Das Geschäft mit den Migrant*innen: 143 Tausend Euro am Tag, verwaltet von der Gruppe der Kooperativen
Palermo.repubblica.it – Der Ex-Regionalassessor für Familienangelegenheiten, der Ippocrate di Enna leitet: „Für uns bleiben nur 3€ pro Bewohner*in*.“
Vor dem Tor des ehemaligen Hotels Canguro, zeigen die Bürger*innen von Castell’Umberto mit dem Finger besonders auf sie: Die Kooperativen. „Sie stecken das Geld ein und wir nehmen die Migrant*innen.“ Das ist der Satz, den man hinter vorgehaltener Hand sagt.
Das Geschäft mit der Aufnahme wächst auf Sizilien: Rote und weiße Kooperativen, Politiker*innen, die sich unter die mischen, die schon seit Jahren in diesem Sektor arbeiten. Ein Geschäft von mehr als 143.000€ am Tag, wenn man die 30€, die der Staat täglich für jede/n Bewohner*in eines außerordentlichen Aufnahmezentrums bereitstellt, mit der Zahl der 4791 auf der Insel anwesenden Migrant*innen, so die letzten Zahlen des Innenministeriums, multipliziert.
In dem Örtchen am Nebrodi-Gebirge protestieren die Bürger*innen seit Freitagabend vor dem Ex-Hotel, in dem 50 Asylsuchende beherbergt werden. Das außerordentliche Aufnahmezentrum wird zusammen mit Terra di Mazzarino von zwei der stärksten Unternehmen der Insel verwaltet: Von der Azione Sociale di Caccamo und von der Ippocrate aus Enna des Ex-Regionalassessors für Familienangelegenheiten der MPA*, Paolo Colianni. „Das, was in Castell’Umberto geschieht, ist gelinde gesagt sonderbar. Da gibt es einen Bürgermeister, der protestiert auf einem Gebiet, das nicht zu seinem gehört“, greift der Ex-Politiker an, der auch eine Einrichtung in Cagliari leitet und in seiner Kooperative 50 Beschäftigte hat. „Im Durchschnitt gewinnt man eine Ausschreibung, wenn man den Preis auf 28,50€ senkt. Auf dieser Grundlage ziehen wir 8€ für das Essen ab, 9€ für das Personal, 2,5€ für das Taschengeld, die Rechnungen und die Miete; am Ende bleiben uns 3€ für jede*n Bewohner*in*.“
Auf Sizilien gibt es 105 außerordentliche Aufnahmezentren, um dem Notfall Migrant*innen zu begegnen; dazu kommen noch die SPRAR*. Die Provinz Trapani hat mit 25 Einrichtungen die meisten, gefolgt von Palermo (21) und Ragusa (20).
Giorgio Ruta
*Bewohner – Ospite – Gast/Gastgeber: Im Italienischen werden die Bewohner*innen der Heime „Gäste“ genannt, was aber ein völlig falsches Bild der Einrichtungen gibt. Daher übersetzen wir „ospite“ mit Bewohner*in
*MpA – Movimento per le Autonomie; Autonomiebewegung, Partei auf Sizilien
*SPRAR – Sistema di protezione per rifugiati e richiedenti asilo: Schutzsystem für Asylsuchende und Flüchtlinge, kommunales Aufnahmesystem auf freiwilliger Basis (keine staatliche Verpflichtung), ca. 3000 – 3500 Plätze in ganz Italien. Soll zur Integration der Geflüchteten dienen
Übersetzung aus dem Italienischen von Rainer Grüber