünften im Hafen statt, sondern auch in der Entwicklung eines differenzierten Aufnahmekonzeptes, in dem die wirkliche Inklusion der Geflüchteten durch die Ausübung ihrer Rechte als Bürger gefördert wird.“
Die Gemeinde Messina hat an der Ausschreibung des Innenministeriums vom 7. Oktober 2015 teilgenommen, noch vor dem Beschluss des Innenministeriums vom 14. Dezember, der die Forderung unterstützte, dass die Auswahl der Partner für die gemeinsame Planung, die Organisation und den Betrieb der Migrant*innenaufnahme von öffentlichem Interesse ist. Darauf folgte am 23. Dezember eine weitere Verfügung, die die Anmeldefrist für die Teilnahme am Projekt bis zum 12. Januar 2016 verlängert hatte. Wichtigste Voraussetzungen für die Teilnahme am Wettbewerb der Stadtverwaltung waren „mehrjährige kontinuierliche Erfahrung in der Begleitung von Asylsuchenden und Schutztitelinhaber*innen und aktuelle, erwiesene Dienstleistungen zur Zeit der Einreichung der Teilnahmeunterlagen für die Ausschreibung“.
Aus dem Text des Antrages Nr. 74 des Stadtparlamentes vom 11. Februar 2016 ist zu entnehmen: die gemeinsame Planung der neuen Dienstleistungen wurde im Beschluss Nr. 21 vom 11. Februar 2015 der Exekutive festgelegt (sicherlich ein Druckfehler in der Jahreszahl) und damit den drei karitativen Kooperativen „Progetti Alternativi Pro Alter 2000“, „Santa Maria della Strada“ aus Messina und „Senis Hospes“ in Senise (bei Potenza) übergeben. In derselben Sitzung hat das Parlament das Projekt, das vom Personal des Sozialamtes vorbereitet wurde, einstimmig angenommen und wählte als Verantwortlichen für die Durchführung den amtierenden Direktor des Sozialamtes Domenico Zaccone und als Referent dafür den Kommunalbeamten Giuseppe Di Leo.
„Das Projekt stützt sich auf ein klar definiertes Bezugsnetz“ liest man/frau im Text der angenommenen und finanziell gesicherten Vorlage. Den spezifischen Protokollen dieser Übereinkommen ist zu entnehmen, dass viele und unterschiedliche Teilnehmende ihre Mitarbeit am SPRAR-Projekt zugesichert bekamen.
Auf der Liste sind: die Caritas der Diözese Messina; die Organisation „Terra di Gesù“ (mit ihrem Präsidenten, dem Kardiologen Francesco Certo); das CPIA* – das Zentrum für permanente Weiterbildung für Erwachsene; das Institut für höhere Ausbildungen „Antonello da Messina“; die Organisation Altro Domani* von Francavilla in Sizilien, das zum Konsortium Sol.Co. gehört (Sol.Co. ist
ein Netz von sozialen Unternehmen in Sizilien; ihr Vertreter ist Giuseppe Silvestro, Erzieher und Koordinator des Zentrums Casa Ahmed für unbegleitete Minderjährige in Messina (seine Frau Annalisa Pino ist in derselben Organisation Leiterin des psychologischen Bereichs und in der Casa Ahmed arbeitet sie als Psychologin); die Gesellschaft „soziale Kooperative „Vivere“ in Messina; die Organisation Solidarität für Familien „Evaluna“ mit ihrer gesetzlichen Vertreterin Concetta Restuccia; die Organisation „Penelope“ mit ihrem Präsidenten Giuseppe Bucalo, ein bekannter Vertreter der „Antipsychiatrie“ Italiens; die Confesercenti provinciale von Messina mit ihrem Präsidenten Alberto Palella (die Confesercenti ist eine der grössten Interessenvertretungsrorganisationen der Unternehmer Italiens); die Organisation ANOLF Associazione Nationale Oltre Le Frontiere mit den Vize-Präsidenten Carlo Mastroeni und Yussef Zahar; die nationale Vereinigung der Agent*innen und Geschäftsvermittler*innen A.N.A.M.A mit ihrem Präsidenten Paolo Bellini (dieser ist bereits Vorstandsmitglied bei der Gruppe Pirelli Real Estate, Präsident der Gruppe Bellini Srl. in Rovigo, er ist strategischer Berater der Gruppe Gabetti Property Solutions, er berät Sky TV der Murdoch Gruppe für ihren Real Estate Bereich, er ist Ehrenpräsident der Italienisch-Russischen Gesellschaft) und der lokale Koordinator Sergio Squillacioti; die Legacoop Messina mit ihrer Präsidentin Maria Debora Colicchia, Psychologin bei der Kooperative „Azione sociale“; die jungen Muslime von Barcellona Pozzo di Gotto; der Arbeitskreis Arci „Thomas Sankara“ mit seiner Präsidentin Patrizia Maiorana; die psychoanalytische Beratungsstelle „Vicolo Cicala“ mit der Präsidentin Diletta La Torre, außerordentliche Professorin für Psychiatrie an der Universität Messina und medizinische Leiterin des UOC Poliklinikums der Universität Messina.
Gewisse gute Praktiken der Solidarität in der Provinz Messina
Äusserst vielseitig, um nicht zu sagen gegensätzlich, sind die Profile und Tätigkeiten der sozialen Kooperativen, die ausgewählt wurden, den Betrieb im neuen SPRAR* von Messina zu planen und auszuführen.
