Unter welchen Bedingungen leben die Asylsuchenden im MegaCara von Mineo wirklich?
Nach Monaten absoluter Gleichgültigkeit wurden die Medien in den letzten Wochen auf das Erstaufnahmezentrum für Asylsuchende in Mineo aufmerksam. Es wurden Artikel veröffentlicht, die ausschließlich apologetischen Charakter haben und das Zentrum für seine im europäischen Vergleich exzellenten Bedingungen loben.
Die Situation hat sich aber seit dem Vorjahr, als vom 10. Mai bis zum 27. Juli vier Revolten in drei Monaten stattfanden, die das Ziel hatten, die Bearbeitungszeiten der Anträge zu beschleunigen, nicht wesentlich verändert. Die erste Kommission wurde damals fast zwei Monate nach der Ankunft von 1600 Asylsuchenden eingesetzt, kurz nachdem die erste Revolte stattfand.
Was die Bearbeitungszeiten angeht, hat sich die Situation sogar verschlechtert. Seit September ist nur noch eine Kommission tätig, die durchschnittlich 30 bis 40 Fälle pro Woche bearbeitet. Im vergangenen Sommer wurden etwa doppelt so viele Fälle behandelt. Des Weiteren haben sich Fälle gehäuft, in denen betrügerische Dolmetscher auftraten, die von den Migranten Geld erpressten, um die Kommission weicher zu stimmen. Fast alle Migranten beschwerten sich über mangelhafte Übersetzungen, die teilweise zur Absage des Antrages beitrugen (der Prozentsatz von Ablehnungen übersteigt hier 50%).
Die Lebensbedingungen haben sich, im Vergleich zu den Zeiten, als das Zentrum unter der Verwaltung durch das Rote Kreuz (bis zum 16. Oktober des vergangenen Jahres) mehr und mehr militarisiert wurde, mit der neuen Verwaltung durch die Genossenschaft Sisifo (für das gesamte Jahr 2012 bestätigt) teilweise verändert. Es muss nicht mehr so viel angestanden werden; das Verbot, innerhalb der Häuser zu kochen, wird jedoch aufrecht erhalten (nicht nur die Küchen im Inneren wurden aus „Sicherheitsgründen“ geschlossen, auch die Benutzung der Grillplätze im Außengelände ist verboten). Das Geschäft mit dem Essen (circa 10 Euro pro Kopf) besteht demzufolge weiter, wobei die angebotenen Gerichte nach wie vor Magen-Darm-Störungen verursachen. Mit weitaus geringeren Mitteln könnten sich die Asylsuchenden entsprechend ihren Traditionen und ihrem Geschmack selbst versorgen. Zudem wiederholen sich immer noch Beschlagnahmungen von Essen, das im Inneren hätte gekocht sein können, durch Ordnungskräfte außerhalb des Zentrums.
Der Anschluss des Zentrums an die umliegenden Orte ist weiterhin problematisch, insbesondere, da 2 Euro für Hin- und Rückfahrt verlangt werden, und die Asylsuchenden für rund sechs Monate, von März bis Oktober, von der verantwortlichen Leitung das ihnen zustehende Geld nicht erhielten. Die durch diese willkürlichen Sparmaßnahmen verursachte Not unter den Migranten beinhaltet auch das Problem, dass die Asylsuchenden die Gebühren für die Aufenthaltsgenehmigung nicht bezahlen können. Seit einigen Monaten ist ein kostenloser Bus im Einsatz, der über 50 Plätze verfügt und nur einmal morgens fährt. Diese Umstände zwingen die große Mehrheit, die 11km bis Mineo zu Fuß zurückzulegen.
Seit Monaten gibt es nun keine Proteste mehr (im vergangenen August wurden Hunderte Migranten „auf freiwilliger Basis“ in andere Zentren verlegt), was aber nicht bedeutet, dass die Flüchtlinge damit zufrieden sind, auf unbestimmte Zeit in einem ‘Luxuslager’ geparkt zu sein. Auch stellt sich die Frage, warum als Aufnahmezentrum eine private Anlage der Firma Pizzarotti aus Parma gewählt wurde, für die im Jahr circa sechs Millionen Euro gezahlt werden müssen.
In Sizilien wurden im Zuge der Ereignisse in Tunesien und Libyen des vergangenen Jahres Aufnahmezentren eingerichtet, in denen klientelhafte Beziehungen herrschen und die von Anfang an zum Scheitern verurteilt waren. Sie werden häufig durch inkompetentes Personal verwaltet, das lediglich am Geschäft interessiert ist. Die Asylsuchenden würden es vorziehen, diese Zentren zu verlassen, in der Hoffnung, im MegaCara Mineo bessere Bedingungen vorzufinden.
Zur Zeit leben in Mineo über 1900 Migranten, von denen die Mehrheit entweder Widerspruch gegen die Ablehnung eingelegt hat bzw. seit Monaten im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung (Internationaler Schutz bzw. Humanitärer Schutz) ist. Oft berücksichtigt die Ablehnung nicht, dass das letzte Transitland der Migranten Libyen war, sondern ausschließlich die Bedingungen im Herkunftsland. Auf diese Weise werden tausende Asylsuchende zu Geiseln der inhumanen Politik des „Krieges gegen Migranten“ des ehemaligen Ministers Maroni.
Die derzeitige Regierung, die im wesentlichen die Politik der alten weiterführt, fährt fort, für diese Politik der Segregation, die sich nicht nur in den Zentren für Identifikation und Abschiebung, sondern auch in den Erstaufnahmezentren und normalen Aufnahmezentren (CDA) zeigt, öffentliche Gelder zu verschwenden, und zwar in Zeiten, in denen im sozialen Sektor massiv gekürzt wird. Selbst Lampedusa wird unverantwortlicherweise immer noch als ‚unsicherer Hafen’ bezeichnet. Nach der Winterpause gehen die Rettungsoperationen auf offener See wieder los; es sind die ersten Toten zu verzeichnen.
Nach den Hoffnungen des arabischen Frühlings und der Tragödie des neokolonialen Krieges in Libyen des vergangenen Jahres, rufen wir dazu auf, die Petition zu unterzeichnen, die eine Aufenthaltsgenehmigung für alle Asylsuchenden fordert, die aus Libyen kommen (Lesen Sie hier: meltingpot.org) und die Mobilisierung für ihr Recht, sich eine Zukunft jenseits von Krieg und Rassismus aufzubauen, zu unterstützen.
Antirassistisches Netzwerk Catania