Ebolapsychosen, in Pozzallo rebellieren Eltern an Schulen gegen immigrierte Kinder
aus La Repubblica
von GIORGIA RUTA
An der Mittelschule Antonio Amore in Pozzallo flüstert jemand, dass „die Schüler reifer seien als ihre Eltern“. Tatsächlich haben selbst die Kinder die Sorgen ihrer Mütter und Väter nicht verstanden, als diese wutentbrannt im Direktorat der Schulleiterin Mara Aldrighetti erschienen. Sie hatte den Fehler gemacht und ein Projekt mit den Kindern des Aufnahmezentrums in Pozzalla organisiert. „Wir wollen die ärztlichen Atteste der Kinder sehen, die hier an die Schule kommen“, forderten am Dienstag einige Eltern. Die Sorgen vor Ebola erreichen die Schulen.
Am Montag fand ein Treffen des Projekts „Ich versetze mich in deine Lage“ (ital. „Mi metto nei tuoi panni“) statt, bei dem junge in Pozzallo gestrandete Immigranten auf die Schüler treffen. „Wie hatten nie Probleme“, erzählt die Schulleiterin. „Ich verstehe die Sorgen der Eltern, vor allem mit Blick auf die aktuellen Meldungen. Aber wir haben bei allem stets die Vorschriften eingehalten. Laut der Protokolle werden die Kinder regelmäßig untersucht. Das erste Mal, sobald sie am Hafen von Pozzallo ankommen“, versichert Aldrighetti. Die beruhigenden Worte der Schulleiterin waren nicht ausreichend für die Eltern und so haben sie sich mit ihrem Anliegen auch an den Bürgermeister, Luigi Ammatuna, gewandt. „Es ist eine sehr schöne Erfahrung, die wir hier an der Schule machen. Letztes Jahr begann alles mit ersten Anzeichen der Intoleranz gegenüber den Migranten. Es herrschte ein ungutes Klima in Pozzallo. Und so dachten wir uns, dass die einfachste und beste Lösung die wäre, die Kinder mit den Migranten zusammenzubringen und sie bekannt zu machen“. Die Reaktion der Jugendlichen war sofort enthusiastisch: bei dem ersten Treffen überhäuften sie sie mit Fragen: „Warum seit ihr hier?“, „Warum flüchtet ihr?“, „Wie seit ihr hier her gekommen?“. Die Jugendlichen organisierten außerdem ein Fußballspiel, „das beste Mittel um sich kennenzulernen“, sagt die Schulleiterin.
Als am Mittwoch das Treffen ausfiel, kamen die Schüler ins Büro der Schulleiterin und verlangten eine Erklärung. „Warum sind sie nicht hier?“, fragten sie. „Damit dies klar ist, ich kann die Eltern verstehen und ich weiss, dass sie keine bösen Absichten haben. Aber in Pozzallo funktioniert eine derartige Argumentation nicht: hier leben viele Menschen, die auf der ganzen Welt unterwegs sind, weil sie auf Seeschiffen arbeiten. Wir müssten dann alle in Quarantäne stecken“, erklärt Aldrighetti und sucht dabei nach den richtigen Worten.
Sie hat ganz langsam diesen Grenzort kennengelernt. Sie wurde in Verona geboren und hat bis vor zwei Jahren im Veneto unterrichtet, als sie dann einen Antrag gestellt und ihre Tätigkeit in Pozzallo aufgenommen hat. „Ich habe mich dazu entschieden, weil ich ein bisschen Meer und Sonne wollte. Aber ich habe viel mehr bekommen. Hier habe ich die große Chance bekommen, an einem Ereignis teilzuhaben, das ich sonst nur aus der Ferne beobachten konnte“. Und dieses Ereignis erlebt sie nun ganz persönlich: seit September ist sie Kulturreferentin und vor einigen Tagen wurden ihr die Minderjährigen des Zentrums in Pozzallo anvertraut. „Wir packen das“, lächelt sie.
Die Vereinigung Boderline Sicilia spricht Unterstützung für die Direktorin Mara Aldrighetti und für deren Engagement und wichtige Arbeit mit den Jugendlichen der Schule und einigen der Einwandererkinder aus. Da wir selbst an einem der Treffen teilgenommen haben, kennen wir die positive Wirkung dieser Art von Tätigkeit, die einer der wichtigsten Wege ist, um zu verhindern, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit die Oberhand in unserem Land gewinnen.
Aus dem Italienischen von Carmen Nitsche