Das Geschäft der schlechten Flüchtlingsaufnahme in Messina
Antonio
Mazzeo – Messina, die Stadt der schlechten Aufnahme. Hunderte
von Flüchtlingen, halb weggeschlossen in der Zeltstadt von PalaNebiolo1;
sie befindet sich auf einem ehemaligen Baseballfeld, das der Universität gehört
und im Bezirk Conca d’Oro liegt, im Stadtteil Annunziata. Im Sommer 40 Grad im
Schatten, im Winter Kälte, die die Null-Grad-Marke streift. Aber wenn es
regnet, wird es noch schlimmer: Ohne Ablaufsystem steht das Gelände unter
Wasser und das Zentrum zur ersten Aufnahme versinkt im Schlamm.
In
der ehemaligen Kaserne „Gasparro“ im Stadtteil Bisconte, im einzigen Gebäude,
das großzügiger Weise nicht für unbetretbar erklärt wurde, werden mehr als 200
Migranten auf einer Fläche von 550m2 in drei engen Zimmern
zusammengedrängt; bestückt sind die Zimmer mit Doppelstockbetten, eins am
anderen; und beim Essen und beim Duschen gibt es unendliche Schlangen.
Einrichtungen,
die unwürdig sind, schrecklich eklig, eine Schande und Schmach der staatlichen
Institutionen und der lokalen Verwaltung; die scheinen nicht zu sehen und nicht
zu hören und haben, wie immer, beschlossen, nicht zu reden.
In
Messina, wie im CARA2 von Mineo, in den CIE3 von Trapani
und in den Feldlagern für Migranten und Asylsuchende in Halbitalien, ist die
Aufnahme eine verhöhnte, verweigerte und verletzte rechtliche Verpflichtung. Sie
ist aber gleichzeitig für die altbekannten Subjekte eine Gelegenheit gewaltige
Gewinne zu machen: Pseudo-Genossenschaften, Betriebe, Kleinunternehmen und
Non-Profit-Organisationen mit reinem Gewinnstreben. Sie üben arroganter Weise ein
Oligopol aus in der Verwaltung der Affäre „Notfall Anlandungen“. Dieser wurde künstlich
geschaffen, von der Festung Europa, von dem Ensemble Militärindustrie und transnationale
Sicherheit und von den fremdenfeindlichen und rassistischen Meinungsführern.
Nachdem die Präfektur von Messina die Zahlen für die Ausgaben im Zeitraum
2013/14 veröffentlicht hat, gibt es den erhärteten Nachweis, dass die schlechte
Aufnahme in der Stadt an der Meerenge einer privilegierten Schar von
Unternehmern der Solidarität Rechnungsausstellungen in Millionenhöhe beschert hat.