„Pro Alter 2000 ist eine soziale Kooperative mit verschiedenen Zielsetzungen und bezieht sich auf den Artikel 1 des Gesetzes 381 aus 1991. Pro Alter 2000 verdankt seine Gründung der Unterstützung der gemeinnützigen Organisation Pegaso Onlus für die geistige Gesundheit“ – so liest es sich auf ihrer noch im Aufbau begriffenen Webseite. „Die Kooperative arbeitet personengerichtet, um die Eingliederung von Menschen mit erschwerten Bedingungen in die Wirtschaft zu fördern, mit besonderem Gewicht auf die neuen Informationstechnologien: Dateneingabe für die öffentliche Verwaltung, Webseiten, etc…, Übersetzungen auf Französisch und Englisch, Unterhaltsarbeiten, Reinigungsarbeiten, Unterhalt von Strandbädern, Grünzonen und Begegnungszentren, Begleitung an der Arbeit, Informationsstellen, Firmengründungen etc…“. Es fehlen Informationen über vorangegangene Erfahrungen. Was die Aufnahme von Migrant*innen betrifft, scheint Pro Alter 2000 in Kalabrien tätig zu sein. Sicher aber ist sie die Betreiberin des SPRAR in Montalbano Elicona mit 22 Asylsuchenden und jenes in Villa Lina (Messina) mit 15 Angestellten und 6 zusätzlichen Mitarbeiter*innen, Gesamtkosten: 965.000 Euro für die Jahre 2014 – 2016. Als die Verwaltung in Messina vor zwei Jahren diese Kooperative für die gemeinsame Planung der integrierten Aufnahme (in einem ehemaligen Kindergarten der Gemeinde in Villa Lina) vorgeschlagen hatte, gab es mehrere Einwände von der Opposition im Gemeinderat. „Die Verwaltung beendete die weitere Suche nach Bewerber*innen bereits sieben Tage vor dem Ablauf der Frist der Ausschreibung des Ministeriums“, protestierte Giuseppe Trischitta, Leiter der Lokalgruppe des Partito Democratico Italiano*. „Es gab nur einen Bewerber, eben die Kooperative Pro Alter 2000 mit ihrer Präsidentin Dottoressa Stefania Flavia Cucinotta. Die Wahlkommission wurde erst eine Stunde vor der Prüfung der Bewerbungen bestimmt.“
Tatsächlich haben die Betreiber ihre Aufgabe bis heute gewissenhaft und effizient wahrgenommen, trotz der gravierenden Verspätungen der Gemeinde in der Auszahlung der vom Ministerium bereits zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel. Diese Verspätungen wurden damit begründet, dass der Jahresabschluss der Buchhaltung der Lokalbehörde nicht angenommen und bestätigt worden war.
Die andere soziale Kooperative, die ausgewählt wurde, das Programm der integrierenden Aufnahme zu leiten, ist von erklärter katholischer Prägung. „Santa Maria della Strada“ hat ihren Sitz in Galati S. Anna in Messina und wird gesetzlich durch Padre Francesco Pati vertreten. Er ist der Verantwortliche der Diözese Messina für die Aufnahmezentren, während Salvatore Gulletta der operative Verantwortliche für die SPRAR Projekte ist.
Die 1991 gegründete Kooperative ist im nationalen Verzeichnis der Freiwilligenorganisationen eingeschrieben und gehört zum C.N.C.A., dem Coordinamento Nazionale delle Comunità di Accoglienza, der nationalen Koordinationsstelle der Aufnahmegemeinden für Migrant*innen. Obwohl Santa Maria della Strada bereits Begleitungen und Wiedereingliederungen für Migrant*innen durchgeführt hat, hat es keine Erfahrung in der integrierenden Aufnahme von Asylsuchenden und Schutzberechtigten.
Erst in den Jahren 2010/2011, in Zusammenarbeit mit den Freiwilligenorganisationen Una Famiglia per Amico*, All People Onlus*, Azione Sociale*, Nuova Presenza*,Lilium*, Circolo ARCI “Thomas Sankara* und Consorzio sociale “Sol. Calatino* war Santa Maria della Strada an Projekten in der Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten, die die Gemeindebehörden von Messina mit dem Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik mit einem Betrag von 388.880 Euro finanziert hatte, beteiligt.
Mit dem finanziellen und operativen Beitrag der Caritas der Diözese Messina, der Suore Francescane dei Poveri (der Franziskanerinnen der Armen) und der Suore Cappuccine del Sacro Cuore (der Kapuzinerinnerinnen des heiligen Kreuzes) koordiniert die Kooperative Santa Maria della Strada in der Provinz Messina spezialisierte Projekte und soziale Wohnformen für Menschen mit schwerer psychischer Beeinträchtigung. Sie unterhält zwei Wohngemeinschaften für Minderjährige (auf der Insel Panarea und in Roccalumera), zwei Einrichtungen für Erwachsene, die in alternativen Maßnahmen zum Strafvollzug untergebracht sind (in Mili Superiore und in Graniti), dazu ein Haus für die nächtliche Unterkunft für Menschen in extremer Armut und ohne Wohnsitz und für Migrant*innen (in Messina), ein Haus für Schwangere, uneheliche Mütter und Frauen in Not (Giampilieri Marina), das Tageszentrum-Help Center beim Hauptbahnhof Messina, das Personen in Schwierigkeiten aufnimmt.
Die Gemeinde Messina hat der Kooperative von Padre Pati und der Caritas den Betrieb des Obdachlosenheimes Casa di Vincenzo mit 20 Schlafplätzen übergeben. Auf Stadtratsbeschluss wurde es in den Räumlichkeiten der Ex Magazini Generali eingerichtet und für die Summe von 23.000 Euro wurden die Lokalitäten renoviert. Im Februar 2014 eröffnet, wird die Casa di Vincenzo im November 2015 aufgrund der schlechten hygienischen Bedingungen wieder geschlossen. Trotz wiederholter
Bemühungen des Bürgermeisters Accorinti und der Stadträtin Santisi ist es nicht wieder eröffnet worden.
Zur Erinnerung: die Nutzung der Ex Magazzini Generali wurde den zuständigen Behörden für die öffentliche Sicherheit und der Präfektur von Messina durch die Gemeindebehörden Messina zugesagt und zwar für die Operationen bei den Anlandungen von Migrant*innen, so beschlossen an einer technischen Beratungssitzung vom 21. Januar 2015, an der, der für die Stadtplanung zuständige Stadtrat Ingenieur Sergio De Cola und der technische Leiter der Gemeinde Antonio Cardia teilgenommen haben. Zum Glück haben die Regierungsmitglieder diesen Vorschlag wegen „der Unmöglichkeit der Ordnungskräfte, die Sicherheit zu garantieren während eventueller Transfers ausserhalb des Hafengeländes, abgelehnt.“
Die Aufnahmemisere in der „Salsa lucana“* – der „lukanischen Soße“
Noch berühmter im Migrationssektor ist die Kooperative „Senis Hospes“ aus Potenza. Sie ist im neuen SPRAR Projekt von Messina durch Andreana Ninotta vertreten, gleichzeitig auch Sekretärin der Casa Ahmed, jener Einrichtung, die sich ausschließlich auf die Aufnahme von jungen unbegleiteten Minderjährig spezialisiert hat (Grundlage ist das Dekret der Region Sizilien Nr. 3064 vom 26. November 2015.)
