Caltanissetta: Ein Besuch im Behelfslager

Es ist nun schon der dritte Winter, in dem wir die Behelfslager der Asylsuchenden besuchen, die sich in und um den Verwaltungsbezirk Pian del Lago in Caltanisetta aufhalten.
Unser letzter Besuch fand im vergangenen Oktober statt. Die
Lebensbedingungen derer, die gezwungen sind über mehrere Wochen auf der
Straße zu leben, bevor sie Zugang zu einem internationalen
Schutzprogramm erhalten, haben sich durch den Wintereinbruch
verschlechtert.


Foto: Clement Delamotte

Als wir letzten Donnerstag im Zeltlager unter der Straßenüberführung zum Verwaltungsbezirk Pian del Lago ankamen, versuchte sich ein Dutzend Menschen unter Planen an einem ärmlichen Feuer zu wärmen, welches sie zuvor mit ein paar wenigen Sträuchern in einer Tonne angezündet hatten.
Als wir dazu kamen, näherten sich augenblicklich weitere Personen, die durch unsere Ankunft neugierig geworden waren.
Nachdem wir uns vorgestellt und den Grund unseres Besuchs dargelegt hatten, sagten uns die Anwesenden unisono und unaufgefordert, dass sie frieren und hungern, dass sie keinen Zugang zu Wasser und sanitären Anlangen haben.
Auch nach unserer Beobachtung waren die hygienischen Bedingungen vor Ort sehr besorgniserregend. Dies wird sich noch verschlimmern, sobald die warme Jahreszeit einsetzt, da sehr viel Abfall verstreut herumliegt.
Die Lagerbewohner erzählten uns auch, dass bereits viele von ihnen erkrankt sind, dass ihr Zustand zwar derzeit noch stabil sei, eine Verschlimmerung ob der fortdauernden hygienischen Umstände jedoch zu erwarten ist.


Foto: Clement Delamotte

Wir fragen, wer hier lebt und warum. Dabei entsprach die Anzahl und die Wartezeit der Menschen der auch im Oktober 2014 gemessenen: nach ihrer Auskunft sind sie an die Hundert, die meisten leben unter der Straßenüberführung, andere verstreut im Umland. Sie geben an, vorwiegend Pakistaner*innen und Bengales*innen zu sein und auf die Aufnahme in das Asylverfahren zu warten. Wir fragen nach der durchschnittlichen Wartezeit für die Erstregistrierung im Asylverfahren. Die Antwort lautet, dass es im Durchschnitt einen Monat dauert. Das ist dieselbe Zeitspanne wie im Vorjahr, gegenüber unserer Recherchen von vor zwei Jahren aber wesentlich kürzer. Trotzdem bleibt die Situation schlichtweg inakzeptabel. Diese Migrant*innen haben keinen Zugang zu humanitären Einrichtungen, um ihre Grundbedürfnisse zu stillen. Vielmehr leben sie in einem Zustand völliger Verwahrlosung. Sie können nur auf ihre Landsmänner und -frauen bauen, die ihnen etwas von dem Essen bringen, welches in Obdachlosenzentren ausgeteilt wird. Nicht ein einziger der Befragten kannte die Notfall-Nummer für Unglücksfälle.

Giovanna Vaccaro
Borderline Sicilia

Übersetzung aus dem Italienischen von Alma Maggiore