Bericht aus Lampedusa
Wir sind mittags auf Lampedusa angekommen. Beim Mittagessen mit dem Verein Askavusa haben wir von Mitarbeitern der IOM [Internationale Migrationsorganisation] erfahren, dass um ungefähr 14 Uhr ein Boot mit Flüchtlingen angekommen ist.
Sofort sind wir zu Fuß Richtung Hafen aufgebrochen, doch waren bereits alle vom Handelshafen weggebracht worden. So sahen wir bloß noch ein leeres Boot. Laut IOM handelte es sich um insgesamt rund 421 Personen: 123 seien mit ihrem Boot angekommen, 298 auf einem Schnellboot der Guardia di Finanza. Wenig später haben uns Mitarbeiter der MSF [Ärzte ohne Grenzen] erzählt, dass gegen 18 Uhr die Ankunft eines weiteren Bootes erwartet wird, aber bereits um 17 Uhr haben wir vom Belvedere aus, unterhalb der Dienststelle der Küstenwache, beobachtet, wie die Guardia di Finanza im Handelshafen etwa 40 Migranten an Land brachte, ihrer Herkunft nach wohl aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Später haben wir ermittelt, dass es sich insgesamt um 130 Personen handelte, die von Libyen aus gestartet waren. Insgesamt waren es heute 1029 Menschen, in fünf Anlandungen. Gestern, am 30. April 2011, erreichten 360 Menschen die Insel am Vormittag direkt in ihren Booten. Im Verlauf des Tages waren weitere Anlandungen registriert worden, durch die die Zahl der Flüchtlinge an diesem Morgen auf mehr als 2000 stieg. (Siehe hierzu http://tv.repubblica.it/italia/barcone-lancia-sos-malta-non-interviene-sbarco-a-lampedusa/67337?video .)
Am Nachmittag wurden in maltesischen Gewässern rund 700 Menschen geborgen, die von Libyen aus gestartet waren; italienische Schnellboote kamen ihnen zu Hilfe, weil Malta sich geweigert hatte einzugreifen. Nach der Rettungsaktion wurden die Flüchtlinge direkt auf das Marineschiff «Flaminia» umgeschifft, wo sie die Nacht verbrachten. Von der IOM erfuhren wir, dass auf dem Schiff keine Identifikation der Flüchtlinge vorgenommen wurde und dass medizinisches Personal der ASP aus Lampedusa an Bord war. Die anderen gestern im Laufe des Tages Angekommenen wurden abends in die Aufnahmezentren der Insel gebracht. Nur dem schlechten Wetter war es zu verdanken, dass sie die Nacht nicht auf dem Militärschiff verbrachten. Heute früh wurden weitere rund 800 Menschen auf die «Flaminia» geleitet. Am Nachmittag ist das Schiff Richtung Porto Empedocle ausgelaufen, wo es (laut Angaben der Küstenwache) um drei Uhr nachts eintreffen müsste, um rund 200 Personen dort abzusetzen – darunter, wie uns eine Mitarbeiterin der MSF berichtete, Minderjährige – und dann weiter nach Catania zu fahren. Nach Angaben der IOM werden die MigrantInnen in das Aufnahmezentrum von Crotone gebracht. Alle Menschen an Bord der «Flaminia» stammen aus Ländern südlich der Sahara.
Judith und Germana (Forum Antirazzista Palermo)