Von den ersten Ankünften im sicheren Hafen von Messina im Oktober 2013 bis zum
31. Dezember 2014 hat die Präfektur mehr als 3.225.000 Euro für die Verwaltung
der Flüchtlinge verteilt. Das politisch-menschliche Scheitern der
durchgeführten Eingriffe wird aus den offiziellen Statistiken der
Polizeidirektion von Messina ersichtlich: Von den möglichen 6.880
Asylbewerbern, die in 2014 im Zuge ihrer Verlegung nach Annunziata und Bisconte
identifiziert wurden, haben nur 283 die für sie zuständigen Instanzen für den
internationalen Schutz getroffen; das sind weniger als 3 Männer und Frauen auf
100 Angelandete, die ins Polizeiregister eingetragen und interniert wurden.
Das Trio der Altbekannten
Ein
Gutteil der finanziellen Mittel, die vom Staat in Messina in der Migrantenangelegenheit
„investiert“ worden sind, ging an die temporäre Vereinigung von Firmen mit Senis Hospes aus Potenza als
Hauptvertreter und unter Beteiligung von Cascina
Global Services Srl und des Konsortiums Sol.Co
– genossenschaftliche Gesellschaft für Soziales, non-Profit-Organisation. Nach
den von der Präfektur herausgegebenen Daten sind der ATI4 2013/14
summa summarum 2.654.633,19€ bezahlt worden (der angegebene und zuerkannte
Betrag belief sich dagegen auf 873.536€). Im Einzelnen wurden der von Senis
Hospes geführten Vereinigung in einem offenen Verfahren „die Verwaltung des
Dienstes der Aufnahme“ in der Zeit vom 1. Januar bis 31. März 2014 übertragen (ausgezahlte
Summe 431.395,23€); die Verwaltung wurde dann ein erstes Mal für die Zeit vom
1. April bis zum 30.Juni 2014 (539.225,79€) und ein zweites Mal für den ganzen
folgenden Juli verlängert (169.044,84€). Nach den Vertragsbedingungen der Auftragsvergabe
hatte das Trio Senis – Cascina – Consorzio Sol.Co jeden Migranten mit
Verpflegung, mit einem Taschengeld von 2,50€ pro Tag und mit einem Hygiene-Kit
zu versorgen; hinzu kam noch der Gesundheitsdienst. Dafür haben sie 24,33€ pro
Tag für jede Person bekommen, die in der Zeltstadt und in der ehemaligen
Kaserne von Bisconte „beherbergt“ wurde.
Die
Präfektur hat am 17. Juli 2014 einen neuen Wettbewerb gestartet, um eine „neue“
Betreibergesellschaft zu finden, der sie die Betreuung der Asylsuchenden übertragen
konnte (vom 1.August bis zum 31.Dezember 2014); es war wieder die Vereinigung
mit Senis Hopes an der Spitze, die die Gegner geschlagen hat und die für ihren
Dienst einen Betrag von 1.391.217,33€ erhielt. Die „Aufnahme“ wurde dann bis
vergangenen Mai verlängert; schließlich musste die Gruppe Senis Hospes, Cascina
und Sol.Co die Zentren von PalaNebiolo und Bisconte der halbunbekannten
„sozialen Kooperative“ Arca und Medical von Trapani abtreten, die bei
der neuen Ausschreibung ein vorteilhafteres Angebot von 23,98€ pro Tag pro
Migrant präsentiert hatte.
In
der Auflistung der Ausgaben der Präfektur der Provinz von Messina taucht
darüber hinaus der Posten „Verlängerung Dienste Aufnahme Migranten c/o Zentrum
Conca d’Oro und Kaserne Gasparro-Masotto 31. Dezember 2014“ mit einem Betrag
von 39.500€ auf, wieder derselben
Vereinigung von Unternehmen unter der Führung von Senis zuerkannt, vermutlich aber
erst im Folgejahr ausgezahlt. Am 31. Dezember 2014 waren auch die Dienste des
Trios Seins-Cascina-Sol.Co für die Aufnahme unbegleiteter minderjähriger
Flüchtlinge in der ehemaligen Senioreneinrichtung Fondazione Conservatori Riuniti in der zentralgelegenen Straße San
Sebastiano in Messina, die am 25. November 2014 eingeweiht wurde, noch nicht
bezahlt. Ursprünglich war das ehemalige IPAB5 als Zentrum für die
allererste Aufnahme von ausländischen Bürgern, die internationalen Schutz suchen,
gedacht, um die Zeltstadt von Annunziata schließen zu können. Aber in Folge
einer Anzeige, dass sich zahlreiche unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in
PalaNebiolo zusammen mit Erwachsenen befänden, hat die Präfektur mit
außerordentlichem Erlass vom 31. Oktober 2014 die Verlegung von 93 unbegleitete
minderjährige Flüchtlingen in die Via San Sebastiano angeordnet;
zwischenzeitlich hatten sich Senis und Beteiligte daran gemacht, die
Einrichtung für die erwachsenen Asylsuchenden zu renovieren. Das Ex-IPAB, das
jetzt „Zentrum Ahmed“ heißt, arbeitet seitdem mit mehr als 200 jungen „Gästen“,
die aus laufenden Konflikten im mittleren Osten und Afrika geflohen sind; und
das, obwohl die Parameter und die strukturellen Standards für die Unterbringung,
die von der regionalen Gesetzgebung vorgesehen sind, dort nicht beachtet werden.
Nur zur Information: Die Präfektur von Messina hat Senis und Co. mit der Aufnahme
von Migranten in einer Einrichtung in der Kommune Fondachelli Fantina beauftragt,
mit Ausgaben von 123.750€ für die Zeit zwischen dem 27.August und 31.Dezember
2014.
