Abschied von den Opfern des letzten Schiffbruchs, im Krankenhaus von Lentini. Überlebende abwesend

Im Kongresssaal des Krankenhauses von Lentini (Provinz Siracusa) fand heute eine interreligiöse Beerdigungsfeier, im Gedenken an die 24 Opfer vom vergangenen 26. August, statt. Die Toten, unter ihnen ein zwei Monate altes Neugeborenes, wurden aus dem Meer geborgen und in den Hafen von Augusta gebracht.
Als ich um ungefähr 11.30 Uhr die Treppen zum Haupteingang des Krankenhauses hochlaufe, ist die Zeremonie, welche auf 11.00 Uhr angesetzt war, gerade zu Ende. Im Vorraum der Kapelle sprechen die erschienen lokalen Verantwortlichen und Ordnungskräfte miteinander. Die Särge blieben im Kühlraum des Krankenhauses, wo sie am Tag der Ankunft hingebracht wurden. Von den Überlebenden keine Spur. „Sie sind mit der Identifizierung der Leichen beschäftigt,“ erklärt Giuseppe Sindona, Leiter der Area IV (Zivilrecht, juristischer Status der Migranten, Einwanderung und Asylrecht) der Präfektur von Siracusa. „Wir sind dabei ihnen persönliche Gegenstände der Opfer zu zeigen in der Hoffnung, dass sie Verwandte und Freunde wiedererkennen.“ „Zwar ist die Identifizierung im Gange, jedoch erweist sich die Wiedererkennung anhand der Fotos als schwierig,“ berichtet Kheit Abdelhafid, Imam der Mosche der Barmherzigkeit in Catania. Er hat die muslimische Bestattungszeremonie im Krankenhaus durchgeführt. „Gestern hat mir ein Mann erzählt, dass er beim Unglück seine Frau und seine vier Kinder verloren hat,“ fährt Abdelhafid fort. Unvergesslich auch die Geschichte der kleinen Haya; ein Syrer hat sie im Meer gerettet und sich während der Fahrt auf der Fiorillo, einem Schiff der Küstenwache um sie gekümmert, in der Hoffnung sie an Land in die Arme ihrer Eltern legen zu können.
Laut Giuseppe Sindona von der Präfektur befinden sich einige der Überlebenden in den Zentren ‚Le Zagare‘ von Città Giardino, in Melilli und im ehemaligen Schulgebäude Umberto I in Siracusa. 150 weitere Personen wurden per Charterflug nach Milano Malpensa (Mailand) gebracht. Die Leichname der Opfer werden, sobald die Identifizierung abgeschlossen ist, in den angrenzenden Gemeinden beigesetzt. Je nach Verfügbarkeit werden zehn nach Sortino, fünf nach Siracusa, drei nach Priolo Gargallo, drei nach Melilli und zwei nach Augusta überführt werden. Der leblose Körper des Neugeborenen soll nach Solarino gebracht werden.
Während ich mich zum Ausgang des Krankenhauses begebe, frage ich mich ob es richtig ist den Überlebend einen letzten Abschied von Angehörigen und Freunden zu verweigern, um bürokratische Abläufe zu beschleunigen.

Beatrice Gornati
Borderline Sicilia Onlus

Aus dem Italienischen von Elisa Tappeiner