Die Lage im CARA von Pian del Lago
Vergangenen
Dezember haben wir die gute Nachricht von den zahlreichen Aufnahmen
von Personen, die seit Monaten außerhalb des Aufnahmelagers der
Contrada Pian del Lago campiert hatten, verbreitet. Die
Notunterbringungen wurden in verschiedenen Einrichtungen, verstreut
in der ganzen Provinz Caltanissetta, durchgeführt, und einige der in
Rede stehenden Asylbewerber haben auch im staatlichen Lager von Pian
del Lago „Aufnahme“ gefunden.
Im Verlauf
weniger Tage haben die Verwalter des CARA die Möglichkeit
geschaffen, ungefähr zehn Personen aufzunehmen, obwohl es seit
langem schien, dass sie schon eine Anzahl beherbergen würden, die
über die Aufnahmefähigkeit des Lagers hinausging und obwohl die
Eingänge im Lauf der vorhergehenden Wochen dosiert worden waren.
Daher kann die überraschende Verfügbarkeit von 10 Plätzen im CARA
nicht mit der Anzahl der Gäste, die das Lager in jenen Tagen
verlassen hatten, übereinstimmen.
Wir haben
uns mit einigen Migranten unterhalten und dabei zuerst erfahren, dass
einige der Personen, die nach dreimonatigem Aufenthalt im Biwak
zurück sind, bei ihrer Ankunft im CARA nicht einmal ein zugeteiltes
Bett gefunden haben und die ersten Nächte schlafend auf einer auf
die Erde geworfenen Matratze verbringen mussten. Dazu ist das Leben
in den sechs Containern von Pian del Lago noch härter als gewöhnlich
geworden. Die Zahl der Personen, die darin wohnen, liegt bei 13 bis
16 Gästen, obwohl es eigentlich nur 8, im Höchstfall 10 sein
sollten. Der Zustand der Bäder, von denen wir schon wissen, dass sie
beklagenswert sind, hat sich weiter verschlechtert: Das warme Wasser
ist in den ersten Stunden des Tages verbraucht, viele Duschen sind
kaputt und niemand kümmert sich um ihre Instandsetzung. Um sich eine
warme Dusche zu sichern, gibt es Leute, die um 4 Uhr morgens
aufwachen. Die Bäder sind schmutzig, unbrauchbar und stinkend.
Ein
weiteres strukturelles Problem ist die Innenbeleuchtung der
Container: Wenn eine Neonlampe zerbricht oder verbraucht ist, wird
sie nicht gerichtet oder ersetzt, und man lässt die Gäste im
Dunkeln leben.
Keiner der
Gäste, die Mitte Dezember ins Lager eingezogen sind, hat bis jetzt
irgendein Kleidungsstück erhalten. Zurzeit seien ihnen nur
Plastikbadelatschen ausgeteilt worden (in vielen Fällen kleiner als
ihre Schuhgröße) und ein Set zum Zähneputzen (das für Kinder
gedacht ist). Reinigungsmittel für die persönliche Reinigung wurden
nicht verteilt (wie uns die Gäste seit langem erzählen), sondern
nur Waschpulver für die Wäsche der Kleidung, für die die Gäste
persönlich sorgen müssen, per Hand und in kaltem Wasser, weil es
keinen Wäschereidienst gibt.
Wir haben
einige Gäste getroffen, die seit 3-6 Monaten im Lager leben und noch
keine Jacke für den Winter bekommen haben und nur mit einem Pullover
bekleidet durch die Kälte von Caltanissetta gehen. Sie haben uns
erzählt, dass die wenigen Kleidungsstücke, die ihnen von Zeit zu
Zeit zur Verfügung gestellt werden, oft gebraucht sind und immer in
Größen, die total von den ihren verschieden sind. Beweis für die
Abwesenheit eines Kleiderdienstes sind die Bilder von den Gästen des
Lagers, die mit Säcken voll von Kleidungsstücken und gebrauchten
Decken ins Lager zurückkehren, mit denen sie sich aus
Altkleiderbehältern (jenen gelben, um es klar zu sagen)
versorgt und dabei ihre
körperliche Unversehrtheit riskiert haben (es wäre nicht das erste
Mal in Italien, dass Personen auf der Suche nach Kleidung geköpft in
diesen metallenen Behältern zurückbleiben).
Ein
Mitglied eines Vereins in Caltanissetta hat uns erzählt, dass er
vergangenen Dezember dafür sorgen musste, zwei Jacken
zurückzubekommen, als einige Migranten, die, als sie endlich ihre
Aufenthaltserlaubnis bekommen hatten, an dem Tag, als sie das Lager
verlassen wollten, von den Mitarbeitern von Auxilium (der
geschäftsführenden Körperschaft) aufgefordert wurden, ihre Jacken
zurückzulassen, mit der Begründung, dass die Bekleidungsstücke
Eigentum des Lagers seien.
