Migration: Ein Kriegsbericht – mehr als 300 Opfer in vier Tagen
Die Berichterstattung über die Migrationsströme in diesen Tagen in Europa wird zu einem Kriegsbericht. Während in den Medien der ganzen Welt darüber diskutiert wird, welche Terminologie man benutzten sollte, um das Phänomen zu beschreiben (Migranten oder Flüchtlinge), überschlagen sich im Internet die Nachrichten über neue Tragödien, die nicht mehr weit weg von Europa stattfinden, sondern die jeden Tag ein bisschen mehr näher kommen zum Herzen des sogenannten „alten“ Kontinents, der sich wie eine „Festung“ verschlossen hat.
Nach der Nachricht, die nicht nur Österreich, sondern ganz Europa schockiert hat, kommen aus dem Mittelmeerraum weitere Todesnachrichten zu uns. Mehr als 100 Migranten sollen auf dem Weg nach Europa ihr Leben verloren haben. Die Anzahl der Opfer steigt von Tag zu Tag. Nach Zählungen des UNHCR sind schon fast 2.500 Tote zu beklagen.
Auf dem LKW waren syrische Flüchtlinge. Nach und nach werden aus Österreich weitere Details über die Entdeckung des LKWs bekannt, im dessen Inneren die Leichen von 71 Migranten gefunden wurden. Die österreichische Behörde haben gemeldet, dass es sich bei den im Frachtraum eines an der Autobahn abgestellten LKWs gefundenen Leichen – aufgrund von einigen gefunden Papieren – wahrscheinlich um syrische Flüchtlinge handelt. Unter den Opfer waren 59 Männer, acht Frauen und auch vier Kinder. Laut Polizeiangaben ist Erstickung die Todesursache. Ferner wurden drei Personen festgenommen, die in diesem Fall verwickelt sein sollen. „Diese Tragödie unterstreicht die Erbarmungslosigkeit der Schleuser, die den Radius ihrer Aktivitäten vom Mittelmeer auf die Autobahnen Europas erweitert haben – erklärt der UNHCR – Das beweist, dass sie das menschliche Leben absolut nicht respektieren und nur den Profit suchen und zeigt gleichzeitig die Verzweiflung der Menschen, die in Europa Schutz und ein neues Leben suchen. Es bleibt zu hoffen, dass dieser neue Vorfall zu einer starken Kooperation zwischen den europäischen Polizeikräften, den Nachrichtendiensten und den internationalen Organisationen führen wird, um den Menschenhandeln zu bekämpfen und die Opfer besser zu schützen und zu versorgen“.
Mittelmeer, Tragödie ohne Ende
An der libyschen Küste bleibt die Situation weiterhin dramatisch. Laut Informationen vom Roten Halbmond sollen in den letzten Stunden unweit der libyschen Küste, in der Nähe von Zuwara, zwei Booten voll mit Migranten gekentert sein: Man spricht von ca. 450 Menschen am Bord. 198 wurden von Rettungsbooten gerettet, „The Guardian“ berichtet währenddessen, dass ca. 200 Menschen gestorben sind. Diese Nachricht erreicht uns kurz nach der Berichterstattung über einen anderen Schiffbruch im Mittelmeer. Erst vor ein paar Tagen hatte das Patrouillenboot der schwedischen Marine „Poseidon“, das bei den Triton-Operationen mitarbeitet, die Leichen von 52 Migranten im Schiffsraum eines Bootes entdeckt. Die Leichen wurden zusammen mit 571 geretteten Migranten nach Palermo gebracht. Am 15. August passierte, erklärt UNCR, eine ähnliche Tragödie: Im Frachtraum eines Bootes werden die Leichen von 49 Menschen gefunden, die wahrscheinlich an den giften Abgasen gestorben sind. Und am 26. August eine weitere Tragödie: gemäß den Informationen von UNHCR heißt es: „Ein Schlauchboot mit ca. 145 Menschen am Bord hatte Probleme. Einige Menschen sind ins Wasser gefallen und zwei Männer sind hinterher gesprungen, um ihnen zu helfen. In der daraus resultierenden Panik haben die Menschen an Bord angefangen zu drängen und zu schieben und drei Frauen sind zur Tode gequetscht worden. Von den Menschen, die ins Wasser gefallen waren, könnten 18 nicht gefunden werden – man geht daher davon aus, dass sie ertrunken sind. Die Überlebenden sind gerettet und nach Lampedusa gebracht worden, auch das 2 Monate alte Baby einer der gestorbenen Frauen. Die Mehrheit der Überlebenden ist in einem kritischen Zustand und weist Anzeichen von Schock, Verletzungen und Prellungen aus“. So steigt die Anzahl der Opfer in den letzten vier Tagen auf 300 Menschen, aber die Anzahl der Tragödien bedingt durch die Migration, auf dem Meer und auf dem Festland, scheint leider nur noch mehr zuzunehmen.
Die Proteste der Libyer gegen die Menschenhändler
Nachdem die libyschen Küstenwache vor der libyschen Stadt Zuwara 200 Leichen entdeckt hatte, sollen dem Bericht von „The Guardian“ zufolge, mehrere Anwohner der Stadt auf die Straßen gegangen sein, um gegen den Menschenhandel zu protestieren. Diese Demonstration erinnert an die vom Sommer 2014 nach der Entdeckung der Leiche eines im Meer gestorbenen Migranten. Die Berichterstattung kam damals von der italienischen Online-Zeitung Redattore Sociale mit einer Reportage über den Ort, der heute immer noch als einer der wichtigsten Knoten des Menschenverkehrs Richtung Europa betrachtet wird.
Nur mit der Koordination aller involvierten Akteuren kann man die Anzahl der Menschen, die unterwegs nach Europa sind, irgendwie händeln. „Das Mittelmeer bleibt – laut UNHCR -, trotz der Bemühungen der Operation Frontex, die für Migranten und Flüchtlingen gefährlichste Route. Vielen der Menschen, die Südeuropa und besonders Griechenland auf dem Seeweg erreichen, stammen aus Ländern wie Syrien, Irak und Afghanistan, wo Krieg und Gewalt herrschen: Alle benötigen internationalen Schutz und oft sind sie physisch erschöpft und seelisch traumatisiert“. Der UNHCR bittet die Regierungen „um koordinierte Antworten und dass sie mit Menschlichkeit und in Übereinstimmung mit ihren internationalen Verpflichtungen agieren.“ Obwohl die Anzahl der Ankommenden „erdrückend“ und einigen Staaten „überlaufen“ seien, ergänzt der Hohe Kommissariat, dass diese Zahlen nur „mit Antworten, die auf europäischer Ebene koordiniert und gemeinsam getragen werden“ bewältigt werden können. Alle Länder Europas und die Europäische Union müssen zusammen handeln, um den wachsenden Ausnahmezustand entgegenzutreten und Verantwortungsgefühl und Solidarität zu demonstrieren“.
Aus dem Italienischen von Antonella Monteggia