Senis Hospes ist seit 2008 in der Handelskammer als nicht gewinnorientierte Kooperative für die soziale Integration eingeschrieben. Senis Hospes unterhält aktuell Plätze für 6.000 Migranten als Betreiberin oder Ko-Betreiberin von Aufnahmezentren für Asylsuchende, CARA (in Manfredonia und in Foggia sind es 670, in Mineo bei Catania, im grössten Aufnahmezentrum Europas, sind es 3.500 – 4.000). Dazu kommen die Zentren für die Erstaufnahme CPA Centro Prima Accoglienza* (Bisceglie, Sogliano Cavour und Taranto in Apulien, Petacciato, Campobasso und Nettuno und Santa Fumia in der Provinz Rom) und zehn weitere SPRAR* in ganz Italien. Die Organisationsstrukturen und das Personal von Senis Hospes sind eng mit der La Cascina Gruppe verbunden, einer der grössten Holdings Italiens auf dem Gebiet der Restaurationsbetriebe. Sie bieten Mahlzeitenlieferungen für öffentliche und private Institutionen und für Kantinen in Schulen, Universitäten und Krankenhäuser an – und das alles unter der eisernen Hand von Communione e Liberazione. Camillo Aceto zum Beispiel, der Geschäftsführer und CEO von Senis Hospes, war bis vor kurzem gleichzeitig auch Vizepräsident der Cascina. In Messina werden sowohl la Cascina wie auch Senis Hospes durch den Unternehmer Benedetto Bonaffini, vertreten. Er ist der Ansprechpartner und genießt das Vertrauen der Präfektur und der Gemeindeverwaltung für die Belange der Aufnahme von Migrant*innen und unbegleiteter Jugendlicher. Er ist bereits Mitinhaber der Aktiengesellschaft des Restaurationsunternehmens Zilch und (ebenfalls in Sizilien) der Franchising Ketten Spizzico und Burger King der Gruppe Autogrill – Benetton.
Bonaffini ist zudem Mitglied des Direktoriums der Föderation der öffentlichen und touristischen Unternehmer Italiens Fiepet* und bis vor kurzem war er Präsident der Confesercenti Messina. In Bari teilt sich Senis Hospes die Administration mit der Kooperative Solidarietà e Lavoro* aus der Gruppe La Cascina.
Die soziale Kooperative in Senise hat einen Vertrag unterschrieben mit Tre Fontane, einer weiteren Gesellschaft der Gruppe La Cascina, für die Leitung von 15 Einrichtungen für Migranten in Rom und in einem vorübergehenden Zusammenschluss mit Tre Fontane, nimmt sie teil an einer Ausschreibung der Stadt Rom für den Betrieb von 26 Aufnahmestrukturen.
Vor ein paar Wochen haben Tre Fontane und Senis Hospes auch die zweite Tranche einer Ausschreibung für die Unterbringung von 500 Asylbewerbern gewonnen, in ehemaligen Kasernen der italienischen Armee zwischen Prandina und Bagnoli (Padova). Der Wettbewerb wurde abgebrochen durch die Präfektur, weil einige der nicht berücksichtigten Kooperativen dagegen geklagt hatten.
Die beiden Kooperativen sind dabei, auch einige große Empfangszentren auf Sardinien zu übernehmen. In Sassari haben sie den zweiten Platz der Ausschreibung gewonnen für die Aufnahme von 1.650 Personen. Senis hat in Quartu Sant’Elena noch besser abgeschnitten. In Ati zusammen mit der Domus Caritatis Soc. Coop. Sociale di Roma wurde Senis Hospes eine Einrichtung mit 60 Gästen anvertraut. Das Duo Senis – Domus Caritatis könnte auch die Leitung des Betriebes im ehemaligen Kloster von Maria Bambina in Onè di Fonte übernehmen, einer kleinen Gemeinde bei Treviso mit 2000 Einwohnern, und dort 228 Migranten „empfangen“.
Senis Hospes hat schon lange auch in Messina Wurzeln geschlagen, um am multimillionenschweren „Asylsuchendenbusiness“ teilzunehmen. Im befristeten Zusammenschluss mit Cascina Global Service (gruppo La Cascina) und Consorzio Sol.Co., wurde der Kooperative die Ehre zuteil, die beiden im Herbst 2013 in der Stadt Messina eingerichteten berüchtigten „Lager“ zu eröffnen und zu führen: die Zeltstadt Annunziata an der contrada Conca d’oro, im Innern einer Sportanlage der Universität und die ehemalige Kaserne Gasparro in Bisconte, wo zusammen bis zu 420 Personen untergebracht wurden.
Die von der Präfektur zur Verfügung gestellten Daten zeigen: in den Jahren 2013 / 2014 wurden an Senis Hospes, Cascina und Sol.Co. 2.654.633,19 Euro staatlicher Gelder überwiesen.
Der nicht funktionierende Aufnahmebetrieb in der Zeltstadt Annunziata und der Ex-Kaserne Gasparro von Senis und ihren Partnern dauerte bis zum Mai 2015. Danach wurde die Leitung den wenig bekannten Kooperativen Arca und Medical aus Trapani übertragen, welche eine günstigere Offerte von 23,98 Euro pro Tag und Migrant*in gemacht hatten.
Für die Teilnahme an der Ausschreibung 2016 hat sich Senis Hospes mit der römischen Organisation Domus Caritatis zusammengetan.
Das Resultat wird von einem Moment auf den andern erwartet. Die Gewinnerin wird das letzte „Geschenk“ der Regierung Renzi / Alfano empfangen: die Beförderung der ex-Kaserne in Bisconte in einen „Hub“, wo für mittlere bis lange Perioden mehr als 1.000 Gäste untergebracht werden können. Immer wahrscheinlicher wird die Einrichtung eines „Hotspots“ (mit erzwungenen Identifikationen, Screenings und Deportationen und Abschiebungen der unerwünschten Migrant*innen und Asylsuchenden).
Seit November 2014, aufgrund einer „Notfallübereinkunft“, die zuerst mit der Präfektur und ein Jahr später mit der Gemeinde getroffen wurde, leitet Senis Hospes das Erstaufnahmezentrum Casa Ahmed für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, das in den Lokalitäten der Ex-Ipab-Fondazione Conservatori Riuniti di Messina eingerichtet wurde, obwohl es dem gesetzlichen Auftrag widerspricht, über 200 Jugendliche gleichzeitig zu beherbergen.
Von Bari bis Mineo – die zweifelhaften Geschäfte der Spezialist*innen für abgelehnte Asylanträge
Leider haben sich weder die Präfektur noch die lokalen Behörden davor gescheut, einen grossen Teil des „Aufnahmebusiness“ an Personen oder Unternehmen zu vergeben, die bereits mit der Justiz zu tun hatten.