Im CARA von
Pian del Lago besteht weiterhin die Kritik, dass ein strukturierter
Italienischkurs fehlt. Mitte Dezember 2013, nach Monaten totaler
Abwesenheit, wurden Italienischstunden auf den Weg gebracht (und dann
sofort während der Weihnachtszeit wieder ausgesetzt), an zwei oder
drei Tagen die Woche, von 45 Minuten Dauer. Dieser Dienst wurde aber
nicht mit Pünktlichkeit und Konstanz garantiert. Dagegen mehren sich
die zahlreichen Anfragen der Gäste des CARA, an den kostenlosen
Italienischkursen teilzunehmen, die von dem Verein Bao in der Stadt
abgehalten werden, denn sie sagen, dass es im Lager unmöglich ist,
Italienisch zu lernen. Kürzlich hat uns ein afghanischer Flüchtling,
der fast ein Jahr im CARA verbracht hat, auf Englisch um Hilfe
gebeten, einen Italienischkurs in Caltanissetta zu finden, und er war
nicht in der Lage, sich in Italienisch auszudrücken, auch nicht mit
grundlegenden Phrasen. Es ist entmutigend festzustellen, dass die
zermürbende Wartezeit im CARA über die vom Gesetz vorgesehene Zeit
hinaus, den Gästen nicht einmal die Möglichkeit gibt, in den Erwerb
des Italienischen zu investieren, um ihre Unabhängigkeit zumindest
vom sprachlichen Standpunkt aus zu fördern.
Was die
medizinische Unterstützung angeht, scheint es sich um einen eher
oberflächlichen Dienst zu handeln, mit reduzierten Öffnungszeiten
der Krankenstation, verglichen mit der ehemaligen Lagerverwaltung,
wenigstens was die häufigsten und nicht so schweren Beschwerden
angeht. Wie es scheint, werden tatsächlich für jede beliebige Art
des Problems (ob es sich um Grippe handelt, um muskuläre oder
Gelenkentzündung oder Magen-Darm-Verstimmungen) die gleiche Art von
Tabletten und Wirkstoffen verabreicht.
Bleibt dann
das Problem des Taschengeldes, das in Form von Aufladung eines
elektronischen Chips verteilt wird, mit dem es nur möglich ist, die
Produkte der Automaten, die im CARA stehen zu kaufen, die, so sagen
uns einige Gäste, um vieles teurer seien als die gleichen, die im
Supermarkt verkauft werden. Die Migranten wünschten, sie könnten
die wenigen Euro wöchentlich in Bargeld bekommen, um frei über das
Geld verfügen zu können, das ihnen von Rechtswegen zusteht.
Wegen all
dieser Gründe, und als erstes, wegen der Wartezeiten auf den
Abschluss des Dienstweges im Asylverfahren, sind im vergangenen Monat
zahlreiche Gäste für gut drei Tage in den Hungerstreik getreten,
der erst nach der Garantie beendet wurde, die von Seiten der
Verwaltungsgesellschaft gegeben wurde, alle Dienste zu verbessern und
von Seiten des Einwanderungsbüros der Quästur, baldmöglichst die
Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen zu veranlassen.
Das
Resultat des Protestes hat aber nur für die etwas ausgetragen, die
eine Aufenthaltserlaubnis bekommen haben, mit der sie das Lager
verlassen konnten. Während die Zeiten der Gebietskommission von
Syrakus während der Weihnachtsferien verringert wurden (in denen die
Aktivitäten ausgesetzt wurden), wurde bezüglich der Versprechen
einer akzeptablen Qualität der Dienste im Zentrum nichts getan; die
haben sich vielmehr durch die Überbelegung, die durch die Einweisung
von neuen Gästen aus den Feldlagern von „Pian del Lago 2“
geschaffen wurde, geradewegs verschlechtert.
In
Anbetracht der Tatsache, dass der Leistungsumfang und die Dienste,
die in der Übereinkunft mit der Präfektur vorgesehen sind, folgende
sind: Hilfe für die Person (Verpflegung, Unterkunft, Versorgung mit
persönlicher Habe, maßgebende Informationsschreiben,
Gesundheitshilfe, psycho-soziale Hilfe, sprachlich-kulturelle
Vermittlung), die Gastronomie und die Umwelthygiene, die
Instandhaltung der Einrichtung und der Anlagen, ist es nicht leicht
zu verstehen, in welche anderen Dienste die Geldmittel investiert
worden sind, die von der verwaltende Firma wahrgenommen werden!
Dabei ist
die Nachricht der vergangenen Wochen der Sieg von Dom(in)us Caritas
(Mehrheitsgesellschafter der RTI, gebildet für die Ausschreibung der
Verwaltung des Lagers Pian del Lago) in einem Verfahren vor dem
Verwaltungsgericht Palermo gegen die Präfektur von Caltanissetta
(und den Innenminister), die, nachdem sie ihr (DC) zu einem früheren
Zeitpunkt den Auftrag zuerkannt hatte, weil die wirtschaftlich
Günstigste, diese Entscheidung in Folge der Feststellung, dass die
vorgeschriebenen Voraussetzungen allgemeiner Ordnung fehlten,
annulliert und ab 1.Oktober 2013 die Verwaltung der Gesellschaft
Auxilium anvertraut hat (nach einer Aussetzung der vorhergehenden
Körperschaft, der Kooperative Albatros).
Diese
Angelegenheit macht das Ausmaß der wirtschaftlichen Interessen
deutlich, die in der dreijährigen Verwaltung eines staatlichen
Lagers im Spiel sind, die sich im Fall des CARA von Caltanissetta auf
18.133.200,00€ belaufen, außer weiteren 6.225,00€ für Kosten
der Sicherheit, die nicht dem Preisabschlag unterliegen.
Giovanna
Vaccaro
Redaktion
Borderline Sizilien
Aus dem
Italienischen von Rainer Grüber