Die
Ausgabenlisten der Regierungsbehörden enthüllen weiterhin, wie eine weitere und
stattliche Tranche der Mittel für die Migranten allein in der Hand von Cascina
Global Services gelandet ist; das ist eine rumänische Gesellschaft, gegründet
1978 von einer Gruppe von Studenten, die der Organisation „Gemeinschaft und
Freiheit“ nahestehen; sie ist aktiv im Sektor des Gaststättengewerbes und der
Zubereitung von Speisen für Schulen, Krankenhäuser etc.; in Messina wird sie vertreten
durch den Unternehmer Benny Bonaffini. Insgesamt handelt es sich um
253.626,22€: Ein Teil (145.763,9€) für die zeitweise Beauftragung mit treuhänderischem
Akkord für den Dienst, der den Flüchtlingen zwischen dem 9.Oktober 2013 und dem
7.Februar geleistet wurde; der zweite Teil (107.862,32€) entspricht der
Vergütung für die Rolle als Betreibergesellschaft der Zeltstadt von Annunziata
vom 28. November 2013 bis zum 27.März 2014, nach vorheriger Auftragserteilung
in offenem Verfahren durch die Präfektur.
Die schwarzen Flecken in
der Berichterstattung
Wirkliche
nationale Riesen in der Verwaltung der Dienste im 3.Sektor (Soziales) und in
der ehrenamtlichen Tätigkeit sind die genossenschaftlich organisierten Firmen;
die haben sich mit Geschick alles oder fast alles am Geschäft mit Migranten an
der Meerenge an Land gezogen. Das Konsortium Sol.Co vereinigt eine lange Liste
von sozialen Genossenschaften, die in ganz Sizilien präsent sind. Die
bekannteste unter ihnen ist das Konsortium Sol.Calatino SCS, im Februar 2003 als
Genossenschaft entstanden, die zwischen Caltagirone und Catania operiert und
die sich im Bereich Immigration eines Curriculums erster Güte erfreuen kann:
Von der Durchführung eines Projektes „zur rechtlichen und psychologischen
Beratung“ in 2011 zugunsten unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in
Partnerschaft mit der Kommune von Messina, über die Verwaltung von SPRAR6
in den Gemeinden Caltagirone, Gela, Bronte, Vizzini, Mineo, Licodia Eubea, San
Cono, San Michele die Ganzaria, Palagonia, Grammichele, Mirabella Imbaccari und
Scordia, weiter: das Zentrum für allererste Aufnahme ausländischer Bürger in
Caltanissetta; und schließlich als Co-Verwalter des „Orangendorfes“ von Mineo
vom fernen 18.Oktober 2011 an; das Imperium der ehemalige Siedlung des US-Militärs
von Sigonella, das zum größten Zentrum für Asylsuchende in Europa wurde.
Auch
Senis Hospes profiliert sich als eine der renommiertesten
Betreibergesellschaften der CARA, Zentren der Erstaufnahme und SPRAR in
Italien. Der genossenschaftlichen Gesellschaft aus Potenza hat die Journalistin
Raffaella Cosentino einige Passagen einer Untersuchung über „Das große Geschäft
der Aufnahmezentren“ gewidmet, die auf repubblica.it am 16. Oktober 2013
veröffentlicht wurde. „Senis Hospes aus Senise (Pz) hat zum Präsidenten Camillo
Aceto. Der wurde, als er Vizepräsident von Cascina war, in einem Prozess in
Bari, in dem es um den Essens-Dienst in Krankenhäusern und Schulen ging,
angeklagt wegen Fälschung und Betrug in der öffentlichen Versorgung“, schrieb
Cosentino. „Der Verwalter des CARA Bari-Palese, 2008 errichtet auf der
Luftwaffenbasis aus vorgefertigten Teilen, ist derselbe seit das Zentrum
existiert, die lukanische Genossenschaft Auxilium der Brüder Pietro und Angelo
Chiorazzo. Auch sie mit Sitz in Senise, steht Auxilium Cascina historisch nahe;
zusammen mit ihr befindet sie sich im Zentrum der ATI. Angelo Chiarazzo,
Vizepräsident von Cascina ist in die gleichen Untersuchungen des Magistrats von
Bari verwickelt, in der auch Camillo Aceto angeklagt ist, seinerseits
ehemaliges Mitglied des Verwaltungsrates von Auxilium. Auch Chiorazzo hat eine Verjährung
ersten Grades wegen der Straftaten Täuschung und Betrug der öffentlichen
Verwaltung…“.Der Zufall will es, dass die Präfektur von Caltanissetta am 22.