Gegen Camillo Aceto, der als Präsident von Senis Hospes am 26. November 2015 die neue Übereinkunft über die Casa Ahmed mit der Gemeinde Messina unterschrieben hat, läuft seit ein paar Monaten ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft von Bari. Er ist des Betrugs bei der öffentlichen Auftragsvergabe angeklagt, zusammen mit drei anderen bekannten Unternehmern in der Flüchtlingsaufnahme. Es geht um den Betrieb eines der Zentren Italiens mit trauriger Berühmtheit, in dem es nur sehr eingeschränkten Ausgang gab: das CARA von Bari Palese.
Laut der Ermittlungen haben die verantwortlichen Betreiber des Zentrums (die Kooperative Auxilium in Senise) seit drei Jahren die Kosten für ihre Tätigkeit in die Höhe getrieben. Zusammen mit Aceto wird auch gegen die Gebrüder Pietro und Angelo Chiorazzo ermittelt (sie sind verantwortlich für die Kooperative in Potenza) und gegen den Ex-Delegierten der Cascina Global Service Salvatore Menolascina, der im Zusammenhang mit der Untersuchung Mafia Capitale* bereits verhaftet wurde.
Der aktuelle Präsident von Senis Hospes wurde bereits im April 2003 in Bari zusammen mit vier weiteren Direktoren der Cascina und drei Zulieferern der Kooperative verhaftet. Es ging um eine Strafuntersuchung über die Mahlzeitenlieferungen für die Krankenhaus- und Schulmensen.
„Seit 1999 habe La Cascina an Schulen und Spitäler in Bari übelriechende, bakteriell verseuchte Speisen und Mahlzeiten mit bereits abgelaufenem Datum geliefert“, entnimmt man der Anklageschrift der Staatsanwälte in Bari. „Häufig wurden die Nahrungsmittel in Lokalitäten mit vollkommen ungenügenden hygienischen Einrichtungen gelagert und verarbeitet (…) davon ausgehend, dass die Empfänger (Kranke, Kinder, Hospitalisierte) sich nicht wehren konnten.“ Der Prozess schloss im September 2010 mit 17 Verurteilungen und der Bezahlung von Entschädigungen für den moralischen und materiellen Schaden an die Stadtgemeinde Bari, an die Asl (Gesundheitsbehörde) und verschiedene Konsument*innenorganisationen.
„Die höchsten Strafen (zweieinhalb Jahre Gefängnis) wurden gegen Salvatore Menolascina und Emilio Roussier Fusco verhängt. Zur Zeit der Vorkommnisse waren sie Unternehmensleiter und kaufmännischer Leiter der Niederlassung von La Cascina in Bari“, berichtet die Gazzetta del Mezzogiorno vom 21. September 2010. „Zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis sind die Direktoren von la Cascina Gabriele Scotti und Ivan Perrone verurteilt worden, die Strafe für Luigi Grimaldi und Camillo Aceto betrug ein Jahr und sechs Monate. Aceto war zu der Zeit Vizepräsident und Verantwortlicher für die Administration dieser Gesellschaft.“
In den Anordnungen zur Untersuchungshaft Mafia Capitale Bis vom Juni 2015 wird die Cascina Global Service 167mal erwähnt. Die Untersuchungen haben zur Verhaftung von vier ihrer Manager geführt: des Geschäftsführers und CEO Salvatore Menolascina, des Vizepräsidenten Francesco Ferrara, Carmelo Parabita, Mitglied des Verwaltungsrates und des Geschäftsführers der Kooperative „la Cascina“ Domenico Cammisa.
Laut des Ermittlungsrichters hätten sich die vier Direktoren während der drei Jahre zwischen 2011 und 2014 „vielfältiger korrupter Handlungen und Betrug bei Wettbewerben schuldig gemacht und das weise auf eine ausgeprägte Gewohnheit, Straftaten zu begehen, hin.“ Während des Prozesses im abgekürzten Verfahren am 7. Januar 2016 in Rom hat die Einzelrichterin Alessandra Boffi die Vergleichsvereinbarungen der Angeklagten und Ex-Direktoren Ferrara, Commisa, Menolascina und Parabita der La Cascina angenommen. Sie wurden wegen Korruption zu Strafen von 2 Jahren und 8 Monaten sowie 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt. In der Untersuchung wurden die Beziehungen der Manager zu Luca Odevaine bewiesen. Dieser ist Mitglied der nationalen Koordinationsstelle zur Aufnahme von Asylsuchenden und Personen mit internationalem Schutzstatus und Mitglied in allen Kommissionen, die ab 2011 über die Vergabe der Aufträge ans CARA in Mineo entschieden haben.
„Mit der La Cascina hat Odevaine ein langjährige, solide, illegale Verbindung“, schreiben die Ermittler. Sie schätzen die Entlohnung des mächtigen Ratgebers auf 10.000 Euro pro Monat, die später auf 20.000 Euro erhöht wurde, für die erwiesenen „Dienste“ bei der Vergabe zur Betreibung dieses Megazentrums im Frühling 2014.
Der Gemeindeverbund „Calatino Terra d’accoglienza“ der Nachbargemeinden von Mineo übergab die Ausschreibung im Wert von 96.907.500 Euro einem Unternehmerkonsortium, das sich zu diesem Zweck gebildet hatte. Darin hatte Casa della Solidarietà (mit 15,3% am Geschäft beteiligt) den Vorsitz. Weitere Mitglieder waren die Kooperative Sisifo der Legacoop (11,2%), das Konsortium Sol.Calatino di Caltagirone (15,3%), Senis Hospes (10,2%), La Cascina Global Service (33,27%), das Provinzkomitee des Roten Kreuzes Catania (5,9%) und die Baugesellschaft Pizzarotti aus Parma (9%), Besitzerin der Residenz für die amerikanischen Soldaten in Sigonella, die später in ein Aufnahmezentrum umgewandelt wurde.
„Die Ausschreibung für das CARA von Mineo hat den Inhalt des Artikels 15 des Gesetzes 214/1990 über öffentlich rechtliche Vereinbarungen abgeändert“, lautete die Beschwerde des Rechnungshofs. Noch deutlicher fällt das Urteil der nationalen Antikorruptionskommission unter Raffaele Cantone aus.
„In Mineo wurden die Prinzipien des Wettbewerbs, der Proportionalität, der Transparenz, der Unparteilichkeit und der Wirtschaftlichkeit verletzt“, schreibt Cantone.
