10 Stunden Feldarbeit für 15 Euro

Von argocatania.org
Für 15 Euro 10 Stunden auf dem Feld zu arbeiten, ist nicht nur in Paternò die Realität (siehe dazu die Untersuchung von M. Barresi, in der Ausgabe der Zeitung La Sicilia vom 24.4.2012), sondern in einem Großteil unseres Landes, vorbehalten für alle ausländischen Arbeitskräfte. Die Modalitäten der Bezahlung sind seit zig Jahren die Gleichen: Um fünf Uhr am Morgen, an vereinbarten Orten, suchen die „Vorarbeiter“ Sizilianer und Ausländer aus, lassen sie auf die Kleinlaster oder Lastwagen steigen, um sie aufs Feld zu bringen. 5 Euro muss der Angeheuerte dem Vorarbeiter dafür geben.
Wer für die Orangenernte von Scordia oder Lentini bezahlt wird, kann entscheiden, ob er sich 20 Euro (für den Tag) oder 50 Cent pro Kiste bezahlen lässt. Für den sizilianischen Tagelöhner beträgt die Bezahlung 40-45 Euro pro Tag.
Ausgewählt wird nach schnell anwendbaren Kriterien: Der „Vorarbeiter“ schaut sich die Muskeln an und betastet sie, er erinnert an die „Leistungsfähigkeit“ und vor allem die Begabung sich nicht gegen dieses System aufzulehnen, auch wenn man nicht ausgewählt wird.
Sie haben versucht sich aufzulehnen, jedoch vergebens: Einige haben sich dem „Movimento dei Forconi“ angeschlossen und gestreikt, aber sie haben lediglich zehn Arbeitstage verloren. Andere haben gedroht die Polizei zu rufen, nachdem sie nicht bezahlt wurden, aber sie wurden daraufhin nur verspottet.

„Unser Leben ist eine Scheiße“, sagt ein Tunesier dem Berichterstatter von La Sicilia, „aber ihr macht hier ebenfalls schlechte Zeiten durch… Bald kommt auch ihr Italiener zum Orangenpflücken hierher, mit dem gleichen Lohn, den sie uns Tunesier geben. Genauso wie ihr jetzt an unserer Seite zum Essen zur Caritas kommt und vorher ekelte es euch an.“

Der Bericht von M. Barresi gibt Zahlen der Gewerkschaften wieder: An die 29.000 Tagelöhner sind in der Provinz Catania registriert, 18.000 sind eigentliche Arbeitskräfte, zu denen man weitere 22.000 Schwarzarbeiter hinzuzählen muss. 98 sind offizielle ausländische Tagelöhner, zu denen wenigstens noch 2000 regelwidrige hinzufügen sind.

Banküberweisungen, die nur einen Teil der geleisteten Arbeit abdecken, falsche Rechnungen, aufgeblähte Lohntüten, sind nur einige der Modalitäten der Ausbeutung, die 50% der Landarbeiter betreffen. Die Kontrollen der Ordnungskräfte und der Arbeitsinspektoren sind intensiviert worden, aber sie brauchen Konstanz und Sichtbarkeit. Vergangenen Freitag hat eine große Demonstration der Gewerkschaften stattgefunden, gegen die Deregulierung der Gutscheine (die Bezahlung erfolgt gegen Gutscheine, die der Arbeitgeber zuvor gekauft hat und die vom Arbeitnehmer einzulösen sind, rg). Und die „Vorarbeiter“ sind immer anwesend, um Vorschriften zu machen und die Bedingungen festzulegen.

Aus dem Italienischen übersetzt von Rainer Grüber