Internationaler Flüchtlingstag: „Aufnahme nicht nur im Süden“

Die Feierlichkeiten zum Internationalen
Flüchtlingstag, dem 20. Juni, finden in diesem Jahr zu einer besonderen Zeit
für unser Land statt: 50.000 Menschen sind vom 1. Januar bis heute an den
Küsten Siziliens an Land gegangen. Die Operation Mare Nostrum hat Flüchtlinge
aus vielen Ländern der Welt und von unterschiedlichen Kontinenten im Mittelmeer
aufgegriffen und bis zu den Häfen gebracht.

Die Häfen und Städte Siziliens haben Italien zur
Aufnahme der Flüchtlinge angehalten, die in Italien und Europa ankommen. 50.000
Menschen und Familien ließen – trotz verhaltener und überschaubarer Zahlen für
ein Land mit 8.000 Kommunen und 60 Millionen Einwohnern – den Mangel eines
geregelten nationalen Aufnahmesystems für Menschen Familien, und nicht begleitete
Minderjährige zutage treten. Ebenso zeigte sich das Fehlen gemeinsamer
Richtlinien für den Ablauf der Eingliederung der Flüchtlinge mithilfe der
dazugehörigen finanziellen Mittel.

Die Stiftung Migrantes erklärt: “Ein solches System sollte einen nationalen
Tisch sowie regionale Tische des Einvernehmens vorsehen (an denen
Freiwilligenorganisationen sowie kirchliche Träger teilnehmen…) sowie 50.000
Plätze für eine schnelle Aufnahme (10-15 Tage) der Asylbewerber, und diese
nicht nur im Süden, sondern in allen 20 Regionen Italiens. Außerdem sollte eine
zweite Aufnahme in einem erneuerten SPRAR (System zum Schutze von Asylbewerbern
und Flüchtlingen) geregelt sein, die 20.000 bis 50.000 Plätze bereitstellen
kann. Dabei wird bei der Verteilung die freiwillige Auswahl der lokalen Träger
überbrückt, stattdessen werden allen Regionen Plätze zugeteilt, je nach
Bevölkerung, dem BIP sowie dem Einkommen (ISEE).

Ein solches System würde zu einer Überwindung der Improvisation und der Ermessensfreiheit
bei den Vorgängen der Asylbewerbung führen, die zurzeit besteht und die eine
Aufspaltung des Weges der Ankommenden in parallele Systeme bedeutet (einige
kommen ins CARA (für Asylsuchende) und in die außerordentlichen
Aufnahme-Zentren (CAS) oder werden bei Ausschiffung aufgenommen, einige in
landen in einem SPRAR, einige andere nirgendwo).

Auch gibt es keine Gewissheit im Hinblick drauf,
wann der Antrag in der Territorialkommission berücksichtigt wird (manchmal
behelfsmäßig), je nach dem, ob die Asylbewerber in ein SPRAR eingegliedert
sind, ob sie einen Wohnsitz haben, ob sie Probleme bei der Verlängerung der
Krankenversichertenkarte und der Aufenthaltserlaubnis haben, ob sie nach der
Anerkennung durch die Kommission in ein FER-Projekt oder ein anderes
aufgenommen werden oder ob sie in einem besetzten Haus oder inmitten der Straße
landen würden (Schwarzarbeit, Ausbeutung durch Arbeit und Asylsuchende als
Opfer von Vereinigungen des Menschenhandels etc…).

Wenn Italien schließlich ein Asylsystem hat – eines, das wir weder 1954 geschaffen
haben, als wir die Genfer Konvention unterschrieben haben, noch mit dem
Inkrafttreten der Dublin-Verordnung von 2002 geregelt haben; wir wurden von
Europa gezwungen, das SPRAR-System zu schaffen, das jedoch immer mit
Unterbesetzung zu kämpfen hat und im Hinblick auf die tatsächlichen Bedürfnisse
zu knapp gefasst ist – werden wir in der Lage sein, damit
zu beginnen, Europa um eine Überwindung der Dublin-Verordnung zu bitten, sodass
die Raten für jedes Land aufgrund von objektiven Kriterien stabilisiert werden.

Die dramatische Situation der Asylbewerber und Flüchtlinge, die in Italien
leben, fordert in Europa eine größere Mithilfe bei den Rettungsoperationen im
Meer, die mit Mare Nostrum vorangetrieben worden ist, doch dies reicht nicht
aus. Es ist außerdem vonnöten, dass Italien den Programmen des Resettlements
zustimmt sowie der europäischen Politik, um die humanitären Kanäle zu öffnen
und um die Menschen und Familien, die aus ihrem Land fliehen müssen, nicht in
der Hand von Menschenhändlern zurückzulassen.

Migrantes formuliert an diesem internationalen Flüchtlingstag
den Wunsch, dass 2014 das Jahr für Italien sein sollte, das den Übergang von
einer Situation des Schutzes in Ermessensfreiheit zu einem einzigen,
vorprogrammierten und einheitlichen System ermöglicht. Dieses sollte dabei
helfen, Ängste und Ungewissheit zu überwinden und neue Impulse für die
Wiederherstellung des internationalen Schutzes geben. Das
Wachstum und die Entwicklung unseres Landes ergeben sich auch aus dem Wachstum und der
Entwicklung von Systemen und gemeinsamen
Schutzprogrammen und der Wertschätzung von
Migranten.

Aus dem Italienischen von Sophie
Muerman