Borderline Sicilia ONLUS

Newsletter BORDERLINE SICILIA – September 2018

  • Neuer Fall von Kriminalisierung der Seenotrettung: Verhaftung und Freilassung von sechs tunesischen Fischern
  • Die Schattenwirtschaft und ihre ausbeuterischen Arbeitsbedingungen
  • Kein Ende der menschenunwürdigen Aufnahme und der unterlassenen Seenotrettung

NEUER FALL VON KRIMINALISIERUNG DER SEENOTRETTUNG: SECHS FISCHER AUS TUNESIEN WERDEN NACH IHRER VERHAFTUNG WIEDER ENTLASSEN 

Am 30. August 2018 wurde in Lampedusa die sechsköpfige Mannschaft eines tunesischen Fischkutters verhaftet. Unter ihnen war Chamseddine Bourassine, Präsident der Organisation „Zarzis le Pêcheur“, die seit dem Beginn der libyschen Revolution im Jahr 2011 unzählige Menschenleben gerettet hat. Die Fischer wurden wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung angeklagt. Sie hatten ein Boot mit 14 Migrant*innen an Bord in italienische Hoheitsgewässer geschleppt.

Die Verhaftung hat in Italien und im Ausland zu Demonstrationen geführt. Darunter auch jene in Palermo und Catania, die von der neu gegründeten regionalen antirassistischen Koordination organisiert wurden, welche die verschiedenen Vereine und Bewegungen der Gegend zusammenbringt. Die Demonstrationen wurden am 21. September abgehalten, dem Tag der Gerichtsverhandlung in Palermo zur Überprüfung und Wiederaufnahme des Verfahrens. Das Gericht hat den Argumenten der Verteidigung stattgegeben und die Angeklagten aus der Haft entlassen.
http://localhost:81/newbordde/die-mannschaft-eines-tunesischen-fischerbootes-wurde-in-italien-festgenommen-waehrend-sie-auf-dem-meer-hilfe-leistete/

DIE SCHATTENWIRTSCHAFT UND IHRE AUSBEUTERISCHEN ARBEITSBEDINGUNGEN

Im Herbst finden in Sizilien die wichtigsten Ernten statt – die der Trauben und Oliven. Wie jedes Jahr werden uns die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen der saisonalen Arbeitskräfte, vor allem der Migrant*innen, vor Augen geführt. Um diese Missstände zu analysieren, hat Borderline Sicilia in Marsala, mit der Unterstützung der Middlesex University, eine Konferenz über die Schattenwirtschaft und die Ausbeutung der Arbeitskräfte durchgeführt. Akademiker*innen, Vertreter*innen verschiedener Institutionen, Journalist*innen, Organisationen und Migrant*innen haben über die Thematik und mögliche, konkrete Maßnahmen gegen die Ausbeutung in der Schattenwirtschaft und über die prekären Arbeitsbedingungen während der Saisonarbeit diskutiert.

Die Berichte darüber, was dieses Jahr im Erntegebiet um Trapani geschieht, gleichen denen der früheren Jahre: es werden Notlösungen gefunden, während ausgebeutet wird und im Verborgenen bleibt, was nicht an die Öffentlichkeit soll. All das geschieht unter dem Sicherheitsdekret von Innenminister Salvini, das auf unredlicher Propaganda über eine soziale Realität, die nicht existiert, basiert und den wenigen Rechten, die noch geblieben sind, den Todesstoß versetzt. Damit wird die Grundlage für gravierende soziale Konflikte geschaffen.
http://localhost:81/newbordde/schattenwirtschaften-und-die-ausbeutung-von-saisonarbeiterinnen-theorie-praxis-und-perspektiven-im-vergleich-12-09-in-marsala/
http://localhost:81/newbordde/notfaelle-erfinden-um-rechte-auszuhebeln-und-wahre-probleme-zu-verdecken/

 

KEIN ENDE DER MENSCHENUNWÜRDIGEN AUFNAHME UND DER UNTERLASSENEN SEENOTRETTUNG

Es werden weiterhin Unrechtmäßigkeiten im Betrieb der Aufnahmezentren festgestellt. Borderline Sicilia hat die fehlende Bewegungsfreiheit der Bewohner*innen des außerordentlichen Aufnahmezentrums in Rosolini dokumentiert. Die dortigen Bewohner*innen dürfen das Gebäude nicht ohne Begleitung verlassen, Bestimmungen, die sie ihrer Freiheitsrechte berauben und sie durch Entfernung und Ausgrenzung von der Zivilgesellschaft ausschließen.

Auf dem Mittelmeer werden weiterhin Fälle von unterlassener Seenotrettung registriert – wie am 18. September, zur Rettung eines Gummibootes mit 80 Personen an Bord, als der Besatzung des Flugzeugs Colibrì, den Pilotes Volontaires in einer gemeinsamen Aktion mit Sea-Watch, die Unterstützung verweigert wurde – sowohl von den italienischen Behörden als auch von Cargo-Schiffen in der Nähe (die eine Verweigerung des Einlaufens in einen europäischen Hafen nicht riskieren wollten). Das Boot der Geflüchteten wurde in der Folge durch ein Motorboot nach Libyen zurückgeschleppt, dahin wo es ihnen gelungen war, aus einem Gefangenenlager zu entfliehen. In einem Communiqué klagt Sea-Watch die europäische Union und ihre Mitgliedstaaten an, eine Politik mit tödlichen Folgen zu betreiben.

http://localhost:81/newbordde/das-ausserordentliche-aufnahmezentrum-von-rosolini-asylsuchende-mit-eingeschraenkter-bewegungsfreiheit/
http://localhost:81/newbordde/80-boat-people-vor-libyen-in-seenot-eu-verweigert-hilfe/

 

Übersetzung aus dem Italienischen von Susanne Privitera