Die einzige Sicherheit: Förderung von Mafia und Schattenwirtschaft
Am Donnerstag, den 25. Juli, als die Nachricht vom letzten schrecklichen Massaker auf See verbreitet wurde, genehmigte die Abgeordnetenkammer den Sicherheitserlass (decreto di sicurezza bis).
Während etwa 100 Menschen von den Wellen in die Tiefe gezogen wurden, erklärten die italienischen Abgeordneten der Seenotrettung den Krieg und befleckten unvergesslich die Institutionen und die gesamte Republik. Es ist der Faschismus im italienischen Stil des neuen Jahrtausends, es ist die totale Entmenschlichung und die endgültige Auflösung dessen, was von den demokratischen Institutionen übrig geblieben ist, wie sie von den Konstituent*innen konzipiert wurden.
In diesen Tagen gibt es – ohne jeglichen Medienaufschrei – Nachrichten über verschiedene Fälle von Betrug und Ausbeutung von Migrant*innen.
Dynamiken und Mechanismen, die es schon immer gab, aber heute auch noch durch Sicherheitsverordnungen ermöglicht werden können. Das erste Dekret, das im Dezember letzten Jahres in ein Gesetz umgewandelt wurde und das Aufnahme- und Schutzsystem abschaffte, ist ein Geschenk des Himmels für Mafias, Kriminelle, Ausbeuter*innen und natürlich für den florierendsten Wirtschaftssektor: die Schattenwirtschaft. Die Aufhebung des humanitären Schutzstatus und die daraus resultierende Notwendigkeit, die Aufenthaltserlaubnis in eine Arbeitserlaubnis umzuwandeln, haben zu einem Anstieg des Verkaufs von Arbeitsverträgen, Aufenthaltsorten und falschen Pässen geführt, wie zu Zeiten der Amnestien.
Unsere Wirtschaft braucht Sklaven
Und wer nicht bezahlen kann, muss durch Barackenstädte, Bahnhöfe und Landgegenden wandern, bis die Kräfte den erschöpften und gedemütigten Körper halten. Wie Moussa, ein 50-jähriger Mann, der seit sieben Jahren in Campobello di Mazara lebt und von dem großen Olivenbesitzer, aber auch vom kleinen Bauern, ausgebeutet wird; von Politiker*innen, der Präfektur und den Gewerkschaften ignoriert wird, die die Arbeiter*innen schützen sollten. Stattdessen wird auch in diesem Jahr der*die Arbeitgeber*in geschützt: Er*Sie wird es immer sein, der*die gefördert wird indem er*sie Grundrechte verweigert, wie Unterkunft und Verpflegung. Die Präfektur von Trapani führt mit ihrer Expertenkommission – zu dem sie keine lokale Organisation eingeladen hat – die Linie des letzten Jahres fort, und zwar: „Ich will nichts wissen. Das Wichtigste ist, dass man niemanden sieht.“ So werden die Migrant*innen wieder in Zelten auf dem Land der Arbeitgeber*innen untergebracht, die keine Dienstleistungen erbringen um die eigenen Kosten zu verringern.
Es ist, als würden man die Migrant*innen den Libyer*innen übergeben, so sieht man sie nicht einmal auf See oder bei Folterungen sterben. Mit der gleichen Logik geben wir den Vorarbeiter*innen alles, um die Rolle der Arbeitgeber*innen zu spielen. Sehr wenige Kontrollen („Ich sehe nichts, also weiß ich nichts.“) und, bei den wenigen, die es gibt, erfolgt vorher ein Telefonanruf. Auch in Campobello, wie in anderen Gebieten, hat die Goldjagd begonnen und auch diesmal werden Personen, die mit dem Aufnahmesystem zu tun haben, gute Samariter*innen spielen, die – gegen hohe Gebühren – Einrichtungen und Dienstleistungen zur Unterstützung der Arbeiter*innen zur Verfügung stellen.
Hinzu kommt die Verschwendung öffentlicher Gelder für angebliche Landrückbau- und Sanierungsarbeiten in Gebieten wie Fontanedoro.