„Die Inhalte der korrupten Vereinbarungen konnten auf unwiderlegbare Weise durch mehrere Abhöraktionen bewiesen werden. Es wurden direkte Begegnungen zwischen Odevaine und Vertretern der Gruppe La Cascina aufgezeichnet, in denen die Details der korrupten Übereinkünfte besprochen; die Übergaben der vereinbarten Geldsummen organisiert und die Änderungen der Ausschreibung besprochen wurden, mit dem Zweck die Teilnehmer zu bevorzugen, die zur Gruppe la Cascina gehören.“
Aufgrund des mehr als fragwürdigen Vorgehens bei der Auswahl der Verantwortlichen des CARA in Mineo, hat die Staatsanwaltschaft von Caltagirone eine Untersuchung eingeleitet, die im Mai 2015, die zu 12 Ermittlungsverfahren geführt hat wegen folgender Vergehen: Amtsmissbrauch, unredliche Ausschreibungen, Verhinderung der offenen Teilnahme der Anwärter. 9 von ihnen waren zurzeit der Ausschreibung Bürgermeister in Gemeinden des Konsortiums Calatino Terra di accoglienza der Nachbargemeinden von Mineo und die restlichen drei waren Mitglieder der Ausschreibungskommission – unter ihnen der allgegenwärtige Odevaine.
„Ein solcher Mammutauftrag, wie der zur Diskussion stehende, hätte in mehrere funktionale Partien unterteilt werden sollen: für die Restauration, für die medizinische Versorgung etc…“ erklärt Giuseppe Verzera, der führende Staatsanwalt am Gericht von Caltagirone vor der parlamentarischen Kommission zur Untersuchung der Aufnahme von Migrant*innen.
„Das hätte mehr Unternehmern die Gelegenheit gegeben, an den Ausschreibungen teilzunehmen, die Konkurrenz gefördert, sorgfältige, professionelle Angebote in den verschiedenen Teilgebieten ermöglicht. Somit wären günstigere Varianten und damit beträchtliche Einsparungen für den Staat möglich gewesen. Aber in diesem Fall hat man einer Person, dem Vertreter des Zusammenschlusses dieser Unternehmen, die den verschiedenen Anforderungen entsprachen, den Auftrag übergeben. An so einem Wettbewerb mit solch astronomischen Beträgen konnte niemand teilnehmen.“
Willkommen am SPRAR-Bankett an der Straße von Messina
Man kann wirklich nicht behaupten, sie hätten nicht gute Arbeit geleistet, die Projektleiter des Sozialamtes der Stadt Messina und der drei beteiligten Kooperativen, die von heute an bis Ende 2017 das vom Ministerium finanzierte SPRAR betreiben sollen.
Sie haben in der Tat eine schmeichelhafte Punktezahl bei der Beurteilung ihres Projektes und damit eine Finanzierung von 2.564.145,18 Euro erhalten. Die Summe setzt sich aus dem Tagessatz von 69,37 Euro für 71 Gäste mit besonderen Schutzstatus zusammen.
„In allen Strukturen wird die Versorgung die gleiche sein: für die Verpflegung 4 Euro pro Person und Tag, Taschengeld 1,50 Euro pro Tag, alle zwei Monate 50 Euro für Bekleidung und Mittel zur persönlichen Hygiene und der Wohnräume“ lesen wir im Projektbeschreibung.
„Ausnahmen in der Verpflegung gibt es nur in der Einrichtung für alleinerziehende Eltern, die ihre Ernährung zusammen mit den Sozialarbeiter*innen planen, nach diätetischen Vorschriften der nationalen Gesundheitsbehörde und im Einverständnis mit den Gästen. Der Betrag für die Verpflegung und das Taschengeld wird für mehr als zweiköpfige Familien um 20% gekürzt. Dafür sind Auslagen für Kleider und Schuhe für spezielle Gelegenheiten wie Hochzeiten, Taufen, Krankenhausaufenthalte, sportliche oder schulische Anlässe möglich.“
Bei der Ankunft werden jedem zwei Bettgarnituren, zwei Handtücher, zwei Decken und ein Kit zur medizinischen Selbsthilfe ausgehändigt; ebenso bekommen die Gäste Kinderartikel wie Betten, Hochstühle, Kinderwagen etc…
In den SPRAR-Projekten wird kulturelle und linguistische Mediation von internen Mediator*innen und mit Partner*innen von außerhalb angeboten – Kostenpunkt pro Jahr 12.053 Euro.
Zwei dieser Partner des vom Ministerium abgesegneten Projektes sind der Circolo Arci* Thomas Sankara (Arbeitskreis Thomas Sankara, benannt nach dem berühmten Revolutionär und Staatspräsidenten von Burkina Faso – leider falsch geschrieben: Sangara) und die Vereinigung Penelope. Der Circolo Arci Thomas Sankara ist bereits Partner der Kooperative Pro Alter im SPAR-Projekt in Villa Lina. Sie wird für die Ausbildung der professionellen Mediatoren zuständig sein; eine Liste von Übersetzern und Mediatoren der verschiedenen Sprachen wird zur Verfügung stehen und ebenso die Unterstützung der Gratis-Hotline des Arci*. Der Verein Penelope ist seit mehreren Jahren mit der Betreuung von Opfern des Menschenhandels und anderen schutzbedürftigen Personen (Obdachlosen, Entlassene aus psychiatrischen Kliniken) betraut. Er arbeitet in den Provinzen Ragusa, Messina, Syrakus und Palermo. Penelope hat eine Gratistelefonnummer, die rund um die Uhr mit Mediator*innen besetzt ist und bringt neu angekommene Migrant*innen mit den nächstgelegenen Aufnahmezentren in Kontakt. Für jährliche Kosten von 76.878 Euro bietet das Programm des SPRAR den Asylsuchenden die Begleitung zu den sozialen Diensten. Sie macht Führungen zum Kennenlernen der nahen Umgebung, ihres Quartiers und der Stadt und erstellt Stadtpläne, wo die wichtigen Adressen wie Märkte, religiöse Institutionen, Ärzte, der Polizeiposten etc… eingezeichnet sind. So sollen 80% der Erwachsenen nach der ersten Aufnahmeperiode sich selbstständig orientieren und die öffentlichen Dienste benutzen können.“
Die Equipe wird in Zusammenarbeit mit dem Territorialnetz des Projektes (Legacoop, Anolf Cisl, Confesercenti, Istituto di Istruzione Superiore „Antonello da Messina“) Orientierungsveranstaltungen zur Arbeitssituation vor Ort und Ausbildungslehrgänge zur Eingliederung in die Berufswelt organisieren.
