Messina, PalaNebiolo: ist ein Aufnahme-Zentrum für Asylantragssteller im Entstehen?

In
der Zeltstadt im PalaNebiolo sind, den mehrmals angekündigten
Schließungsmaßnahmen zum Trotz, aktuell 32 Zelte zu je 8 Schlafplätzen, also 256
Plätze insgesamt belegt. Es ist voll ausgelastet.

Die
Ankünfte und Abfahrten der Mirgantengruppen folgen einander noch am selben Tag.
Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer vor Ort wird aktuell auf vier Wochen
geschätzt.

Das
Unternehmen Cascina Global Service liefert die Mahlzeiten, wie es bereits unter
der Leitung des Roten Kreuz der Fall war. Die Mahlzeiten bestehen vor allem aus
Nudelgerichten, Proteine hingegen gibt es nur selten. Auch die Auswahl der
Kleiderkammer ist limitiert. Jeder Migrant erhält einen Nylonanzug, der jedoch
nicht warm genug ist für die Jahreszeit, wenig Unterwäsche und ein Paar Schuhe.

Bereits
seit einigen Monaten erhielt keine Vereinigung oder Schutzorganisation mehr die
Erlaubnis, in die Zeltstadt zu gehen, und es erweist sich immer schwieriger den
Kontakt mit den Asylantragsstellern, die darin leben, aufrecht zu erhalten.

Die
Informationen, die wir bekommen, sind das Wenige, das aus dem Inneren des
Sportplatzes, der zum Aufnahmezentrum umgerüstet wurde, durchsickert. Diese erhalten
wir dank der Beobachtung lokaler Aktivisten, welche den nicht akzeptablen
Aufnahme-Bedingungen im PalaNebiolo bereits seit dessen Öffnung im vergangenen
Oktober entgegenwirken.

Im
Unterschied zu den vergangenen Monaten ist es jetzt nicht mehr möglich, eine
vertrauliche Beziehung zu den in der Zeltstadt wohnenden Asylantragsstellern
aufzubauen. Auch eine Zusammenarbeit, wie das Organisieren gemeinsamer
politischer Aktionen ist unmöglich geworden. Aufgrund von verbreitetem
Misstrauen und Verschlossenheit bei den Bewohnern des PalaNebiolo wird es immer
schwieriger den Kontakt zu den Neuankömmlingen aufrecht zu halten.

Verschiedene
Faktoren tragen zu dieser Selbstisolierung bei: von der Bereitstellung eines
Gebetsraumes sowie eines Fernsehers in der Mensa, die das Bedürfnis der Bewohner, sich ins
Stadtzentrum zu begeben, abschwächen, bis hin zu anderen Besorgnis
erregenden Gründen. In der Tat haben
mehrere Bewohner ausgesagt, dass ihnen in der Zeltstadt geraten wurde, so wenig
wie möglich Kontakt zur Außenwelt zu haben, weil wie bereits vorgekommen sie im
Falle einer Viruserkrankung selbst die Verantwortung über eine mögliche
Ansteckung tragen würden.

Um
den Zusammenhang besser zu verstehen ist es außerdem nötig hervorzuheben, dass
der Auftrag zur Leitung des Zentrums PalaNebiolo ein Abkommen über Dienste
beinhaltet, welche für gewöhnlich in Aufnahme-Zentren geboten werden. Die
Leitung wurde an die Genossenschaft Senis Hospes übergeben, welche das Zentrums
am 21. November 2013 übernahm und somit auf die skandalöse Führung des Roten
Kreuzes folgte. In der Tat werden Italienisch-Kurse, zwei Mal wöchentlich eine
Stunde sowie Rechtsberatung zum Ansuchen auf internationalen Schutz angeboten.
Wenn dies wirklich der Fall wäre und den Asylantragsstellern ein sofortiger
Zugang zum Asylantragsverfahren garantiert würde, wären dies auf dem ersten
Blick gute Neuigkeiten. Auf der anderen Seite jedoch wären diese Nachrichten
Grund für gravierende Bedenken, denn die rechtliche Grundlage der Aufnahme im
PalaNebiolo wäre dadurch noch unklarer. Man könnte annehmen, dass diese
Zeltstadt, welche nicht einmal als Zwischen-Zentrum geeignet ist, als
außerordentliches Aufnahmezentrum (CAS) betrachtet werden kann. Die Aufnahme in
Zelten würde somit „normal“ und der Aufenthalt an diesen Nicht-Orten, auch
länger als die vorgesehenen 72 Stunden, wäre legitim. Dass Migranten über
Monate in solchen Transit-Zentren untergebracht werden, ist leider Gang und
Gebe.

Und
noch schlimmer, es wird befürchtet, dass die „Humanisierung“ der Verwaltung des
PalaNebiolo die Entstehung eines Aufnahme-Zentrums für Asylantragssteller
(CARA) in der Stadt Messina nach sich führen könnte. Neue Projekte der
Kommunalverwaltung im Zusammenhang mit der Umorganisierung der enormen ehemaligen
Kaserne BISCONTE, verstärken leider diese Angst. Der Kasernenkomplex soll
zukünftig den neuen Justizpalast, Wohneinheiten für Notfälle sowie ein großes
Aufnahme-Zentrum beherbergen. Folglich gibt es bereits Stimmen, die vor einem
neuen Mineo in Messina warnen!

Giovanna Vaccaro

Borderline
Sicilia

Aus dem Italienischen von Elisa Tappeiner