Geldregen für Menschenhändler*innen
Während die Köpfe der Menschen mit Kreuzzügen gegen NGOs bombardiert werden, machen Menschenhändler*innen weiterhin Geschäfte und werden dank der italienischen und europäischen Gesetze reich, wie die jüngsten Ankünfte in Lampedusa und an der Küste von Agrigento zeigen.
Geld, das auch die Menschenhändler*innen an Land erreicht, die immer mehr Menschen helfen, Italien zu verlassen, wo niemand mehr bleiben will. Selbst die sehr Jungen, kaum angekommen, geben sich in die Hände der Menschenhändler*innen: es reicht, sich die Zahlen derjenigen anzusehen, die die Zentren für Minderjährige auf Sizilien verlassen.
Der Dublin-Vertrag bringt Tausende von Menschen nach Italien zurück: 2018 waren es etwa 6.000, und die Tendenz dürfte in diesem Jahr steigen. Andere sind unsichtbar, leben verlassen auf der Straße inmitten von Unbehagen und Verzweiflung, während italienische Politiker*innen Treffen auf europäischer Ebene desertieren, um in die bestehenden Mechanismen der Verteilung und Verlagerung einzugreifen.
20 Euro am Tag
Und während wir mit Moussa in der alten Anlage von Erbe Bianche spazieren gehen – wo 1.800 Arbeiter*innen kampierten und dann vertrieben wurden, weil dort eine archäologische Stätte entstehen sollte – treffen wir einen alten Mann aus der Gegend, der sich an meinen schwarzen Freund wendet und sagt: „Endlich ist es friedlich, wir haben nicht mehr den Mist, den es vorher gab, endlich können wir einen Stuhl vor die Tür stellen und heiter sein.“
Moussa antwortet mit großer Würde und Entschlossenheit: „Heute seid ihr glücklich, eine Müllhalde zu sein, anstatt Menschen als Nachbar*innen zu haben, jetzt protestiert ihr nicht?“
Und der alte Mann setzt nach: „Nein, im Gegenteil. Besser dieser ganze Müll, so könnt ihr keine Zelte aufschlagen.“
Moussa nimmt meine Hand und gibt mir ein Zeichen weiterzugehen. Und er sagt zu mir: „Wir sind schwarz, afrikanisch, stolz auf das, was wir sind. Unter uns gibt es Dorfvorsteher*innen und Menschen mit einer Kraft und Würde, von denen viele, die hinter uns her schreien, nur träumen können. Wir sind uns der Schwierigkeiten und ungerechten Gesetze bewusst, und wir wissen das in den meisten Fällen bereits bevor wir ankommen, aber wir entscheiden uns nicht zu gehen, wir sind gezwungen, wir wollen keine Arbeit stehlen, wir wollen nur am Leben bleiben, wir wollen nicht sterben. Aber jetzt wird es hier schwierig, viel zu schwierig. Jeder Ort, an dem ich war, hat mir etwas genommen, und Italien hat mir den Gnadenstoß gegeben und mir auch noch meine Würde genommen. Weißt du, was es bedeutet, auf die Toilette zu gehen, ohne eine Toilette zu haben? Nein, ihr könnt euch auch das nicht einmal vorstellen, genauso wie es der alte Herr, der mich gerade angebrüllt hat, es sich nicht vorstellen kann. Aber sag ihm, dass ich nichts von ihm will. Ich habe einen Traum und ich hoffe, dass ich ihn verwirklichen kann: zu leben, damit ich nach Hause zurückkehren kann, weil ich es nie in der Welt verlassen hätte, weil das Zuhause das Zuhause ist, wo es Zuneigung und Unterstützung gibt. Ja, eines Tages will ich nach Hause zurückkehren.”
Moussa muss jedoch warten, denn im Moment gibt es keine Schlepper*innen, die die Rückreise anbieten, weil es niemand finanziert, aber wenn dieser Verkehr auch Geld schaffen kann, dann werden die Politiker*innen auch diese andere Route ermöglichen, denn alles hängt nur vom Geld ab.
Alberto Biondo
Borderline Sicilia
Übersetzung aus dem Italienischen von Gabriella Silvestri