Bericht aus Lampedusa
Heute Morgen lässt sich auf Lampedusa im Vergleich zu gestern eine geringere Präsenz von Ordnungskräften wahrnehmen. Es haben viele Geschäfte geöffnet und einige Touristen sind zu sehen; es ist ein schöner Tag, allerdings mit immer noch unruhiger See.
Am Hafen finden kleine Reparatur- und Wartungsarbeiten statt, gleichzeitig werden Boote in den Bereich verfrachtet, in dem bereits die Anderen auf einem Haufen liegen. Heute hat man drei Boote, eines nach dem anderen, mit einem Schlepper dorthin gezogen und mit einem Bagger auf die anderen geworfen. Verrichtet wird diese Arbeit von fünf Männern aus Lampedusa (die allerdings von keiner Firma für diese Arbeit angestellt sind), während vier Heeressoldaten Aufsicht führen; anwesend sind zudem ein Journalist und ein Kameramann der Repubblica. Beim Transport und dem Ablegen der Boote fallen Gegenstände heraus und es kommen Tücher und Decken zum Vorschein. In der Hafenbar hielten sich gegen zehn Uhr heute früh vier Mitarbeiter des INMP (Istituto Nazionale per la promozione della salute delle popolazioni Migranti ed il contrasto delle malattie della Povertà= Institut zur Förderung der Gesundheit von Migranten und zur Verhütung von Armutskrankheiten) und einer des Roten Kreuzes auf. Sie sprachen von der Ankunft des letzten Bootes am Dienstag und von der Nigerianerin mit dem Kind, die ins Krankenhaus Cervello eingeliefert wurden. Außerdem handelte das Gespräch davon, dass es wegen der sehr unruhigen See keine weiteren ankommenden Boote gab und die See sogar so stürmisch war, dass sie nicht einmal das Auslaufen des Schiffs aus Porto Empedocle gestattete. Sie hatten den Anruf des Epidemiologen erhalten, der mit ihnen zusammenarbeitet und der, wie es scheint, sich nur nach Lampedusa begibt, wenn die Landung von Booten ansteht. Gegen Viertel nach zwölf gibt es den ersten von zwei für heute vorgesehenen Abschiebeflügen. Ein Kollege geht zusammen mit zwei anderen Personen zum Flughafen und im ersten Moment lässt man sie passieren. Sie beobachten die Ankunft eines weißen Kleinbusses mit 15 Tunesiern, dann die eines weiteren mit nochmals 15 Tunesiern; wie es scheint, sind (Carabinieri und Flugbegleiter eingeschlossen) rund 50 Personen involviert. Das Flugzeug gehört der Gesellschaft «Jet Tran Air», es ist weiß mit schwarzen Streifen. Im nächsten Moment fragen die Carabinieri unseren Kollegen und die anderen plötzlich, warum sie hier seien und teilen ihnen mit, dass es einem Erlass zufolge niemandem erlaubt sei, sich im Flughafen aufzuhalten. Dann fordert man sie auf, den Beamten bis zu einem Drehkreuz zu folgen, wo man sie identifiziert. Die zweite Abschiebung findet abends gegen 20 Uhr unter entspannteren Bedingungen statt und laut IOM sind hier ungefähr weitere 30 Personen betroffen. Auf Lampedusa verbleiben rund 20 Tunesier, unter ihnen drei Minderjährige. Ich habe erfahren, dass seit gestern durch einen Ministerialerlass die Zeltstädte in Potenza, Santa Maria Capua Vetere, Chinisia und einem anderen Ort, die bisher CAI («Aufnahmezentren») waren, in CIE («Abschiebezentren») umgewandelt werden.
Laura Verducci für das Forum Antirazzista (Antirassistische Forum)