PalaSpedini in Catania in 24 Stunden belegt und geräumt

282 Migranten, die gestern vom Patrouillenschiff der Marine Borsini gerettet worden waren, wurden gegen 17 Uhr in die ehemalige Turnhalle PalaSpedini in Catania gebracht, um von dort aus weiter in andere Zentren Ostsiziliens verteilt zu werden. Es handelte sich jedoch nur um einen kurzen Aufenthalt, wie ich selber feststellen konnte, da ich heute morgen gegen 10:30 Uhr dort war.
Ich bemerkte sofort einen Wagen der Carabinieri, der auf dem Platz davor geparkt war und von syrischen Familien umringt wurde, die sich grüßten und verabschiedeten und mit ihrem Gepäck, darunter wenige Lebensmittel und einige Plüschtiere in den Händen der Kleinsten, Richtung Via Giuseppe Fava zogen. „Wo gehen sie hin?“, frage ich zwei Frauen, die mich lächelnd ansehen. „Nach Mailand, alle nach Mailand!“ Richtung Bahnhof. Sie sind organisiert, es scheint, als wüssten sie, wo sie langlaufen müssen.“Wir können sie nicht aufhalten“, erklärt mir einer der Ordnungshüter, „sie haben keinen Asylantrag gestellt und wollen das auch nicht, jedenfalls nicht hier.“ Der Zug gen Norditalien und weiter in den Norden Europas ist mittlerweile seit einigen Monaten tägliche Praxis. Am Bahnhof von Mailand wurden von der Kommune zwei Empfangstische mit der Aufschrift „Notstand Syrien“ aufgestellt.Der Bahnhof von Catania füllt sich immer wieder mit Syrern, die darauf warten, den direkten Zug in die lombardische Hauptstadt zu nehmen. Das konnte ich auch gestern am späten Nachmittag selber beobachten, als ich mich mit einigen Männern auf der Rasenfläche vor dem Bahnhof unterhielt, die dort ausgestreckt lagen und erst vor ein paar Tagen in Pozzallo angekommen waren.
Die Turnhallo ist nun fast leer: die letzten Familien sammeln ihre persönlichen Habseligkeiten zusammen, grüßen die Freiwilligen und versuchen die müdesten Kinder zu überzeugen, wieder aufzubrechen. Ein junger Syrer hält mich auf, er schaut mich verzweifelt an: seine Schwester ist schwanger und wurde gestern in ein Krankenhaus und dann in eine Einrichtung im Zia Lisa Viertel der Stadt gebracht, aber niemand hatte ihnen erklärt, wie man da hinkommt. Er könne ohne sie nicht fahren. Ich gebe ihm mithilfe eines Mitarbeiters des CARAs von Mineo, der hier als Dolmetscher anwesende ist, einige Informationen. Der junge Mann erklärt mir, dass schon gestern gut 40 Personen die PalaSpedini verlassen haben, unter ihnen auch einige Somalier und Gambier die eigentlich nach Mineo hätten gebracht werden sollten. Er geht mit den letzten Verbliebenen hinaus. Zurück bleiben herumliegende Matratzen und leere Wasserflaschen.

Beatrice Gornati
Borderline Sicilia Onlus

Aus dem Italienischen von Judith Gleitze