Januar 2013 einen drei Jahre laufenden Auftrag für die Verwaltung aller
Zentren-Lager in der Ortschaft Pian del Lago gerade an eine temporäre Gruppierung
von Unternehmen mit Auxilium an der Spitze vergeben hat. Der Zuschlag wurde aber
nach der Annullierung des Wettbewerbs erteilt; zunächst hatte diesen die
Gruppe, die von der genossenschaftlichen Gesellschaft Domus Caritatis angeführt
wurde, gewonnen; zur ihr gehörten auch Senis Hospes, Cascina Global Services
und das Konsortium Sol. Calatino. Grund für die Annullierung waren fehlende
gesetzlich vorgeschrieben Voraussetzungen.
Das
Trio der Firmen hat sich aber in reichem Maße wieder ins Spiel gebracht im
Zusammenhang mit der strittigen und fragwürdigen Ausschreibung der
Auftragsvergabe über 97 Mill. Euro für die Verwaltung des Mega-CARA von Mineo,
die am 24.April 2014 von dem Konsortium Calatino „Terra d’Accoglienza“ beendet wurde.
Der Wettbewerb wurde gewonnen von dem temporären Zusammenschluss der Firmen
Senis, Cascina und SOL. Co, des Konsortiums der sozialen Genossenschaft Sisifo aus Palermo (LegaCoop), der
Baugesellschaft Pizzarotti&C Spa
aus Parma (Eigentümerin der Anlage von Mineo) und des Provinzkomitees des Roten
Kreuzes Italien aus Catania. Der Rechnungshof klagt in einem Bericht: „Die
Ausschreibung für die Verwaltung des CARA von Mineo hat das Erscheinungsbild
der öffentlichen Übereinkunft, wie es von Artikel 15 des Gesetzes Nr. 241/1990
umrissen wird, verändert.“ Härter noch das Urteil der nationalen
Antikorruptionsvereinigung unter Leitung von Raffaele Cantone, dem zufolge in
Mineo gegen die Prinzipien „der Konkurrenz, der Verhältnismäßigkeit, der
Transparenz, der Unparteilichkeit und der Wirtschaftlichkeit“ verstoßen worden
sei. Die Verwaltung des CARA wurde durch die Ermittler angeprangert, die in Rom
in Politik und Wirtschaft ermitteln.
In
der zweiten Verfügung, die vom GIP7 des Kapitols bezüglich der
Affäre Mineo herausgegeben wurde, spricht man ausdrücklich von „vorhergehenden rechtswidrigen
Absprachen, mit dem Ziel, die wirtschaftlichen Subjekte im Vorhinein zu
bestimmen, die den Wettbewerb gewinnen würden“, wie auch von „betrügerischem
Verhalten, das darin besteht, Inhalte der Ausschreibung des Wettbewerbs dergestalt
zu vereinbaren, dass der Zusammenschluss der Firmen begünstigt würde, zu der
auch die Firmen der Gruppe La Cascina gehören.“ Wie Linkiesta.it bemerkt, wird in der Anordnung der Sicherungshaft Mafia Capitale Bis, die vergangenen Juni
herausging, die Cascina Global Services 167 Mal genannt. Vor allem die
Untersuchungen haben für vier ihrer Manager zur Verhaftung geführt: Des Geschäftsführers
Salvatore Menolascina; des Vizepräsidenten Francesco Ferrara, von Carmelo
Parabita, des Mitglieds des Aufsichtsrates der Gruppe und des Vorsitzenden des
Verwaltungsrates der Cooperative „La Cascina“, Domenico Cammisa. Dem GIP
zufolge hätten die vier leitenden Angestellten „mehrere Fälle von Korruption
und Versteigerungsstörung begangen, verteilt auf die drei Jahre von 2011 bis
2014. Und das hat eine ausgeprägte
Neigung zum Verbrechen gezeigt“. Besonders untersucht wurden die verflochtenen
Beziehungen der Manager zu Luca Odevaine, Mitglied des Runden Tisches der
nationalen Koordination der Aufnahme Asylsuchender und Träger des
Internationalen Schutzes und Mitglied aller Kommissionen, die ab 2011 die
Aufträge für das CARA von Mineo vergeben haben. „Mit Cascina hat Odevaine eine
feste und alte Verbindung ungesetzlicher Art“, schreiben die Ermittler, und
vermuten eine Zuwendung zugunsten des mächtigen Beraters in Form einer
monatlichen „Prämie“ von zunächst 10.000, dann 20.000€ für mutmaßliche
Gefälligkeiten im Zusammenhang mit der Zuerkennung der Auftragsvergabe. In
Folge des gerichtlichen Erdbebens, das den Koloss des Gaststättengewerbes
getroffen hat, hat die Abteilung Präventionsmaßnahmen des Gerichts von Rom mit
Dekret Nr. 102 vom 27. Juli 2015 die richterliche Verwaltung der Cascina Global
Services angeordnet.
