In Piana degli Albanesi stimmt was nicht
Als der „Notstand Nordafrika“ begann, gehörte die kleine Gemeinde in der Provinz Palermo zu den ersten, die Migranten, die an den Küsten Lampedusas angelandet waren, aufgenommen hat. Verschiedene Hotels, Unterkünfte für Urlaub auf dem Land und Stationen der Caritas wurden zu außerordentlichen Zentren der Aufnahme; und viele Männer und Frauen waren in Piana untergebracht.
Wie wir schon mehrmals geschrieben haben, hat es an Problemen in dieser Gemeinde nie gemangelt: Von der Anzahl der öffentlichen Telefonzelle im Ort (es gibt nur eine), über das Fehlen von Sozialarbeitern im Personalbestand der Gemeinde, aber vor allem ein ungeeigneter Bezirksarzt und eine Bevölkerung in fortgeschrittenem Alter und konservativ, die wenig geneigt ist zum Dialog und zur Veränderung.
Seit 2011 sind die Geldzuwendungen, die zuerst der Zivilschutz und dann die Provinzregierung verteilt haben, die gleichen geblieben; aber sie haben jetzt aus dem Phänomen der Migration ihr Geschäft gemacht.
So viele Proteste, Streiks, Klagen über die Bedingungen in den Zentren, über die Bedingungen in der Gemeinde; im Laufe der Jahre haben wir ein bisschen von allem gesehen und gehört: Angefangen bei dem Mangel an Kleidung, über das Essen von schlechter Qualität, bis zum Fehlen von Aufmerksamkeit und Mediation und offensichtlich, die äußerst lange Zeit an einem Ort zu verbleiben, an dem die Integration schwierig ist und an dem es gar keine Aktivität gibt.
Die letzte Geschichte stammt aus diesen Tagen, in denen die Gäste des Zentrums San Giorgio, das von der Kooperative La Fenice verwaltet wird, in den Hungerstreik getreten sind. Die Asylsuchenden haben uns anrufen wollen, um uns über den friedlichen und stillen Protest zu informieren.
Die Kooperative La Fenice hat sich zuletzt dadurch ausgezeichnet, dass sie ihren eigenen Gästen wenig Aufmerksamkeit entgegenbringt, und nicht allein denen von Piana degli Albanesi; sie verwaltet noch ein anderes Zentrum in San Giuseppe Jato, und auch dort hatten die Gäste in der Vergangenheit verschiedene Klagen.
Die Gründe für den Hungerstreik sind vielfältig: Vor allem das Fehlen von Kleidung, die den Temperaturen in Piana angemessen ist. Es mag den meisten seltsam erscheinen, aber wir versichern euch, dass wir, als wir vor einem Monat das Zentrum besucht haben, in Palermo T-Shirts tragen konnten, man aber in Piana eine Windjacke brauchte. Jetzt sind die Temperaturen gesunken und die Kälte wird bedrängender, aber die Betreiber haben nicht dafür gesorgt, Kleidung zu verteilen, die den klimatischen Bedingungen angemessen ist; darüber hinaus wurde im Innern des ehemaligen Hotels die Heizung nicht eingeschaltet.
Das zweite ziemlich wichtige Problem ist die Knappheit des Essens; auch einige Mitarbeiter dort haben bestätigt, dass die Menge im Vergleich zu den Vormonaten verringert wurde und dass die Qualität schlecht sei. Wahrscheinlich entstehen diese Probleme wie immer durch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Betreibergesellschaften, die die fehlende Auszahlung der Bezüge beklagen, die die Präfektur innerhalb höchstens 60 Tagen abführen müsste. Die Präfektur dagegen behauptet, dass die Zahlungen ordnungsgemäß laufen.
Ein weiteres Problem sind die Schwierigkeiten Zugang zum Gesundheitssystem zu bekommen; die Asylbewerber sagen, um eine Untersuchung zu bekommen, müssten sie einen Salto Mortale machen. Leider hat die Kooperative auch im Zentrum San Guiseppe Jato im Blick auf die Behandlung der Gäste wenig Aufmerksamkeit gezeigt.
Schließlich, aber nicht das letzte: Die Aktivitäten sind auf null zurückgefahren worden und folglich ist das lange Warten auf die Kommission unter diesen Umständen wirklich bedrückend. Daher rührt auch die Entscheidung aller circa 80 Gäste, in den Hungerstreik zu treten. Außerdem hat bisher nur ein kleiner Teil ein Datum für die Anhörung, während der größte Teil noch gar nichts bekommen hat.
Die Entscheidung zu protestieren rührt auch daher, dass der Direktor und der Verantwortliche der Einrichtung nicht mit den jungen Leuten reden wollten (oder konnten?), und sie den Mitarbeitern, wie es oft vorkommt, das heiße Eisen überlassen haben.
Wir bringen weiter in Erinnerung, dass in diesem Zentrum, wie wir vergangenen Monat geschrieben haben (Mit wenig Verstand) 10 Minderjährige untergebracht waren, die inzwischen volljährig geworden sind und die jetzt von neuem einen langen Gang durch die Instanzen antreten müssen, um internationalen Schutz zu bekommen. Leider haben wir festgestellt, dass sich noch immer ein Minderjähriger im Zentrum für Erwachsene befindet, ein Minderjähriger, der heute 17 Jahre alt ist, der aber vergangenes Jahr in Piana angekommen ist. Wir haben von neuem Save the children informiert, in der Hoffnung, dass nicht auch er in diesem Zentrum 18 Jahre alt wird sondern schnell in ein für Minderjährige geeignetes Zentrum verlegt werden kann.
Die Migranten im Zentrum San Giorgio haben nach zwei Tagen heute glücklicherweise entschieden, den Hungerstreik auszusetzen, auch weil sich eine Gruppe morgen Vormittag zur Präfektur begeben wird, um eine Erklärung zu verlangen und sich Gehör zu verschaffen.
Alberto Biondo
Borderline Sizilien
Aus dem Italienischen von Rainer Grüber