„Alle Interessierten können an einem Italienischkurs von mindestens 10 Wochenstunden teilnehmen. Sie werden von internen spezialisierten Lehrpersonen oder im CPIA* dem Erwachsenenbildungszentrum der Provinz unterrichtet. 80% der Geflüchteten, die nicht gesundheitlich beeinträchtigt sind, werden in Ausbildungslehrgänge integriert.“
Die Kurse kosten jährlich 259.375 Euro. Dazu kommen 74.578 Euro für Orientierungs- und Arbeitseinführungskurse, auch das mit der Unterstützung des territorialen Netzwerkes, das eine Karte mit den Standorten der Unternehmen herausgibt, die Ausbildungsstellen mit eventuellen späteren Festanstellungen anbieten. Ebenso gibt es Veranstaltungen zur Orientierung und Begleitung zur Wohnungssuche mit formellen und informellen Abmachungen oder in Übereinkunft mit der ANAMA, der nationalen Vereinigung der Immobilienagenturen (dieser Kostenpunkt beträgt 92.008 Euro).
Sie bieten ebenfalls Orientierungsveranstaltungen für die soziale Eingliederung an. Sie nehmen am Tag des Flüchtlings teil, der jedes Jahr vom Arci* Thomas Sankara organisiert wird und ebenso an Veranstaltungen über Emigration / Immigration, an interreligiösen Begegnungen und solchen mit Lehrern und Studenten und sie fördern den Zugang der Migranten zu sportlichen Aktivitäten (Kostenpunkt 94.123 Euro)
Dem Arci Messina wird (in einem Abkommen mit den zuständigen Behörden) die Orientierung zur juristischen Begleitung der Asylbewerber übertragen (Kostenpunkt 117.866 Euro).
„Die Geflüchteten werden in allen Phasen der Einvernahmen, bei der Rekonstruktion ihrer Lebensläufe und zur Anhörung vor der Kommission begleitet. Die Begleitung und Unterstützung durch interkulturelle Mediation ist auch beim Besuch der Ausländerämter vorgesehen“, liest man in der Projektbeschreibung.
„Zudem sollen die Kosten für die Beschaffung der personenbezogenen Dokumente im Heimatland gedeckt werden. Ebenfalls bezahlt werden: ein Beitrag an die juristische Begleitung im Falle einer Ablehnung, die Taxen und anfallenden Kosten zur Ausstellung der Aufenthaltsbewilligung, die Transportkosten von und zu den Kommissionen oder der Gerichte, wenn diese sich ausserhalb des Gemeindegebietes befinden, die Ausstellung eines nationalen Passes oder eines Reisedokumentes, wenn die Beschaffung des Passes aus dem Heimatland auch aus Gründen des juristischen Status des Asylbewerbers nicht möglich ist.“
Für die psychosoziale Begleitung ist ein jährliches Budget von 103.263 Euro eingesetzt. „Es wird eng mit der Gesundheitsbehörde von Messina zusammengearbeitet, um durch die interkulturelle Mediation und wo nötig auch durch Hilfsmittel für Behinderte den größtmöglichen Nutzen für alle zu erzielen“ (wörtlich zitiert, aber unverständlich!).
Der/die für die psychosozialen Belange verantwortliche Sozialarbeiter*in ist für die Orientierung über- und die Begleitung zu medizinischen Diensten wie Hausarzt, Kinderarzt/-ärztin, Krankenhäuser, Beratungsstellen, Ambulatorien etc… zuständig.
Besondere Aufmerksamkeit gilt der Pflege und Behandlung der Opfer von Folter, Gewalt und Menschenhandel, der Behandlung und Rehabilitation von Personen mit chronischen Krankheiten und Behinderungen, der Begleitung von Schwangeren – und das alles unter ethnomedizinischen und ethnopsychologischen Gesichtspunkten.
Für Personen mit schwerwiegenden gesundheitlichen Schädigungen wird eine Invalidenrente beantragt. Zudem soll die Behandlung auch nach dem Verlassen der Aufnahmestruktur auf Grund von Absprachen mit allen Betroffenen weitergeführt werden.“
Die Entlohnung des „Betreuungspersonals“
Dank des SPRAR Projektes werden für 19 Monate und mit staatlichem Vertrag 43 Personen (Erzieher*innen, Animateure, Sozialarbeiter*innen, Psycholog*innen, interkulturelle Mediator*innen, Lehrer*innen, Jurist*innen, Angestellte der Administration etc…) eine Anstellung haben.
Zu ihnen gesellen sich noch stundenweise 23 Angestellte der Stadt Messina, die dem SPRAR „ausgeliehen“ werden um die Quote der Mitfinanzierung zu erfüllen.
Der Löwenanteil geht an die mächtige Kooperative Senis Hospes, die in dem Programm 19 Teilgebiete abdeckt. Viele der Nachnamen lassen auf eine Herkunft vom italienischen Festland, also ausserhalb Siziliens schliessen:
Neun Betriebsangestellte (Rosa Cicciomessere, Leonardo Rosciglione, Marianna Clemente, Antonio Leonardo Stoduto, Albina Biscotti, Raffaele Angeloro, Valentina D’Alessandro, Marco Colaianni, Antonio Fiscarelli), 1 animatrice (Maria Angela Rummo), ein Direktor (Umberto Carofiglio), eine Sozialarbeiterin (Anna Buttiglione), eine Psychologin (Paola Rita Salvino), eine Erzieherin (Maria Teresa Caminiti, zurzeit in der Casa Ahmed angestellt), eine Mediatorin (Samira Chahbane), eine Auskunftsperson in Sachen Vorschriften (Fabio Amoruso), eine Sprachlehrerin (Amalia Chiello), eine auf Menschenhandel spezialisierte Mediatorin (Azmil Khadija), eine Sozialarbeiterin für die Opfer von Menschenhandel (Concetta Restuccia).
Die jährlichen Lohnkosten für die Angestellten von Senis Hospes variieren. Es sind 41.215 Euro für den Direktor mit 38 Wochenstunden, 29.403 Euro für die Psychologin mit 24 Wochenstunden, 19.175 Euro für die Auskunftsperson für die Vorschriften, 18.262 Euro für die Sozialarbeiter*innen und Erzieher*innen mit 18 Wochenstunden, 17.327 Euro für die Betriebsangestellten mit 24 Wochenstunden, 16.657 Euro für die Animatorin mit 15 Wochenstunden, 15.219 Euro für die Mediatorinnen mit 15 Wochenstunden und 10.146 Euro für die Sprachlehrerin mit 10 Wochenstunden.