Um die Transporte der
Migranten kümmere ich mich – exklusiv!
Nach
Messina zurückgekehrt, ist noch hervorzuheben, dass 15% des Gesamtwertes des für
den Dienst an den Migranten anvertrauten Betrages (462.992€) in dem Zeitraum
2013-14 durch den sogenannten treuhänderischen Akkord erfolgte. Das ist eine Art
der vereinfachten Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen durch die
öffentliche Verwaltung. Die ist nach der italienischen Verordnung erlaubt „wenn
es sich um einen Vertrag mit geringem Wert handelt“ und es „zur Dringlichkeit eine
Veranlassung gibt“. Die Normen schreiben im Einzelnen vor, dass, wenn die
Kosten für die Belieferung mit Gütern und Dienstleistungen 40.000€ nicht
überschreiten, der für den Vorgang Verantwortliche die Lieferung, um eine
mögliche künstliche Zerstückelung der Leistungen zu vermeiden, direkt einem Anbieter
übertragen kann; diesen kann er nach seinem Ermessen aussuchen. Bei größeren
Beträgen dagegen kann die Übertragung nur im Respekt gegen die Prinzipien der
„Transparenz, Rotation und Gleichbehandlung“ vollzogen werden; dann geschieht
die Beauftragung nach der Befragung von mindestens 5 Anbietern, die nach der
Vorgabe bestimmter Listen durch den öffentlichen Auftraggeber ausgesucht
werden.
Wie
wir schon gesehen haben, hat die Präfektur den treuhänderischen Akkord benutzt,
um der Cascina Global Services die erste Phase des Notstands Aufnahme in
Messina zu übertragen. Dann ist diese Vorgehensweise aber das Modell des
Systems geworden, um immer wieder demselben Subjekt den Transport der
Flüchtlinge von Messina in andere Zentren der ersten oder zweiten Aufnahme auf
Sizilien oder in anderen Teilen Italiens zuzuerkennen. Die Lektüre der Daten
zum Thema Transport bietet ein reales Abbild dessen, was das System der
entmenschlichten Verschleppung bedeutet. Dies wurde angewandt auf die Migranten
und Asylsuchenden von verschiedenen Regierungen, die sich in der Führung des
Landes abwechseln. Von der Stadt an der Meerenge aus sind Männer und Frauen,
die sich auf der Flucht vor den Schrecken des Krieges und globaler Verbrechen befinden,
im Bus bis ins Piemont, die Lombardei und das Friaul, Veneto Guilia, andere in
die CARAs und CIEs im Lazio, in Kampanien, Puglien und den Marken gefahren
worden. Am 22. November 2013 wurden die „Gäste“ Messinas auf einer ermüdenden
Sizilientour nach Agrigent, Favara, Castelvetrano und Caltagirone durchgeschüttelt.
Am 12. September 2014, nach den unendlichen Anlandungen, wurden die Migranten
dagegen zuerst zu den Zentren von Annunziata und Bisconte umgeleitet, dann nach
Fondachelli Fantina und schließlich nach Aragona (Agrigent).
