Wichtige Entscheidung des italienischen Kassationsgerichts zu Zurückweisung an der Grenze
Ein Erfolg auch für Borderline Sicilia Onlus, der Verein, der den Prozess mit der Rechtsanwältin Barbara Cattelan aus Turin vor dem höchsten italienischen Gericht, dem Kassationsgericht, angeregt und die Klage eingereicht hatte: Über die Zurückweisungen von Migranten an der Grenze hat ein ordentlicher Richter und nicht das Verwaltungsgericht zu entscheiden.
Das hat das Kassationsgericht im Falle eines tunesischen Migranten entschieden, der vor zwei Jahren nach einer Anlandung auf Lampedusa sofort in Abschiebungshaft genommen worden war. Die Richter haben hier eine juristische Lücke des Bossi-Fini Migrationsgesetzes gefüllt, indem sie Migranten einen vollen Rechtsschutz bei Fällen der Zurückweisung an der Grenze zugestehen. Das Urteil hat die Nummer 15115/13. Die Anwältin des Tunesiers hatte Klage beim Friedensrichter von Agrigento gegen die Zurücksweisung eingereicht, doch dieser hatte die Klage weiter an das Verwaltungsgericht gereicht, da er sich als nicht zuständig erklärte, es handele sich um ein Ermessen der Verwaltung und habe nicht auf dem Tische von ordentlichen Richtern zu landen. Das Kassationsgericht unterstrich nun, dass Menschenrechte nicht von einem Verwaltungsgericht entschieden werden könnten, sonder ein ordentlicher Richter sich der Sache anzunehmen habe (im Falle Italiens ein Friedensrichter). Hätte dieser sich sofort als zuständig erklärt hätte eine Inhaftnahme vermieden werden können. So hatte auch der EGMR im Februar 2012 im Fall Hirsi und andere gegen Italien entschieden – hier waren 24 Flüchtlinge auf See nach Libyen zurückgeschoben worden.Der EGMR hatet der Klage mit der Begründung stattgegeben, niemand dürfe der Folter oder unmenschlicher Strafe ausgesetzt werden.
Judith Gleitze, borderline-europe/Borderline Sicilia Onlus