Die Sozialarbeiterin Concetta Restuccia arbeitet im SPRAR-Projekt auch für die Vereinigung Penelope als Verantwortliche für die Betreuung der Opfer von Menschenhandel und ebenso als Präsidentin der Partnerorganisation Evaluna Onlus*, die sich engagiert gegen Gewalt an Frauen, Stalking und psychologische Gewalt.
Für die Vereinigung Penelope hat Frau Restuccia das Video „One Love One Family“ erstellt. Darin wird die Aufnahmeeinrichtung der Gemeinde Fondachelli Fantina (Messina) ausdrücklich erwähnt. Vor einem Monat wurde gegen den Bürgermeister Marco Pettinato ein Ermittlungsverfahren des Gerichtes von Barcellona Pozzo di Gotto eingeleitet, wegen schweren Betrugs.
Zusammen mit dem Bürgermeister stehen weitere sechs Personen unter Verdacht. Unter ihnen der Vater des Bürgermeisters, Franco Pettinato, Arzt, er war früher Bürgermeister von Fondachelli Fantina bis zum 12. März 2013, als er als Folge der Untersuchung „Zefiro“ der Windenergieanlagen im Tal von Alcantera und Nebrodi zurücktreten musste.
Wie der Journalist Leonardo Orlando von der Gazzetta del Sud berichtet, sind auch gegen den Bruder des Bürgermeisters Danilo Pettinato Untersuchungen anhängig. Er steht in Verdacht von Misshandlungen Minderjähriger im Zentrum von Fondachelli, damals war er bei einer Sicherheitsagentur angestellt, die in einem der Aufnahmezentren Dienst tat.
Aus der sozialen Kooperative Santa Maria della Strada beziehen 10 Mitarbeiter ihren Lohn: eine Sozialarbeiterin (Nuccia Urso); fünf Betriebsangestellte (Cinzia Grasso, Carmela Lo Presti, Elvira Valitri, Elena Urso, Emanuela Casella); eine Lehrerin (Cristina Morabito); eine Psychologin (Francesca Giorgianni); ein Verwaltungsangestellter (Placido Pagano); der Verantwortliche für den Betrieb (Salvatore Gulletta).
In diesem Fall liegen die Jahreslöhne zwischen 33.592 Euro für den Sozialarbeiter (bei 38 Wochenstunden) und 32.604 Euro für die drei Sozialarbeiterinnen mit 38 Wochenstunden. Es sind 13.091 Euro für die zwei Sozialarbeiterinnen mit 14 Wochenstunden, 23.088 Euro für den Betriebsverantwortlichen mit 24 Wochenstunden, 12.480 Euro für die Psychologin mit 12 Wochenstunden, 10.608 Euro für die Lehrerin mit 12 Wochenstunden und 5304 Euro für den Betriebsangestellten.
Aus der Kooperative Pro Alter 2000 schliesslich stehen 14 Personen unter Vertrag:
Eine Koordinatorin / Sozialarbeiterin (Valentina Briguglio Polò); ein interkultureller Mediator (Mourad Boudhil); eine Erzieherin (Miriam Grasso); eine Sozialarbeiterin (Martina Maggio); eine Ethnopsychologin (Maria Maugeri Saccà); eine Italienischlehrerin (Ketty Scarcella); eine Verantwortliche für die Berichterstattung (Simona Scarvaci); eine Angestellte der Administration (Roberta Costanzo); eine Beauftragte der Verwaltungsinstanz (Rosanna Santoro); vier Begleiter der Auswärtswohnenden (Paolo Cardile, Antonio Sicali und zwei Beraterinnen für die Belange der Gesundheitsvorsorge und der Krankenversicherung, die noch nicht bekannt sind). Die jährlichen Beträge für deren Gehälter variieren zwischen 25.397 Euro für die Koordinatorin/ Sozialarbeiterin (30 Wochenstunden) und 12.500 Euro für die Begleiter der Auswärtswohnenden (15 Wochenstunden). Es sind 11.918 Euro für die Administration, 11.124 Euro für die Italienischlehrerin (14 Wochenstunden), 10.695 Euro für die Ethnopsychologin, 10.159 Euro für den interkulturellen Mediator (12 Wochenstunden), 9.397 Euro für die Erzieherin (12 Wochenstunden), 8.466 Euro für die Sozialarbeiterin (10 Wochenstunden), 6.356 Euro für die Verantwortliche für die Berichterstattung (8 Wochenstunden), 5.079 Euro für die Beauftragte der Verwaltungsinstanz (6 Wochenstunden), 3.973 Euro für die Verantwortliche der Administration.
Einige dieser Mitarbeiter von Pro Alter 2000 arbeiten oder arbeiteten auch im SPRAR von Villa Lina: die Präsidentin Stefania Flavia Cucinotta – sie ist dort für die Aufnahme und die Koordinationsabläufe zuständig, ihr Jahresgehalt beträgt 28.754 Euro; Rosanna Santoro bezieht als Aufnahmeangestellte 15.238 Euro; Maria Maugeri Saccà als Psychologin 5.972 Euro.
Auch die Gemeinde Messina lässt sich die Arbeit von drei ihren Angestellten vergüten:
für den Verantwortlichen der Programmadministration Sebastiano Ravi mit 7.050 Euro im Jahr bei 27 Stunden im Monat; für den Referenten des Projektes Giuseppe Di Leo mit 7.153 Euro im Jahr bei 35 Stunden im Monat; für die technische Referentin und Datenbankverantwortliche Maria Battiato mit 6.970 Euro bei 32 Stunden im Monat.
Im Rahmen einer Co-Finanzierung stellt die Gemeinde Messina dem Projekt folgende Mitarbeiter zur Verfügung: den Direktor Domenico Zaccone (12 Stunden im Monat), die Mitarbeiter der Administration Francesco Donato, Giovanni Mangano und Paolo Mastronardo ( jeder 20 Stunden im Monat), die Szialarbeiterinnen Isabella Astone, Francesca Carlo, Francesca Ciccolo, Daniela De Salvo, Maria Di Pietro, Maria Fabio, Marisa Greco, Cristina Grioli, Giovanna Isaja, Rosa Maiolino, Maria Grazia Mazzarelli, Antonella Monforte, Concetta Rotondo, Fortunata Scicolone, Angela Scibilia, Rosaria Tornesi (mit je 18 Stunden im Monat).