Monopoltransporteur
bei den erzwungenen Verlegungen der Migranten war die Transportfirma Michele
Cucinotta&C. SAS, mit Sitz in dem Örtchen Laderia, Messina. Zu ihren
Gunsten wurden in nur 13 Monaten 92 Rechnungen mit einem Gesamtbetrag von
299.266€ (zuerkannt wurden 291.706€) beglichen. Auf der Seite der Präfektur
gibt es keine genauen Angaben über die Anzahl der eingesetzten Busse oder der
„Passagiere“ der einzelnen Fahrten; es erscheinen nur die Daten und die
benutzten Strecken. Die teuersten Transporte waren diejenigen, die gleich nach
Weihnachten 2013 stattfanden: nach Rom-Alba; Adriatica, Teramo, San Bendetto
del Tronto, Perugia und Bresso (Mi), die insgesamt 36.400€ kosteten; die vom
28. Juli 2014 nach Settimo Torinese (15.525€); nach Gorizia am 18.Februar (14.000€);
diejenigen vom 7. Dezember zur Kaserne der Finanzpolizei in Neapel und zum
Flughafen Palermo-Punta Raisi und zum Hafen von Augusta bei Messina (11.400€);
nach Neapel und Pescara am 20. September (9250); von Pozzallo zum Flughafen von
Comiso und Messina am 2.August (7.100€).
Für
die Verlegungen ins Zentrum-Lager von Pozzallo am 1.Juni 2014 hat die Michele
Cucinotta&C. SAS 6.500€ erhalten; 6.300€ für die Fahrt nach Neapel am 24.
März; 5.875€ für die Fahrt nach Palermo am 4.Juli. Zum Hafen von Augusta fuhr
man am 4.Januar, am 22.Mai und am 7.Juni 2014 und berechnete für die erste
Fahrt 4250€, für die zweite 3.600€ und 4.500€ für die dritte. Am folgenden
16.Juli, um die Meerenge zu überqueren, vom Hafen von Reggio Calabria zum
Zentrum des Ortsteils Conca d’Oro-Annunziata werden „moderate“ 2.400€ ausgezahlt.
Zum Glück weniger kostspielig der Transfer der Migranten vom Hafen von Messina
nach PalaNebiolo: 880€ am 5.Mai, 800€ am 17.April, am 20. und 22. September.
Treuhänderischer
Akkord schließlich für den Auftrag zur Anmietung chemischer Bäder anlässlich
einiger Anlandungen an der Mole Colapesce (bezahlt insgesamt 11.000€ an die Milae Medical S.N.C. von La Rosa
Ferdinando); für Arbeiten des Ausladens und Montierens der Ausstattung in der
Kaserne Gasparro di Bisconte (1500€ für die Firma Tecnoimpianti von Minissale Cosimo); für den Kauf von Matratzen für
PalaNebiolo (1.995€ an die Firma Gitto
Antonio); für die Installation elektrischer Anlagen in der
Skandal-Zeltstadt (3.172€ an Mastronardo
Placido Impianti Elettrici).
1
PalaNebiolo – Zeltstadt als Flüchtlingsunterbringung
2
CARA – Centro di accoglienza per richiedenti asilo: Aufnahmezentrum für
Asylsuchende
3
CIE – Centro di Identificazione ed Espulsione:Abschiebungshaft
4
ATI – associazione temporanea d’imprese: zeitweilige Vereinigung von Firmen
5
IPAB – Istituto pubblico di assistenza e benessere: italienische öffentliche
Einrichtung der Wohlfahrt und Unterstützung
6
SPRAR – Sistema di protezione per rifugiati e richiedenti asilo: Schutzsystem
für Asylsuchende und Flüchtlinge, kommunales Aufnahmesystem auf freiwilliger
Basis (keine staatliche Verpflichtung), ca. 3000 – 3500 Plätze in ganz Italien.
Soll zur Integration der Flüchtlinge dienen.
7
GIP – Il giudice per le indagini
preliminari: Richter für einleitende Untersuchungen
Aus
dem Italienischen übersetzt von Rainer Grüber