“ Rate wer zum Essen kommt?“
Das SPRAR-Projekt kann also auf eine Equipe von 14 Personen zählen für die Technik, die Administration und die Buchhaltung. Daneben sind weitere 52 Fachleute tätig für die 71 Asylsuchende Wie viel der Anteil am Budget für die Löhne beträgt ist sofort ersichtlich.
Nehmen wir das Jahr 2017 als Basis, denn da ist das SPRAR alle 12 Monate in Betrieb. Die Lohnkosten betragen 839.571 Euro (758.308 Euro vom Staat und 81. 263 Euro der Beitrag der Gemeinde).
Dazu kommen die Kosten für Einzelberatungen, Soziale Begleitung, interkulturelle Mediation, juristische Informationen und sozialpsychologische und gesundheitliche Beratungen (59.440 Euro im Jahr 2017), die Vergütungen für Steuer- und Stellenberatungen (8.500 Euro), die Telefonspesen von 2.620 Euro, der Treibstoff für Dienstfahrten (8.700 Euro) – die Personalkosten machen also 56.84 % des Budgets dieses Projektes aus.
Der Leiterequipe stehen zudem ein Jahresbetrag von 13.900 Euro für die Teilnahme an nationalen Kongressen, Weiterbildung und Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu. Zudem erhalten sie 79.003 Euro für Weiterbildungsaufenthalte und monatliche Begegnungen, wo sie Kenntnisse erwerben, für die aktuelle, sozioökonomische und religiöse Situation in den Herkunftsländern der Geflüchteten.
„Das Projekt wird zusammen mit dem DSM* Nord des ASP* von Messina mit Dozenten des SPRAR und des ASP Weiterbildungen organisieren“, liest man im vom Ministerium genehmigten Text.
„Zudem werden in Sizilien eine Reihe von Ausbildungsveranstaltungen abgehalten mit nationalen und internationalen Experten der Ethnomedizin, Ethnopsychiatrie und Anthropologie.“
Es gibt auch einige strittige Ausgabenposten: die Gebühren für Lokalmieten und Häuser (82.492 Euro im ersten und 98.720 Euro im zweiten Jahr: jene für ein zweistöckiges Haus für alleinstehende Männer (ältere und solche mit besonderen Bedürfnissen und länger notwendiger Begleitung zuhause wie Opfer von Menschenhandel und Folter), sowie jene Kosten für sechs Wohnungen in einem Gebäude für alleinerziehende Eltern in Schwierigkeiten.“
Für die Renovierung dieser Gebäulichkeiten sind 11.013 Euro vorgesehen und 28.268 Euro für den Unterhalt. Aufgrund der exakten Beschreibung der Häuser scheint, dass die Sache schon vor der Präsentation im Projekt abgemacht war. Aber die Verwaltung gibt die Namen der Beteiligten nicht preis.
Folgende Kosten sollen ebenfalls gedeckt werden: die Reinigung der gemieteten Lokale (32.500 Euro) Wasser, Elektrisch, Gas und Heizöl (71.000 Euro), der Kauf oder die Miete von Möbeln und Elektrogeräten (113.808 Euro), von Hardware und Software und technischer Ausrüstung (15.603 Euro) und Kanzleikosten (5.874 Euro). Die Liste findet ihren Abschluss mit 24.964 Euro „für die Einrichtung und Betreibung der Büros des Projektes und mit 37.600 Euro für die verlangten finanziellen Sicherheiten und Garantien der Ämter an die Betreiber und andere“.
Die Möglichkeiten in der Aufnahme sind wahrlich unendlich…
Antonio Mazzeo
*All People: Alle Menschen
*ANOLF:Associazione Nazionale Oltre Le Frontiere – nationale Organisation „Über die Grenzen“
*ARCI – Associazione Ricreativa e Culturale Italiana: gegründet 1957, ist ein sozialer Förderverein in Italien. Er agiert gegen Faschismus und für die Allgemeine Erklärung der Menschrechte.
*Asl: Azienda sanitaria locale – Lokale Gesundheitsbehörde
*ASP di Messina: Azienda Sanitaria Provinciale di Messina – Gesundheitsbehörde der Provinz Messina
*associazione „Altro Domani“ etwa zu übersetzen mit: Organisation für eine bessere Zukunft
*Azione Sociale: Soziale Aktion
*Circolo ARCI “Thomas Sankara: Freundeskreis ARCI Thomas Sankara
*Communione e Liberazione – Gemeinschaft und Befreiung, eine Bewegung in der katholischen Kirche
*Consorzio sociale “Sol. Calatino”: soziales Konsortium „Sol. Calatino“
*CPA Centro Prima Accoglienza: Zentrum für die Erstaufnahme
* CPIA: Centro Permanente Istruzione per Adulti – Zentrum für permanente Weiterbildung für Erwachsene
*DSM nord dell’ASP di Messina: Dipartimento di salute mentale nord del Azienda Sanitaria Provinciale di Messina – Abteilung Nord für die geistige Gesundheit der Gesundheitsbehörde Messina
*Fiepet: Federazione italiana esercenti pubblici e turistici – Föderation der öffentlichen und touristischen Unternehmer Italiens
*Lilium: Lilie
*Lucania: Lucania ist der alte Name der Region Basilicata, Potenza ist die Hauptstadt, Senis Hospis kommt aus Potenza.
* Mafia Capitale: Mafiöse Machenschaften innerhalb der römischen Stadtverwaltung im Zusammenhang mit der Veruntreuung von Geldern, die für die städtischen Dienste (auch für die Migrantenaufnahme) bestimmt waren. Die Untersuchungen sind auf andere Regionen wie Sizilien ausgeweitet, u.a. Mineo.
*Nuova Presenza: Neue Präsenz
*Onlus: Organizzazione non lucrativa di utilità sociale – nicht gewinnorientierte soziale Organisation, gemeinnützige Organisation ohne Gewinnabsichten
* PDI: Partito Democratico Italiano, nicht zu verwechseln mit PD, dem Partito Democratico von Matteo Renzi
*Solidarietà e Lavoro: Solidarität und Arbeit
*SPRAR: Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati – Einrichtung für die Aufnahmen von Asylsuchende und Geflüchteten (mit Integrationsangeboten)
*Una Famiglia per Amico: eine Familie zum Freund
*Vicolo Cicala: Gasse der Zikaden
Übersetzung aus dem Italienischen von Susanne Privitera Tassé Tagne